«Capito?», Kardinäle, Ignatius von Loyola: Was diese Woche wichtig wird

Bischof Joseph Bonnemain hat in Einsiedeln eine leidenschaftliche Predigt gehalten, an der er gemessen werden wird. Vaticanisti rechnen vorerst nicht mit einer Ernennung des Walliser Nuntius Emil Paul Tscherrig zum Kardinal. Diese Woche trendet Ignatius von Loyola.

Raphael Rauch

Bischof Joseph Bonnemain ist immer für Überraschungen gut. Am Tag seiner Ernennung als Bischof von Chur kündigte er an, auf ein Bischofswappen zu verzichten. Zur Bischofsweihe lud er explizit Kranke, Flüchtlinge und Sexworker*innen ein. Und jetzt, zum Start des synodalen Prozesses, die Jugend.

Warnung vor einer peinlichen, unfruchtbaren und überflüssigen Kirche

Die Jugendlichen, die sich auf den Weg nach Einsiedeln gemacht haben, sprachen zum Teil Klartext. Langweilige Predigten, Gottesdienste nach Schema F und kein Verständnis für die Sexualmoral der katholischen Kirche: Bischof Joseph Bonnemain und die Mitglieder des Bischofsrats mussten, pardon: wollten sich einiges anhören. Leidenschaft kam aber nur partiell auf, was auch am ambitionierten Zeitplan lag: zu viel Synodalitäts-Proseminar am Anfang, zu wenig Zeit, um den Jugendlichen im Plenum zuzuhören.

Umso bemerkenswerter war die «Capito?»-Predigt, die Bischof Bonnemain später hielt – und in der er vor einer peinlichen, unfruchtbaren und überflüssigen Kirche warnte:

Mich erinnert dieser Passus an Papst Franziskus, der vor laufender Kamera seinem Kardinalskollegium die Leviten liest. Ich sass zu weit weg, um zu schauen, wie bei den männlichen Mitgliedern des Bischofsrates im Chorraum Bonnemains Botschaft ankam. (Kanzlerin Donata Bricci und Personalchefin Brigitte Fischer Züger mussten mit der Jugend, um die es an diesem Tag ging, im Volk Platz nehmen.)

Bischof aus Leidenschaft

Ein Ergebnis des Tages: 35 Jugendliche haben sich gemeldet, um sich im Jugendrat zu engagieren. Zugleich haben sie die Befürchtung geäussert, dass ihre Anliegen nicht gehört oder in Rom verwässert werden. Im Jugendrat können sie Bischof Joseph Bonnemain dann grillieren: «Capito?»

«Capito! Die Leidenschaft des Bischofs war das Herausragendste des Tages. Jetzt muss der Funke des Bischofs überspringen», sagt der Zürcher Priester und Synodalrat in spe, Martin Stewen. Er kam im Hoodie nach Einsiedeln.

Kardinals-Orakel

Mit Spannung wird erwartet, ob Papst Franziskus diese Woche Kardinalsernennungen bekannt gibt. Eigentlich rechneten Vaticanisti schon am gestrigen Sonntag mit Ernennungen – doch auf den Angelus folgten keine Beförderungen. Vielleicht kommen diese in den nächsten Tagen? Bei Franziskus scheint alles möglich.

Vaticanisti sind sich sicher, dass Kurienkardinal Kurt Koch vorerst der einzige Schweizer Kardinal bleibt – und kein weiterer ernannt wird. Wobei, zumindest hypothetisch, nach dem Tod von Kardinal Heinrich Schwery ein anderer Walliser zum Zuge kommen könnte: Erzbischof Emil Paul Tscherrig.

Paul Martone in Rom

Als Papst Franziskus noch nicht Bischof von Rom war, sondern Erzbischof von Buenos Aires, war Tscherrig Nuntius in Argentinien. Später beförderte ihn Franziskus zum Nuntius von Italien: mit die wichtigste Nuntiatur, die bislang meistens von Kardinälen geleitet wurde. Genauer gesagt: Zehn von bis heute 13 Nuntien in Italien waren Kardinäle.

Wie es der Zufall will, weilt der Oberwalliser Bistumssprecher Paul Martone von Dienstag bis Donnerstag in Rom. «Reiner Zufall», betont Martone, und beteuert: Er rechne nicht mit weissem Rauch für einen Walliser Kardinal, sondern suche lediglich einen neuen Rauchmantel für eine seiner Pfarreien. Viel Vergnügen beim Kleriker-Shopping!

Ignatius zu Ehren

Dieses Jahr jährt sich zum 500. Mal «ein Ereignis mit grosser Strahlkraft für die Neuzeit», wie das Lasalle-Haus schreibt: die Bekehrung von Ignatius von Loyola, dem Gründer des Jesuitenordens. Den Auftakt zu den Schweizer Loyola-Festspielen machte am Sonntag der Jesuit Clemens Blattert, der für seinen Mitbruder Martin Föhn die Primizpredigt hielt.

Coranabedingt fand die Heimatprimiz erst jetzt statt. Doch hier befindet sich Martin Föhn in bester Gesellschaft: «Unser Ordensgründer Ignatius von Loyola wurde in Venedig 1537 zum Priester geweiht und feierte erst eineinhalb Jahre später in Rom seine Primiz. Warum? Er wollte unbedingt in Bethlehem seine erste Messe feiern. An dem Ort, wo Gott ganz still, klein und fast unscheinbar Fleisch geworden ist», sagte Blattert.

Beten und Käse

Weil die Muothataler Primizpredigt besonders hübsch geworden ist, veröffentlichen wir sie morgen auf kath.ch. Freuen Sie sich auf das Gedankenspiel: «Beten ist aber nicht immer ganz einfach, weil es manchmal wie das Salzbad beim Käse ist.»

Die Loyola-Festspiele gehen am Donnerstag weiter, wenn das Lasalle-Haus zu einer Jubiläumstagung einlädt. Die Keynote hält James Hanvey, der bei den Jesuiten in Rom das Sekretariat für Glaube, Ökumene und interreligiösen Dialog leitet. Mit dabei sind auch die Churer Systematikerin Eva-Maria Faber und der Freiburger Kirchenhistoriker Mariano Delgado.

Auch Luzern würdigt den Heiligen Ignatius: Am Sonntag hält die Luzerner Fundamentaltheologin Margit Wasmaier einen Vortrag über den «Ordensgründer und Mystiker».

Marga-Bührig-Preis

Am Freitag wird der Marga-Bührig-Preis verliehen. Den Preis erhalten 23 Frauen, die im Buch «Erzählen als Widerstand» über den Missbrauch in der katholischen Kirche berichten. Am Samstag folgt ein Gespräch im Zwinglihaus Basel.

Nicht nur diese Woche, sondern die nächsten Wochen wird der synodale Prozess das Thema schlechthin. Die Berichte über die Eröffnungen in den einzelnen Bistümern finden Sie hier: Basel, Chur, Lausanne, Genf und Freiburg, Lugano, Sitten, St. Gallen. Und hier geht’s zum Dossier zum synodalen Prozess.

Welche Erfahrungen machen Sie mit den 27 «Wir sind Ohr»-Fragen? Wo fühlen Sie sich gehört – wo nicht? Wir freuen uns über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Eine gute erste Woche auf dem gemeinsamen Weg hin zu einer synodalen Kirche wünscht Ihnen

Ihr

Raphael Rauch


Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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