Juden sprechen sich für muslimische und jüdische Armeeseelsorger aus

Zürich, 30.10.18 (kath.ch) Aus Sicht der Schweizer Juden sollten auch muslimische und jüdische Armeeangehörige von Seelsorgern der eigenen Religionsgemeinschaft betreut werden können. Die jüdischen Dachverbände lehnen deshalb einen Vorstoss von SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor ab, der die Armeeseelsorge gesetzlich auf christliche Seelsorgende beschränken will.

Bislang wirken in der Schweizer Armee ausschliesslich christliche Seelsorger. Die aktuelle gesetzliche Grundlage schliesst Geistliche anderer Religionsgemeinschaften allerdings nicht von dieser Tätigkeit aus. Genau dies will aber der Walliser SVP-Nationalrat Jean-Luc Addor. In einer Parlamentarischen Initiative, die er am 29. September 2017 einreichte, fordert der Politiker eine Änderung des Militärgesetzes.

Dieses soll durch eine Bestimmung ergänzt werden, die festhält, dass «mit den durch die Armee zur Verfügung gestellten seelsorgerischen Diensten ausschliesslich evangelisch-reformierte, römisch-katholische und christkatholische Seelsorgerinnen und Seelsorger betraut werden», heisst es im Initiativtext.

Angst vor «islamischer Missionierungsstätte»

Der Vorstoss richtet sich explizit gegen Armeeseelsorger muslimischen Glaubens, wie aus der Begründung hervorgeht. Jean-Luc Addor befürchtet, dass die Armee in «eine islamische Missionierungsstätte» verwandelt oder gar zu einem Ort werden könnte, an dem Dschihadisten rekrutiert werden. Der Nationalrat stellt zudem, unter Verweis auf ein Dokument des Führungsstabs der Armee, die Frage nach einer «Kirchenordnung», an die sich muslimische Armeeseelsorger analog zu ihren christlichen Kollegen zu halten hätten.

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) und die Plattform der Liberalen Juden (PLJS) stellen sich gegen das Anliegen der Parlamentarischen Initiative. Sie sähen darin «die Glaubens- und Wahlfreiheit in der Seelsorge von gläubigen Armeeangehörigen verletzt», heisst es in einer gemeinsamen Medienmitteilung vom Freitag.

Trost durch Geistlichen der eigenen Religion wichtig

Die beiden Dachverbände anerkennen zwar, dass die christlichen Armeeseelsorger allen Armeeangehörigen unabhängig von deren Religion oder Konfession zur Verfügung stehen. Für einen gläubigen Menschen sei es jedoch wichtig, sich mit einem Geistlichen seiner eigenen Religion beziehungsweise Konfession austauschen zu können, «um von diesem Ratschlag und Trost zu erhalten», insbesondere in Zeiten grosser Not. Sie fordern deshalb: «Jeder Angehörige der Armee sollte das Recht haben in Zeiten einer persönlichen Krise einen Vertreter seiner Religion konsultieren zu können.»

SIG und PLJS räumen ein, dass die Einführung muslimischer und jüdischer Seelsorger in der Armee einer «gewissenhaften Vorbereitung» bedarf, heisst es in einem zusätzlichen Positionspapier zu dem Thema. Insbesondere müsse sichergestellt werden, dass diese Seelsorger im Rahmen der schweizerischen Rechtsordnung handeln und «nicht missionarisch» wirkten.

Keine Bestrebungen zur Einführung jüdischer Seelsorger

Laut dem SIG gibt es derzeit von jüdischer Seite keine konkreten Bestrebungen zur Einführung jüdischer Seelsorger in der Armee, wie es am Dienstag auf Anfrage hiess.

Am Dienstag befasst sich die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats mit der Parlamentarischen Initiative «Keine muslimischen Armeeseelsorger in unserer Armee». Diese entscheidet, ob der Initiative Folge gegeben wird. (bal)


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