«Ehe für alle», Nicolas Betticher, Hochwasser: Was diese Woche wichtig wird

Bischof Joseph Bonnemains Hadern mit der «Ehe für alle» gibt zu reden. Der ehemalige Generalvikar des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg, Nicolas Betticher, hat ein Buch mit Zündstoff-Potential geschrieben. Die Jubla muss ein Lager abbrechen, weil der Platz in Nidwalden unter Wasser steht.

Raphael Rauch

Zunächst einmal: Auguri, Campioni d’Europa! In Zürich gab es kein Halten mehr. Auch weit nach 1 Uhr gab es lauten Autokorso. Und wohl überall in der Schweiz kochte die Italianità hoch:

Wenn das mit den Emotionen immer so einfach wäre! Hat Joseph Bonnemain das mit der «Bio-Ehe» nun ernst gemeint oder ironisch? Seit letztem Dienstag zerbrechen sich Exegeten den Kopf, was der Bischof von Chur mit folgendem Satz in der NZZ sagen wollte: «Wenn die Ehe für alle durchkommt, sollten wir vielleicht die aus der Bibel begründete Partnerschaft zwischen Mann und Frau neu benennen. Zum Beispiel als ‹Liebe für immer› oder ‹Bio-Ehe›.»

In 29 Ländern gibt es die «Ehe für alle»

Wer Joseph Bonnemain kennt, weiss, dass er Ernstes durchaus auch mal ironisch verpackt. Bistumssprecher Arnold Landtwing teilt hierzu mit: «Dem Bischof ist bewusst, dass die Bezeichnung ‹Bio-Ehe› mehrdeutig ist. Selbstverständlich können in der Gesellschaft auch andere Formen von Partnerschaften als Ehe bezeichnet werden. Deswegen ist Bischof Joseph Maria der Ansicht, dass die im Schöpfungsbericht beschriebene spezifische Partnerschaft zwischen Mann und Frau eine spezifische Benennung erhalten sollte.»

Doch nun sind erst recht alle Fragen offen. Fürchtet der Bischof ernsthaft die Verwechslung einer Zivilehe mit dem katholischen Sakrament der Ehe – notabene einem Bund zwischen Frau und Mann, den bekanntlich nur der Tod trennen kann oder die Annullierung durch einen Eherichter? In 29 Ländern gibt es die «Ehe für alle». Egal ob in Spanien, Neuseeland oder Uruguay: Die dortigen Bischöfe haben keinen Grund gesehen, das Sakrament umzubenennen.

Nicht einmal die Erzeltern führten eine «Bio-Ehe»

Auch sonst ist Bischof Joseph Bonnemains Idee einer «Bio-Ehe» theologisch fragwürdig. Der Schöpfungsbericht taugt wenig, um die Ehe zu legitimieren – Adam und Eva waren nicht verheiratet. Ehe ist ein kulturelles Konzept, das sich nicht auf die Partnerschaft im Garten Eden zurückführen lässt. Natur und Kultur lassen sich in Partnerschaften nie trennen – daher kann es keine «Bio-Ehe» geben.

Fragwürdig ist auch die Verbindung von sakramentaler Wirklichkeit der Ehe und der Fruchtbarkeit von Mann und Frau. Schliesslich dürfen Frauen ja auch nach den Wechseljahren oder zeugungsunfähige Männer katholisch heiraten. Nicht einmal die Erzeltern Abraham, Isaak und Jakob erfüllen die Kriterien von Bischof Joseph Bonnemains «Bio-Ehe». Von den Namenspatronen des Bischofs, Joseph und Maria, ganz zu schweigen.

Die Frau als Hilfe des Mannes?

Hinzu kommt: Der erste Schöpfungsbericht benennt spezifische und zweifellos kulturell normierte Rollen patriarchaler Gesellschaften: die Frau als Hilfe des Mannes. Ist das dann auch spezifisch und damit normativ?

Wichtiger wäre es, Liebe zu stärken und Hass zu bekämpfen. Zu was Homophobie führen kann, zeigt ein trauriger Fall in Joseph Bonnemains Mutterland Spanien: Dort starb der 24-jährige Samuel L. nach einem Disco-Abend. Er wurde mutmasslich homophob motiviert attackiert, geschlagen und getreten.

EVP-Mann pro «Ehe für alle»

Auch Konversionstherapien sind ein Thema, bei dem die Kirchen nicht ganz unschuldig sind. «Und bist du nicht hetero, so wirst du therapiert» ist das Thema einer Veranstaltung am Dienstagabend im Zürcher «Kosmos».

Der Veranstalter schreibt: «Manuela Uhlmann und Renato Pfeffer wissen, was solche Therapieversuche bedeuten. Beide sind homosexuell, gläubig und haben viele Therapiestunden hinter sich. Heute machen sie sich für ein Verbot dieser Konversionstherapien stark.»

Pikant: Pfeffer ist Gemeinderat in Richterswil und Sekretär der EVP Zürich. Er gehört damit einer Partei an, die sich nicht von seinem theologischen Papier hat überzeugen lassen und die «Ehe für alle» ablehnt.

Vikar trauert um Kardinal Monsengwo

Er war eine Art Überfigur der Kirche in Afrika: Kinshasas Kardinal Laurent Monsengwo. Zeitweise wurde er sogar als Kandidat für das Papstamt gehandelt. Nun ist er im Alter von 81 Jahren gestorben.

«Kardinal Monsengwo war eine Persönlichkeit, die das Land sehr geprägt hat», sagt Hermann Ngoma Mbuinga. Der Priester des Bistums Chur stammt aus dem Kongo. «Kardinal Monsengwo hat sich gegen alle Diktatoren gewehrt. Man hat versucht, ihn zu ermorden. Er hat sich trotzdem für die Bevölkerung eingesetzt. Er war sehr volksnah. Ihm war es wichtig, gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen», sagt er im Gespräch mit kath.ch.

«Er hat sein Leben für Gott und die Menschen hingegeben»

Am heutigen Montag wird Vikar Hermann Ngoma Mbuinga in einer Kapelle in Schattdorf UR den verstorbenen Kardinal ins Gebet nehmen. «Er hat sein Leben für Gott und die Menschen hingegeben.» An Mariä Himmelfahrt beginnt Hermann Ngoma Mbuinga übrigens als Vikar in Erstfeld UR – an der Seite des Pfarradministrators Martin Kopp.

Auch das Fastenopfer trauert um den beliebten Kardinal, der der Opposition im Kongo ein Gesicht gab – und der auch den Mächtigen in Europa die Leviten las.

Aufstieg und Fall von Nicolas Betticher

Nicolas Betticher war bis vor kurzem Priester des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg. Doch seit dem 29. Dezember 2020 ist er in der Diözese Basel inkardiniert. Dass ein Priester sein Heimatbistum verlässt, ist ungewöhnlich genug. Wenn es sich auch noch um einen Priester von Format handelt, dann ist es ein Politikum.

Nicolas Betticher war von 1995 bis 2000 Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz. Danach war er ein halbes Jahr Mitarbeiter von CVP-Bundesrätin Ruth Metzler. Im Juli 2000 wurde der Laientheologe Kanzler des Bistums Lausanne, Genf und Freiburg. Unter Bischof Bernard Genoud machte er Karriere: 2007 wurde er zum Priester geweiht und Offizial. 2009 machte ihn Bischof Genoud zu seinem Generalvikar.

Kritik an der Frochaux-Affäre

Als Bischof Bernard Genoud 2010 starb, begann Bettichers Stern zu sinken. Als eines seiner ersten Amtshandlungen entmachtete der neue Bischof Charles Morerod Betticher. Nachfolger als Generalvikar wurde Alain Chardonnens. Dieser sorgte letztes Jahr wegen Fotos auf einer schwulen Dating-Plattform für Schlagzeilen.

Nicolas Betticher hat nun ein lesenswertes Buch geschrieben: «trotz allem: Macht, Missbrauch, Verantwortung in der katholischen Kirche», erschienen im «Herausgeber»-Verlag. Die gut hundert Seiten sind schnell zu lesen.

Das Buch ist keine Abrechnung mit Bischof Charles Morerod und dem «inséparable trio». So nannte Weihbischof Alain de Raemy an seiner Bischofsweihe ein Trio, bestehend aus ihm und seinen zwei besten Freunden: dem mittlerweile suspendierten Priester Paul Frochaux und dem mittlerweile verstorbenen Priester Edgar Imer. Die Namen tauchen im Buch nicht auf. Und dennoch enthält das Buch eine Anklage, wenn Nicolas Betticher schreibt:

 

Solche Abschnitte dürften eine Anspielung auf die Frochaux-Affäre sein: Hier gab es keine unabhängige Aufarbeitung. Das Gutachten des vom Bischof bezahlten Genfer Anwalts Harari bleibt unter Verschluss. Warum, ist unklar. Wenn die Bischöfe Wort halten, kommt in ein paar Jahren mit einem unabhängigen Gutachten ohnehin alles auf den Tisch.

Model in Zürich

Zürich hat eine neue illustre Bewohnerin: Sara Nuru (31) ist Model und Unternehmerin. Manche kennen sie aus «Germany’s Next Top Model», andere wegen ihres ehrenamtlichen Engagements – vor allem für Äthiopien.

Am Dienstag ist Sara Nuru im «Sat.1»-Frühstücksfernsehen zu sehen. Dort wird sie mit der deutsch-palästinensischen Staatssekretärin Sawsan Chebli die Aktion «Farbe bekennen» vorstellen: «Diese zeichnet Kinder und Jugendliche aus, die aus ihrer Heimat fliehen mussten und sich durch ihr besonderes soziales Engagement hervortun. Ein Projekt, das mir sehr am Herzen liegt!», schreibt das Model in der «Welt am Sonntag».

Sara Nuru ist auch Botschafterin für nachhaltige Entwicklung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Berlin. Mal schauen, wie lange es dauert, bis Fastenopfer, «Alliance Sud» und DEZA auf die Neu-Zürcherin aufmerksam werden.

Jubla muss Lager wegen Hochwasser abbrechen

Sommerzeit ist Lagerzeit. Doch das Wetter macht der Jubla zu schaffen: Die Jubla Neuheim ZG musste ihr Lager im Kanton Nidwalden abbrechen, «nachdem die Teilnehmenden in der Nacht wegen des Unwetters evakuiert wurden und die Nacht in der Zivilschutzanlage verbrachten», berichtet «20 Minuten». «Die Nacht war kurz, aber wir verbrachten sie gut», sagte Lagerleiterin Melanie Rölli dem Portal.

Da hilft wohl nur noch der Wettersegen. Der neue Moderator Curiae des Bistums Chur, Jürg Stuker, hat auf der Website des Liturgischen Instituts einen Artikel zum Wettersegen verfasst, der mit dem schönen Segen endet:

 

Was wird nächste Woche wichtig? Ich freue mich über Ihren Input an rauchzeichen@kath.ch.

Ich wünsche dem Generalvikar für die Urschweiz, Peter Camenzind, nachträglich alles Gute zum 60. Geburtstag. Er hat ihn gestern im Kreise von Freunden und Kollegen gefeiert. Und Ihnen allen wünsche ich einen guten Start in die Woche!

Herzlich

Ihr

Raphael Rauch


Papst Franziskus, Dieudonné, Erzbistum Vaduz: Was diese Woche wichtig wird

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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