Daniel Kosch: Die Schweiz hat der Weltkirche etwas zu sagen

Im Bistum Basel können auch Frauen taufen und trauen. RKZ-Generalsekretär Daniel Kosch findet, dieses Modell könnte in der Weltkirche Schule machen. Er beobachtet den Synodalen Weg in Deutschland und hofft, dass es eine Zweidrittelmehrheit für Reformen gibt.

Raphael Rauch

In Frankfurt hat das vierte Treffen des Synodalen Weges begonnen. Es stehen erneut viele Abstimmungen an. Geht’s jetzt um die Wurst?

Daniel Kosch*: Es stehen drei Grundtexte an: zu Fragen der Sexualität, der Rolle der Frau in der Kirche und zum Priesterbild. Alle Texte brauchen eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Es wäre schwierig, wenn Texte durchfallen würden. Aber ich bin jetzt mal optimistisch. Ein zentraler Handlungstext betrifft die Einrichtung eines Ausschusses, der einen synodalen Rat auf den Weg bringen soll, um Synodalität auf Dauer sicherzustellen.

Am Dienstag haben Sie an der Fachtagung «Sakramentalität und Kirche» in Freiburg teilgenommen. Welchen Impuls bringen Sie nach Frankfurt mit?

Kosch: Die Schweizer Bischöfe haben ihr Communiqué unter den Titel gestellt: «Die Bischöfe hören den Frauen zu.» Ich denke, das Zuhören reicht im Jahr 2022 nicht mehr. Wir brauchen einen echten Dialog, wie er hier in Frankfurt gelebt wird. Es geht um einen Austausch auf Augenhöhe und dann auch um Entscheidungen.

«In der Deutschschweiz ist es dringend nötig, Blockaden aufzulösen.»

Waren Sie enttäuscht, dass auf der Tagung in Freiburg nichts Konkretes rumkam?

Kosch: Ich habe mir von der Tagung nicht allzu viel erwartet, weil schon das Setting mit vielen relativ kurzen Vorträgen erkennen liess, dass es eher um eine Auslegeordnung geht. In der Schweiz haben wir vier Sprachregionen mit einer unterschiedlichen pastoralen Realität. Offenbar müssen wir erst grundlegend ins Gespräch kommen. Aber zumindest in der Deutschschweiz ist es dringend nötig, bald ins Handeln zu kommen und Blockaden aufzulösen, um pastorale Neuaufbrüche zu ermöglichen.

Die Präsidentin des Katholischen Frauenbundes, Simone Curau-Aepli, sagte im kath.ch-Interview: «Das Bistum Basel verkauft sich unter seinem Wert, denn es ist vor Jahrzehnten mutig vorangegangen und hat etwa mit Gemeindeleiterinnen und Gemeindeleitern ein Jobprofil geschaffen, das weltweit einzigartig ist.» Warum zeigt die Schweiz ihre Schätze nicht?

Kosch: Auch das Bistum Basel hat einen Beobachter beim Synodalen Weg, Bischofsvikar Georges Schwickerath. Er wird am Freitag seine Beobachtungen mitteilen und ich hoffe, dass er die guten Erfahrungen in der Schweiz hervorhebt. Die Schweiz hat der Weltkirche etwas zu sagen. Mich hat in Freiburg deshalb irritiert, wie mit dem Stichwort «Grauzonen» umgegangen wurde. Diese könnte man ja auch verkleinern, indem man die weissen Flächen grösser macht und die schwarzen kleiner.

Hat Sie an der Tagung in Freiburg etwas berührt?

Kosch: Mich hat sehr berührt, wie eine erfahrene Seelsorgerin berichtete, wie schmerzhaft es für sie und die von ihr begleiteten Menschen ist, dass Seelsorge und Sakramentenfeier auseinandergerissen werden. Die Liturgie-Professorin Birgit Jeggle-Merz hat völlig recht, wenn sie darauf hinweist, dass es theologisch, aber auch im menschlichen Erleben Übergänge zwischen Zeichenhandlungen, zu denen alle Getauften ermächtigt sind, und den sieben Sakramenten gibt, denen harte kirchenrechtliche Grenzziehungen nicht gerecht werden.

Hat es Sie gestört, dass beim Gottesdienst nach der Tagung nur Bischöfe im Altarraum standen?

Kosch: Ich hatte einen Termin und konnte daher den Gottesdienst nicht mitfeiern. Dieser war nicht Teil der Tagung, sondern ein Programmpunkt der Vollversammlung der Bischofskonferenz. Wäre er Teil der Tagung gewesen, hätte er die Chance eröffnet, in der Eucharistie das Miteinander von Frauen und Männern, Getauften und Ordinierten erfahrbar zu machen.

Sie hören im November als RKZ-Generalsekretär auf und gehen in Pension. Werden Sie an der fünften und letzten Vollversammlung des Synodalen Wegs im Februar 2023 teilnehmen?

Kosch: Ja, das habe ich mit dem RKZ-Präsidium und mit meinem Nachfolger Urs Brosi so abgemacht.

* Daniel Kosch ist promovierter Neutestamentler und Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Er nimmt als Schweizer Beobachter am Synodalen Weg in Deutschland teil.


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