«Die WCs sind jetzt ein Highlight bei uns»

Bern, 19.9.18 (kath.ch) Wie schafft ein Warenhaus wie das Berner Familienunternehmen Loeb den Spagat zwischen Vielfalt und klarem Profil? Gibt es dabei Parallelen zur katholischen Kirche? Diese Frage stellte die Römisch-Katholische Zentralkonferenz Ronald Christen, CEO bei Loeb. Christens Antworten sorgten vergangene Woche in Bern für Lacher und regten zugleich zum Nachdenken an.

Sylvia Stam

Was macht der CEO eines Warenhauses an einem kirchlichen Anlass? Diese Frage mag sich manch eine gestellt haben, die am 10. September der Einladung der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ) ins Zentrum Paul Klee in Bern gefolgt war. Was Ronald Christen erzählte, liess allerdings interessante Schlüsse für die katholische Kirche zu, auch wenn Christen diese nicht explizit aussprach.

Eine Parallele zwischen Loeb und der Kirche nannte Christen gleich zu Beginn: «Beide kämpfen um Frequenzen.» Während die Kirche von Mitgliedern spricht, die ihr abhandenkommen, sind es bei Loeb die Kunden. «Über die Kundengewinnung machen wir uns von morgens bis abends Gedanken», verriet Christen.

«Persönlichstes Warenhaus der Schweiz»

«Die Gesellschaft von heute möchte nicht mehr nur Waren kaufen. Sie möchte ‘entertained’ (unterhalten, die Red.) werden», stellte Christen klar. Loeb habe es sich daher zur Aufgabe gemacht, «das persönlichste Warenhaus der Schweiz» zu werden. Daraus folgten zwei zentrale Leitsätze: «Wir müssen die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden kennen», so Christen. «Und wir stellen hohe Ansprüche an die Qualität von unserem Service» – damit meinte er in erster Linie die Beratung von Kundinnen und Kunden.

Ein Warenhaus müsse sich dem ständigen gesellschaftlichen Wandel stellen, müsse modernisieren und investieren – ins Personal, in Gebäude, in Sortimente. Anschaulich verdeutlichte er anhand der Toiletten, was das konkret bedeutet.

Fast eine Million für die Toiletten

«Toiletten sind ganz wichtig in einem Warenhaus», sagte Christen und erntete damit Lacher im Publikum. Zu dieser Überzeugung sei Loeb allerdings erst im Laufe der Zeit gekommen. Man habe die Toiletten vergrössert und auf ein Fünfsternniveau gebracht: Jetzt seien etwa die Böden aus Aprikosenkernen, die Auswahl der Musik, die auf den Toiletten abgespielt werde, sei «Chefsache». Kostenpunkt der Sanierung: Fast eine Million Franken.

Das Resultat liess laut Christen nicht lange auf sich warten: Die Frequenzen hätten sich seit dem Umbau der Toiletten verdoppelt. «Die WCs sind jetzt ein Highlight bei uns», ereiferte sich Christen, der seine Aussage mit zahlreichen Bildern untermalte, die wiederum ein bewunderndes Raunen unter den Zuhörern auslösten. Allerdings, räumte der CEO ein, bedeute eine Erhöhung der Frequenzen nicht zwingend höhere Umsätze, sondern lediglich eine Zunahme an Personen, die sich im Warenhaus aufhielten.

Kinderhort und Event-Küche

Christen nannte weitere Beispiele von Kundengewinnung, etwa die Eröffnung eines Kinderhorts im 5. Stock, das Einrichten so genannter «Pop Up-Flächen» – Verkaufsflächen, die für eine begrenzte Zeit besonders hergerichtet werden, etwa als Event-Küche oder als festlich gedeckter Tisch. Man führe auch Veranstaltungen im Haus durch, beispielsweise Guetzli-Backen mit Kindern oder veganes Kochen.

Wichtiger als all diese Massnahmen aber sind laut Christen Investitionen in die Mitarbeitenden: Diese müssten geschult und entsprechend entlöhnt werden. Eine persönliche Beratung könne der Online-Handel – die grösste Konkurrenz – nicht bieten. «Von Mensch zu Mensch – da geben wir alles», schloss Christen seine Ausführungen. Ein Votum, mit dem er implizit den Bogen zur katholischen Kirche zurück schlug.


WCs sind auch für die Kirche wichtig

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