Von Dietwil nach Lemellefa: Das grosse Interview mit dem künftigen Weihbischof Josef Stübi

Der künftige Weihbischof von Basel, Josef Stübi (61), ist Titularbischof von Lemellefa, das im heutigen Algerien liegt. Er möchte als Weihbischof nahe bei den Menschen sein. Frauen als Priesterinnen kann er sich ebenso vorstellen wie den «Segen für alle». 

Jacqueline Straub 

Wie würden Sie Ihre Spiritualität beschreiben?

Josef Stübi*: Jesus Christus ist mein Zentrum. Ich habe Freude an den Gottesdiensten und versuche ganz dabei zu sein. Das ist nicht immer gleich. Ich habe hie und da wirklich das Gefühl, dass Christus mich tief berührt. Aber auch die Gemeinschaft ist mir sehr wichtig in meiner Spiritualität.

Was sind für Sie wichtige Kraftorte?

Stübi: Die Kirche von Dietwil. Dort wurde ich getauft, gefirmt, geweiht. Auf dem Friedhof besuche ich Menschen, die mir am Herzen liegen. Etwa meine Mutter, die vor ein paar Wochen mit 96 Jahren verstorben ist. Aber ich gehe auch gerne nach Flüeli-Ranft und geniesse dort die Ruhe. 

Wann wussten Sie, dass Sie Priester werden möchten?

Stübi: Schon sehr früh. Meine Familie und mein Umfeld haben mich dabei immer unterstützt. 

Haben Sie Ihren Entscheid jemals bereut?

Stübi: Nein, niemals.

Bei der Priesterweihe versprachen Sie Ihrem Bischof und seinen Nachfolgern Gehorsam. Fiel Ihnen das schwer?

Stübi: Im Vorfeld war es schon eine Herausforderung. Damals war Wolfgang Haas der Bischof von Chur. Aber wir hatten im Bistum Basel zum Glück Bischof Otto Wüst. Das hat viel geholfen dieses Versprechen abzulegen.

Urs, Viktor, Verena: Welcher Diözesanpatron passt am besten zu Ihnen?

Stübi: Ich denke die heilige Verena, weil sie eine Seelsorgerin ist. Burkard von Beinwil stammt aus unserem Bistum – er spricht mich sehr an, ebenso wie die heilige Maria Bernarda Bütler aus Auw.

Was werden Sie von der Pfarreiarbeit am meisten vermissen?

Stübi: Als Stadtpfarrer in Baden und Pastoralraumpfarrer im Aargauer Limmattal kenne ich die Menschen und weiss, wie alles abläuft. Das wird mir fehlen.

Was war Ihr erste Gedanke, als Sie erfahren haben, dass Sie Weihbischof werden?

Stübi: Als der Nuntius mich vor einer Woche angerufen hatte, wusste ich nicht, was ich sagen soll. Es war ein Wechselbad der Gefühle. Ich war an dem Tag noch im Tessin in den Ferien und bin danach zu einer Wanderung aufgebrochen. Diese Frage nahm ich mit und befragte Christus. 

Werden Sie wie Bischof Joseph Bonnemain auf ein eigenes Wappen verzichten?

Stübi: Das habe ich mir noch gar nicht überlegt. 

Was ist ein guter Bischof?

Stübi: Einer, der zuhört auf Gott und die Menschen und sich selbst nicht aufgibt in seiner Persönlichkeit. Ich werde für die Menschen da sein. Das ist meine Haltung zu dem Amt. 

Was ist Ihnen besonders wichtig als Weihbischof?

Stübi: Seelsorger bleiben zu dürfen. 

Sie werden Titularbischof von Lemellefa. Was bedeutet Ihnen Algerien?

Stübi: Bis jetzt habe ich keinen Bezug zu Algerien. 

Welchen Bezug haben Sie zum Islam?

Stübi: An jedem Bettag haben wir in Baden ein interreligiöses Gebet veranstaltet. Das ist etwas Spezielles.

Haben Sie Angst, dass das Amt Sie verändern könnte?

Stübi: Gewisse Veränderungen wird es geben, denn ich habe eine andere Rolle. Ich hoffe aber, dass ich so bleibe wie ich bin oder mir dann Menschen in meinem Umfeld sagen, falls ich mich zu stark verändern sollte.

Ihr Name stand seit Monaten fest. Warum hat die Bestätigung aus Rom so lange gedauert?

Stübi: Da müssen Sie Rom fragen. Es dauert wohl immer so lange. Bei einem meiner Vorgänger ging der Prozess sogar eineinhalb Jahre.

Die Kirche steckt mitten im synodalen Prozess. Wo sehen Sie den grössten Handlungsbedarf in der Kirche?

Stübi: Die Autonomie der Kontinentalkirchen. Denn manche Fragen hierzulande stellen sich in anderen Ländern noch gar nicht. Unsere Weltkirche ist von einer Ungleichzeitigkeit geprägt. Papst Franziskus hört die Fragen der Menschen und auch das, was für die Gläubigen keine Fragen mehr sind. Ich hoffe wirklich, dass Papst Franziskus den synodalen Prozess umsetzt, und zwar von unten nach oben. 

Die Umfragen zeigen, dass die Basis sich Frauen in Leitungsämtern vorstellen kann. Wie stehen Sie zum Frauenpriestertum?

Stübi: Eine Ministrantin sagte mir einmal nach dem Gottesdienst, dass sie auch das machen möchte, was ich mache. Ich sagte, dass das schön wäre. Ich konnte ihr nicht versprechen, dass es eines Tages Priesterinnen geben wird. Aber ich könnte mir das gut vorstellen. 

Wie stehen Sie zum Pflichtzölibat?

Stübi: Schon vor 30, 40 Jahren wurde in der Kirche diskutiert, ob der Pflichtzölibat für Priester abgeschafft werden soll. Wann das so weit ist, sehen wir dann. Ich lebe den Zölibat und finde, dass alle, die ihn leben können, ihn auch leben sollten.

Würden Sie ein homosexuelles Paar segnen? 

Stübi: Ich habe noch nie ein homosexuelles Paar gesegnet. Aber Menschen darf man segnen. 

Welches Ressort innerhalb der Schweizer Bischofskonferenz würde Sie interessieren? 

Stübi: Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Das lasse ich auf mich zukommen.

Wie kann Liturgie spannend sein?

Stübi: Liturgie ist spannend, wenn sie echt ist. Das bedeutet, sie glaubwürdig zu feiern. 

Wie lange dauert eine Predigt von Ihnen maximal?

Stübi: Meist zehn Minuten.

Kardinal Kurt Koch ist Ihr früherer Bischof. Sind Sie enttäuscht, wie er sich über den Synodalen Weg in Deutschland äusserte?

Stübi: Ich war überrascht, wie er sich geäussert hat. Seine Analogie konnte ich nicht nachvollziehen.

Was wollen Sie in fünf Jahren erreicht haben?

Stübi: Die Menschen sollen sagen, dass ich ein guter Weihbischof bin. Ich will ein Weihbischof für und mit den Menschen sein.

* Josef Stübi (61) wird neuer Weihbischof von Basel. 


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