In der Kirche muss nicht alles golden glänzen

Goldener Bischofsring, goldene Engel, goldener Kelch: Die Kirche kann man sich kaum ohne Gold denken. Liturgisch vorgeschrieben ist das Edelmetall allerdings nicht.

Barbara Ludwig

Besonders in den Kirchen des Barocks trifft man auf das wertvolle Metall, etwa auf vergoldete Statuen und Stuckaturen. Und noch heute sind Kelch und Hostienschale für die Eucharistiefeier häufig aus Gold.

Prinzip der «graduellen Feierlichkeit»

Umso mehr erstaunt, dass Gold in den liturgischen Vorschriften der römisch-katholischen Kirche «keine explizite Rolle» spielt, wie der Dominikaner Peter Spichtig sagt. Er ist Co-Leiter des Liturgischen Instituts in Freiburg.

Das hauptsächliche Prinzip sei das der «graduellen Feierlichkeit»: «Kirchenschmuck, liturgische Gewandung und die Kirchenmusik sollen sich nach der theologischen Gewichtung der Glaubensgeheimnisse und ihrer liturgischen Feiern richten.» Am höchsten gewichtet seien das Oster-Triduum (Gründonnerstag bis Ostersonntag), Weihnachten, Epiphanie, Himmelfahrt und Pfingsten.

«Edle Einfachheit» statt «Kitsch»

Die derzeitigen Vorschriften seien sehr allgemein gehalten und «sehr weit interpretierbar», so Spichtig. Aber: «Als kritische Korrektur lassen sich die Stellen deuten, die von ‘edler Einfachheit’ reden, die anzustreben ist, und die Abstand nehmen von ‘blossem Aufwand’. Es sollen also die ‘Massstäbe echter Kunst’ angelegt werden, was indirekt den Kitsch denunziert.»

Kelch darf nicht oxydieren

Explizit zu Gold äussere sich bloss die Vorschrift zu den liturgischen Geräten, sagt der Liturgie-Experte. Dort gehe es allerdings darum, die Oxydation zu verhindern, etwa bei Kelchen. «Aus Metall hergestellte liturgische Gefässe sollen in der Regel innen vergoldet sein, sofern es sich um oxydierendes Metall handelt. Sind sie jedoch aus rostfreiem und edlerem Metall als Gold, ist eine Vergoldung nicht notwendig», heisst es in der Allgemeinen Einführung des Römischen Messbuchs (AEM, 294).

Edler als Gold könne nur Weissgold oder Platin sein, sagt dazu Martin Klöckener, Liturgie-Professor an der Universität Freiburg. Er habe allerdings noch nie gehört, dass es liturgische Gefässe aus diesen Metallen gebe, möchte dies aber auch nicht ausschliessen. «Rostfrei» sei zudem reines Silber.

Gold steht für Transzendenz

Auf jeden Fall gibt es keinen Zwang zum Goldkelch. Peter Spichtig macht jedoch auf kulturelle Traditionen aufmerksam, die nichts mit den Vorschriften zu tun hätten, und doch die weit verbreitete Vorliebe für Gold erklären. Gold gilt traditionell als das edelste Material. «Einerseits ist es rein, insofern es nicht rostet und ewig haltbar ist. Andererseits drängt es sich durch seine Farbe und seinen Glanz als das Material schlechthin auf, das Transzendente zu veranschaulichen.»

Spichtig vermutet, dass hier gewisse Bibelstellen eine nachhaltige Rolle spielen. Etwa die Passagen in Matthäus, Markus und Lukas über die «Verklärung des Herrn»: «Dort wird ausgesagt, dass Jesus sich verwandelte und so strahlend weiss wurde, wie es kein Bleicher auf Erden machen kann.»


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