Synodale Inputs für Prag: Wandeln und beten – und Ohren auf für die Jugend

Im Februar ist das europäische Synoden-Treffen in Prag. Vor Ort nimmt eine vierköpfige Delegation teil. Und online lassen sich zehn Menschen aus der Schweiz zuschalten. Was motiviert sie? Für welche Anliegen möchten sie kämpfen? Antworten von Claire Jonard, Marjan Marku und Marie-Antoinette Lorwich sowie von Malika Schäffer, Felix Terrier und Luiza Milani.

Claire Jonard: «Heute nimmt die Kirche wahr, was die Jugendlichen 2018 gesagt haben»

«Die Qualität des Arbeitspapiers für die kontinentale Etappe liegt darin, dass es auf das Leben der Kirche in der Schweiz abgestimmt ist. Von Anfang an liegt der Fokus auf dem Auftrag der Kirche, allen Menschen das Evangelium zu verkünden und alle zu Protagonistinnen und Protagonisten zu machen. Alle meint: diejenigen, mit denen ich zu tun habe, aber auch alle meine Zeitgenossinnen und Zeitgenossen, an die ich nicht denke, sowie die Schwächsten, die Ausgegrenzten.

Gegenwart und Zukunft der Kirche

Die Stimme der Jugendlichen ist von grundlegender Bedeutung: Sie sind die Gegenwart und die Zukunft der Kirche. Sie haben sich bereits gut ausgedrückt und sich im synodalen Prozess im Jahr 2018 engagiert. Die Jugendsynode, ihre Vorsynode und das päpstliche Schreiben «Christus vivit» haben ihre Anliegen und ihr Engagement in der Welt und in der Kirche gut vermittelt. Es wird mir ein Anliegen sein, ihre Worte aufzugreifen. Ich habe den Eindruck, dass wir teilweise nicht genug auf das gehört haben, was sie gesagt haben. Heute nimmt die ganze Kirche wahr, was die Jugendlichen 2018 zum Ausdruck gebracht hatten: Migranten, Missbrauchsopfer, Kommunikation in der digitalen Welt, gleiche Würde aller Getauften, Beteiligung von Frauen, authentische Führungspersönlichkeiten, bessere Inklusion aller Menschen…»

Die geweihte Jungfrau Claire Jonard koordiniert das Zentrum für Berufspastoral in der Westschweiz, das «Centre romand des vocations». Zunächst arbeitete sie in Belgien und kam später in die Schweiz. 2018 war sie Präsidentin des Weltjugendtag-Komitees (WJT) in der Romandie.

Malika Schaeffer: «Den Gegensatz zwischen Klerikern und Laien überwinden»

«Ich sehe die Synode als eine riesige Chance für die Kirche, das Vertrauen wiederherzustellen, das sie teilweise verloren hat, und sich auf das Wesentliche zu besinnen, den Kern der Botschaft des Evangeliums. Um dies zu erreichen, muss man zwar zuhören, aber auch handeln. Es ist an der Zeit!

So hoffe ich, dass die europäische synodale Versammlung in Prag es ermöglichen wird, den Gegensatz zwischen Klerikern und Laien zu überwinden. Und gleichzeitig den Dialog zwischen der institutionellen Autorität und den Gläubigen in ihrer Alltagsrealität zu eröffnen. Dies bedeutet auch, dass allen Getauften ein Platz eingeräumt wird, auch Frauen oder Menschen am Rande der Gesellschaft.

Als Kommunikatorin scheint es mir auch wichtig, dass die katholische Kirche Themen, die mit der Aktualität zusammenhängen konkreter und direkter anspricht, etwa die Ökologie, die Migration oder Genderfragen.» 

Malika Schaeffer wurde am 24. Februar 1991 in Lausanne geboren. Sie schloss den Master in Religionswissenschaft an der Universität Lausanne im Jahr 2017 ab. Seit März 2018 ist sie Web- und Social-Media-Verantwortliche für die katholische Kirche im Kanton Waadt.

Felix Terrier: «Kirche soll nicht nur um Wandlung beten, sondern sich wandeln»

«Ich setze mich dafür ein, dass die Kirche sich nicht auf die Sorge um die Kirche fokussiert, sondern darauf, das Reich Gottes zu verkünden und zu gestalten. Eine solche Kirche wird selbstverständlich…

… nicht nur um Wandlung beten, sondern sich auch vertrauensvoll wandeln;

… die unterschiedlichen Erfahrungen von Aufbruch und Wandlung an verschiedenen Orten der Welt als «Zeichen der Zeit» erkennen und sie als schöpferische Kraft dankbar annehmen;

… die gemeinsame Verantwortung aller Glieder der Kirche auch durch konkrete Beauftragungen zu Gestaltung und Leitung der Kirche anerkennen;

… die Berufung, das Zeugnis und das Engagements der Frauen durch Beauftragungen zu kirchlichen Ämtern institutionell wertschätzen;

… jeden Missbrauch von Macht uneingeschränkt als Sünde gegen die Integrität der Menschen und gegen die Liebe Gottes verurteilen;

… keinen Menschen aufgrund seines Geschlechts oder seiner sexuellen Orientierung beurteilen oder benachteiligen.»

Felix Terrier (*1958) ist Priester des Bistums Basel. Er hat in Luzern und Paris Theologie studiert und schrieb seine Diplomarbeit zur Pastoraltheologie. Er bildete sich in Coaching weiter. Ab 1989 arbeitete er als Pfarreiseelsorger in verschiedenen Pfarreien des Bistums Basel. Er übernahm die Projektleitung zur Errichtung eines Pastoralraumes, war 2017–22 Pastoralraumleiter und Leiter eines Seelsorgeverbandes. Zudem war er mehrere Jahre Mitglied des Landeskirchenrates BL.

Marie-Antoinette Lorwich: «Die Diakonie betrifft uns alle»

«Es ist eine grosse Freude und Ehre, am Treffen in Prag als Sprecherin der Stimmlosen, der Armen, der Marginalisierten und Ausgegrenzten unserer Gesellschaft und oft auch unserer Kirche beauftragt zu sein. Auch wenn viele solidarische Aktionen in und von der Kirche aus vorgeschlagen werden – und das erfreut uns sehr –, so wird die diakonische Dimension allzu häufig vergessen oder es wird auf «Fachleute der Nächstenliebe» verwiesen.

«Wenn es sich als notwendig erweist, neu zu beginnen, wird es immer von den Letzten ausgehen». (Papst Franziskus, Fratelli Tutti, Nr. 235)

Begegnung mit Armen führt aufs Wesentliche zurück

Ich möchte bezeugen, dass die Diakonie uns alle betrifft, ohne Ausnahme, denn sie hat ihren Ursprung in unserer Taufberufung. Deshalb hängt das Wachstum der Kirche von ihr ab. Wenn die Begegnung mit den Armen echt ist, werden wir gleichsam auf das Wesentliche zurückgeführt, auf unsere christliche Identität und damit auf «das, was Gott den Weisen und Gelehrten verborgen hat», um es «den Allerkleinsten zu offenbaren» (Mt 11,25). Die Absichten Gottes offenbaren sich so am Rande, «von den Letzten her». Die persönliche und gemeinschaftliche Bekehrung, zu der uns der synodale Prozess verpflichtet, wird das nicht unterschlagen können.

Die Vergessenen unserer christlichen Gemeinden und der Gesellschaft im Allgemeinen müssen sichtbar gemacht, angehört und erhört werden. Das ist nicht einfach, denn es zwingt uns, unsere Mauern zu verlassen und auf jene zuzugehen, die tatsächlich die Macht haben, uns zu bewegen und uns die Sprache des Herzens zu lehren, die von Verletzlichkeit und Demut geprägt ist.

Mit den Armen zu verkehren bedeutet, sich um unser eigenes Elend zu kümmern. Und das hat unsere Kirche bitter nötig. Haben wir also keine Angst!»

Marie-Antoinette Lorwich ist seit über zehn Jahren in der Sozial- und Strassenpastoral der Abteilung Solidarités der katholischen Kirche im Kanton Waadt tätig. Die Schweizerin italienischer Abstammung wurde 1966 in Moudon geboren. Sie erwarb ein Lizentiat in Theologie und einen Bachelor in Religionswissenschaften an der Päpstlichen Universität Angelicum in Rom. Derzeit absolviert sie einen Master in Theologie an der Fernuniversität Domuni Universitas.

Marjan Marku: «Ohne Beziehung zu Gott werden wir nie eine gute Lösung finden»

«Das Hauptziel des synodalen Prozesses ist für mich, den Willen Gottes zu suchen und zu finden oder uns am Willen Gottes zu orientieren. Wie können wir heute Jesus begegnen oder was hat Jesus uns in der heutigen Zeit zu sagen? Um den Willen Gottes besser zu verstehen, müssen wir auf Ihn schauen, auf Jesus schauen. Er ist der Einzige, der uns erleuchten kann. Wenn wir Gott treu sind, können wir auch gute Lösungen finden. Ohne Beziehung zu Gott werden wir nie eine gute Lösung finden.

Christus ist im Mittelpunkt, nicht ich als Christ

Wir müssen versuchen, mit den Augen Christi zu schauen und nicht nur mit unseren Augen. Wir sollten uns auf die Worte Jesu konzentrieren und nicht nur auf unsere Worte. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass die Kirche eine christuszentrierte Kirche ist. Christus ist im Mittelpunkt und nicht ich als getaufter Christ, als Pfarrer oder als Papst. Natürlich können wir über Menschen zu Christus gelangen, wie die heilige Mutter Theresa gesagt hat: «You did it to me».

Füreinander und miteinander leben

Die Menschen als Mann und Frau sind vor Gott als gleichberechtige Menschen zu sehen. Als Getaufte sind wir berufen, gemeinsam füreinander und miteinander zu leben mit unterschiedlichen Talenten, Aufgaben und Charismen. ‹Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur den einen Herrn. Es gibt verschiedene Kräfte, die wirken, aber nur den einen Gott: Er bewirkt alles in allen». (1 Kor 12, 4-6)›»

Der Priester des Bistums St. Gallen stammt aus dem Kosovo. Marjan Marku ist der erste ausländische Priester im St. Galler Domkapitel. Er wurde in Bincë im Kosovo geboren, studierte Philosophie und Theologie in Sarajevo (Bosnien und Herzegowina) und schloss die Studien in Wien mit dem Magister in Theologie ab. Er arbeitet in der Seelsorgeeinheit Walensee.

Luiza Milani: «Das letzte Wort des synodalen Prozesses muss der Glaube sein»

«Der synodale Prozess ist etwas sehr Gutes, das in der Katholische Kirche geschieht, obwohl nur wenige mitgemacht haben. Mit diesem Vorgehen bestätigt die Kirche, dass sie die Gläubigen anhören will. Es ist klar, dass sich in der Kirche etwas ändern muss. Die Frage ist, was. Viele Personen hoffen auf Antworten, so wie zum Beispiel die wiederverheiraten Geschiedenen. So soll es auch sein. Der synodale Prozess muss Hoffnung bringen, um die Herzen der Gläubigen zu füllen. Die spirituelle Dimension des synodalen Vorgehens soll als wesentlich und unverzichtbar begriffen und bewahrt werden.

Die Kirche soll viele ins Boot holen. Allerdings wollen – aufgrund von Relativismus und Gleichgültigkeit – viele nicht ins Boot steigen. Deshalb braucht es Strukturen, um dieses Ziel zu erreichen und letztlich die Menschen zu Christus hinzuführen. Die Kirche muss ihren Auftrag und ihre Mission in der Welt von heute bestmöglich erfüllen. Das muss an erster Stelle sein und bleiben. Jede Person muss Platz in der Kirche haben. Und das letzte Wort des synodalen Prozesses muss der Glaube sein.»

Luiza Milani ist Ordensfrau, sie gehört der Kongregation der Töchter der Göttlichen Liebe an. Geboren in Albanien, studierte sie an einem Musikgymnasium und an einem Institut für Religion. Am Konservatorium für Kirchenmusik in Wien bildete sie sich weiter. Anschliessend arbeitete sie als Religionslehrerin, Musiklehrerin und Chorleiterin. Sie wirkte in der Jugendpastoral, der Berufungspastoral und leitete ein Studentinnenheim. Seit September 2020 ist sie Seelsorgerin für die katholische Albanermission der Ostschweiz.

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/synodale-inputs-fuer-prag-wandeln-statt-beten-und-ohren-auf-fuer-die-jugend/