Renata Asal-Steger: «Die Bischöfe sollten aktiv Änderungen anstreben»

Renata Asal-Steger hat an der synodalen Versammlung in Basel eine offene Gesprächsatmosphäre erlebt. Nun hofft die Luzerner Synodalrätin, dass «wir den Mut haben, vor Ort regionale Lösungen zu finden». Alle Getauften sollen in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, sagt sie im Interview mit kath.ch.

Barbara Ludwig

Sie haben an der synodalen Versammlung in Basel als Luzerner Synodalrätin teilgenommen. Wie haben Sie die drei Tage erlebt?

Renata Asal-Steger: Es herrschte eine offene Gesprächsatmosphäre. Man konnte die eigene Meinung kundtun. Wir haben uns mit den zehn Themenfeldern auseinandergesetzt und engagierte Diskussionen geführt. Mein Eindruck war: Wir hören einander zu und nehmen uns gegenseitig ernst.

Haben Sie also gespürt, dass der synodale Geist durch die Versammlung weht?

Asal-Steger: Durchaus. Ich habe die offene Atmosphäre erwähnt. Ich spürte auch, dass die Kirche allen am Herzen liegt. Natürlich gab es unterschiedliche Meinungen zu bestimmten Themen. Da war doch eine bunte Mischung von Menschen zusammen gekommen, die frei zirkulieren konnten. Wir waren meist in Gruppen von acht bis neun Leuten. Zehn Tische zu den zehn Themenfeldern standen in einem Raum. Man war eine gewisse Zeit an einem Tisch, dann hiess es: Wechseln. Diese bunte Vielfalt bildet unsere Kirche ab, und ich sehe sie als Bereicherung.

«Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen eine offene, einladende und lebendige Kirche.»

Sie haben Meinungsverschiedenheiten angesprochen. Flogen auch mal die Fetzen?

Asal-Steger: Nein, die Fetzen flogen nicht. Wirklich nicht. Ich spürte: Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer wollen eine offene, einladende und lebendige Kirche, in der zwar auch gestritten werden kann, aber auf gute Art. Am Schluss suchten wir einen Konsens, insbesondere am Samstagvormittag, als es um die Finalisierung der Texte ging.

Heute hat das Bistum Basel seine Eingabe an die SBK veröffentlicht. Welche Passagen des Schlussberichts finden Sie besonders stark und warum?

Asal-Steger: Das Themenfeld eins zu den Weggefährtinnen und Weggefährten. Wir wollen offen sein. Auch Papst Franziskus sagt: Wir sind kein exklusiver Club. Kein Mensch darf ausgeschlossen sein. Alle sind willkommen. Das finde ich ganz zentral. Noch immer werden Frauen, Menschen mit einer anderen sexuellen Orientierung oder wiederverheiratete Geschiedene ausgegrenzt. Das führt zu viel Leid und ist unglaubwürdig – und es widerspricht dem Evangelium.

«Zuhören muss Konsequenzen haben.»

Wichtig ist für mich auch das Thema des Ernst-genommen-Werdens. Zuhören reicht nicht, man muss auch ernst genommen werden. Zuhören muss Konsequenzen haben. Zugehört wurde schon oft. Wir wissen, dass bereits vor 50 und 60 Jahren bei den gleichen Themen wie heute Veränderungen gewünscht wurden. Seither ist sehr wenig passiert.

Denken Sie hier an die Dauerbrenner Frauenpriestertum oder Abschaffung des Pflichtzölibats?

Asal-Steger: Genau an diese Themen denke ich, aber auch an eine liturgische Sprache, die Menschen wirklich anspricht. Bedeutsam ist weiter das im Bericht angesprochene Subsidiaritätsprinzip. Ich hoffe, dass wir den Mut haben, für die Kirche vor Ort regionale Lösungen zu finden. Die Weltkirche ist von Vielfalt geprägt. Für das Bistum Basel braucht es deshalb andere Lösungen als für eine Diözese in Afrika. Papst Franziskus spricht von «heilsamer Dezentralisierung». Sie ist dringend nötig, um Gestaltungsräume zu öffnen.

«Es wurde nie explizit erörtert, was genau mit Synodalität gemeint ist.»

Was vermissen Sie in dem Bericht?

Asal-Steger: Ich vermisse in dem Bericht etwas, das mir bereits während der Versammlung gefehlt hat. Es wurde nie explizit erörtert, was genau mit Synodalität gemeint ist. Synodalität heisst «gemeinsamer Weg». Darüber gibt es allerdings unterschiedliche Vorstellungen. Manche verstehen darunter bloss, dass man mitberaten kann oder angehört wird. Das genügt meines Erachtens nicht. Alle Getauften sollen auch in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Dank direkter Demokratie und dualem System hat die Schweizer Kirche damit viel Erfahrung.

Haben Sie konkrete Erwartungen bezüglich der weiteren Entwicklung im Bistum Basel?

Asal-Steger: Was mich sehr beschäftigt, ist die grosse Kluft zwischen Bistumsleitung und Kirchenvolk, die der Bericht des Forschungsinstituts GFS dokumentiert. Man muss diesen Befund ernst nehmen und darauf hinarbeiten, dass der Graben kleiner wird.

«Die Frauen sollen nicht länger vom Weiheamt ausgeschlossen sein.»

Dann erwarte ich, dass man die Strukturen ändert und mehr Partizipation ermöglicht. Die Frauen sollen nicht länger vom Weiheamt ausgeschlossen sein. Und wiederverheiratete Geschiedene sollen integriert werden.

Das sind zum Teil Dinge, die in Rom entschieden werden.

Asal-Steger: Das ist richtig. Aber die Bischöfe sollten aktiv Änderungen anstreben und nicht nur sagen, sie könnten sich Frauen am Altar «vorstellen». Zudem könnte man die Frauen vor Ort anders einbeziehen. Ich denke etwa an Co-Leitungen von Pastoralräumen. Wenn ich richtig informiert bin, sind solche Co-Leitungen immer noch nicht möglich. Es gibt immer weniger Frauen, die Pastoralräume leiten oder sich für eine Leitung zur Verfügung stellen. Mit Co-Leitungen könnte man Abhilfe schaffen.

«Was heisst der Bericht für uns in Luzern?»

Wie will sich die Luzerner Landeskirche einbringen?

Asal-Steger: Der Synodalrat hat im Herbst eine Dialoggruppe gebildet und sich mit den Fragen zum synodalen Prozess befasst. Nun werde ich den Schlussbericht nächste Woche in die Sitzung des Synodalrates einbringen. Dort wollen wir überlegen: Was heisst er für uns? Wo können wir als Landeskirche und in der dualen Zusammenarbeit unseren Beitrag leisten? Wir sind in Luzern übrigens bereits seit längerem unterwegs mit den Anregungen «10 Schritte hin zu einer geschwisterlichen Kirche für Frauen und Männer». Damit setzen wir uns weiterhin auseinander, gemeinsam mit der Bistumsregionalleitung.


Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/renata-asal-steger-die-bischoefe-sollten-aktiv-aenderungen-anstreben/