Marsch fürs Läbe: Babys retten – falls notwendig, auf Kosten der Frau

Sie sind gegen Abtreibungen, denn sie wollen das Leben von Ungeborenen retten. Die Aktivistinnen und Aktivisten am Marsch fürs Läbe in Zürich Oerlikon argumentieren christlich. Und sie bieten Hilfe für Frauen in Not.

Eva Meienberg

Farbige Ballone, viele junge Menschen und einige Geistliche in schwarzer Soutane fallen auf in der Menge, die sich auf dem Marktplatz in Zürich-Oerlikon zusammengefunden hat für den elften Marsch fürs Läbe.

1400 Teilnehmende zählen die Veranstaltenden. In einem mit Gittern abgesperrten Bereich, bewacht von der Polizei, hören die Teilnehmenden den Grussworten und Erfahrungsberichten der Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegner zu.

«Rettet mein Baby»

«Rettet mein Baby» steht auf einem der Informationszelte. Das ist eine Initiative der Stiftung Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind, die es seit zwanzig Jahren, etwa seit dem Inkrafttreten der Fristenlösung, gibt. Die Stiftung stand in der Vergangenheit immer wieder in der Kritik. Sie sei gemeinnützig anerkannt und seit 2008 von der Stiftung Zewo zertifiziert, betont der Gründer und Präsident Dominik Müggler.

«Rettet mein Baby» will Frauen helfen, die den medikamentösen Schwangerschaftsabbruch bereits begonnen haben und sich nach der Einnahme der ersten Pille umentscheiden.

Ziel: 800 medikamentöse Abbrüche abfangen

«Der Tag- und Nachtdienst von ‘Rettet mein Baby’ vermittelt schwangeren Frauen Ärztinnen und Ärzte, die ein Gegenhormon verabreichen können, das die Wirkung der Abtreibungspille aufhebt», erklärt Dominik Müggler. Zwölf Gynäkologinnen und Gynäkologen aus verschiedenen Landesteilen arbeiteten derzeit im Notfall-Netzwerk mit. «Unser Ziel ist es, bereit zu sein, 800 der 8000 medikamentösen Abbrüche in der Schweiz aufzufangen und Hilfe zu leisten, sofern Frauen sich melden und umkehren wollten.»

Ob er Abtreibung unter gewissen Umständen befürworten könne, geht die Frage an Müggler. Seine Antwort: «Ich frage Sie zurück: Was sagt dazu die Lehre Ihres Arbeitgebers, die katholische Kirche? Sagt sie nicht, dass es keinen Grund für Abtreibung gebe?»

Und wenn das Leben der Mutter auf dem Spiel steht? Dann spreche man nicht von Abtreibung, so Müggler. Das werde in der Medizin als lebensrettende Sofortmassnahme bezeichnet. Er aber findet: «Gewiss nimmt die katholische Kirche das Wort Gottes ernst. Darin heisst es doch: Geben ist seliger als Nehmen und das betrifft auch das Leben. Das Leben geben ist seliger, als das Leben nehmen.»

Eleganti verliest Grussworte der Bischöfe Morerod und Lovey

Mittlerweile hat der emeritierte Weihbischof Marian Eleganti die Bühne betreten. Er verliest Grussworte der Bischöfe Charles Morerod, Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg und Jean-Marie Lovey von Sitten. Bischof Charles Morerod plädiert für die Annahme jeglichen Lebens als Grundlage des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Bischof Jean-Marie Lovey zollt den Menschen Respekt, die friedlich für die Verteidigung des Lebens unterwegs seien und die es wagten, gegen den Wind zu marschieren. Damit zeigten sie, dass sie lebendig seien.

Tamara Todorovic steht im orangen Shirt im Zelt von Pro Life. Sie ist zur Unterstützung aus Vorarlberg angereist. Das Leben solle von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod geschützt werden, sagt die junge Texterin und Illustratorin. «Wir wollen Abtreibung undenkbar machen und das Leben schon vor der Geburt und bis zum Tod schützen.»

Menschen mit Behinderung sollten in der Gesellschaft als genauso wertvoll angesehen werden. Wie auch immer eine medizinische Diagnose laute, Pro Life sei gegen das Beenden des Lebens. Pro Life vereinigt junge, meist christliche Lebensschützerinnen und Lebensschützer und ist vor allem an Universitäten in Österreich und Deutschland aktiv.

«Ich will das Leben unterstützen, weil der liebe Gott es geschenkt hat.»

Gabriel Maria Sutter

Gabriel Maria Sutter trägt ein franziskanisches Holzkreuz. Er sei der franziskanischen Gemeinschaft sehr zugetan, aber kein Mitglied. «Ich will das Leben unterstützen, weil der liebe Gott es geschenkt hat.» Es gebe keinen Grund, das Leben willkürlich zu beenden.

Selbst wenn das Leben der Mutter auf dem Spiel stehe, dürfe man das Leben des Kindes nicht beenden. Der junge Mann setzt auf die Angebote von Hilfswerken, die er selbst finanziell unterstütze.

Trotz Missbrauch: «Gott wollte das Kind»

Ob er gewisse Gründe für eine Abtreibung verstehen könne, geht die Frage an Gabriel Maria Sutter. «Ich kann die weltlichen Gründe und Nöte verstehen, aber ich glaube, dass es für all diese Nöte eine Lösung gibt und deshalb kann ich die Abtreibung nicht unterstützen, weil sie gegen das Gebot Gottes steht.»

Und was denkt er über Schwangerschaften, die aus ungewolltem Geschlechtsverkehr entstanden sind? «Natürlich ist das eine Katastrophe für die Frau, aber auch das ist ein Leben, das der liebe Gott wollte, auch wenn es in einem Missbrauch gründet.»

Nico Michel steht mit seinen Kolleginnen und Kollegen bei einem Priester im Habit. Sie unterhalten sich angeregt. Das Lachen auf dem Gesicht des Priesters verflüchtigt sich, als er um ein Statement für kath.ch gefragt wird. Michel Nico Arni ignoriert den Rat des Geistlichen, doch lieber nicht mit der Presse zu sprechen.

Katholische Jugendgruppe am «Marsch»

Er und seine Kollegen seien in einer katholischen Jugendgruppe mit Mitgliedern aus der ganzen Schweiz. «Wir verbringen die Freizeit miteinander, so wie es Millionen Jugendliche auf der Welt auch tun».

Im Gegensatz zu vielen anderen Jugendlichen spiele für sie aber auch der Glaube eine wichtige Rolle. «Wir beten gemeinsam, bilden uns im Glauben weiter, gehen auf Wallfahrten oder eben an den Marsch fürs Läbe», sagt Nico Michel. Er ist zum vierten Mal dabei. Nicht alles findet er gut, was an den Märschen zu sehen war. Die Umzüge mit den Kindersärgen in früheren Jahren seien ihm zu heftig gewesen, sagt Nico Michel.

«Sex dient der Zeugung von Kindern in der Ehe», da ist der Jugendliche ganz klar. Darum sei auch ein geplatztes Kondom oder eine Schwangerschaft trotz Pille, kein Grund abzutreiben. Auch Nico Michel sieht die Lösung in hilfreichen Angeboten für Mutter und Kind.

Priester in Soutane geben keine Auskunft

Nicht viel älter als Nico Michel und seine Kolleginnen und Kollegen scheinen drei Männer in Soutane zu sein. Sie gehören der Priesterbruderschaft Sankt Pius an, auch bekannt als Piusbrüder. Auch sie sind nicht bereit, mit der Presse zu sprechen.

Betende gesucht

Im Zelt des Vereins Mamma steht Robert Hafenrichter strahlend mit seinem Baby auf dem Arm. Der Verein ruft zum Gebet für das Leben auf. Aktuell sucht er Menschen, die für die ungeborenen Kinder und ihre Mütter in Not beten, wie aus den Unterlagen hervorgeht. Per Talon kann man sich dafür anmelden.

Die Hauptreferentin auf der Bühne hat eben geendet. Maria Grundberger, Hebamme und Beraterin für Schwangere, hat sehr anschaulich von einem Beratungsgespräch erzählt, indem eine zum zweiten Mal schwangere Teenagerin das Kind behalten wollte und deren Eltern dagegen waren.

Kritik am Druck auf Mütter und Väter

Maria Grundberger prangert den Druck der Gesellschaft an, der auf junge Mütter und Väter ausgeübt werde. Sie wünscht sich pragmatische Lösungen und individuelle Unterstützung für Frauen, die schwanger oder mit kleinen Kindern die Ausbildung machen müssten. Sie ruft die anwesenden Arbeitgeber auf, Praktikumsstellen für Schwangere anzubieten.

Unterdessen hat sich die Menge zu einem Umzug formiert. Die Plakattafeln sind verteilt, die Transparente gespannt, der überdimensionale Kinderwagen mit kleinen Kindern bestückt. Doch die Teilnehmenden müssen sich in Geduld üben. Die Stadtpolizei lässt sie noch nicht ziehen.

200 Gegendemonstranten

200 Menschen haben sich schon am frühen Samstagnachmittag zu einer Gegendemonstration formiert und halten die Zürcher Polizisten auf Trab. Um 16.10 Uhr zieht der Marsch fürs Läbe los und spaziert während rund einer Stunde durch Oerlikon. Kleinere Störaktionen werden von der Polizei behoben, wie die Stadtpolizei später mitteilen wird.

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/marsch-fuers-laebe-babys-retten-falls-notwendig-auf-kosten-der-frau/