«Video zur Vollgeldinitiative ist Fake-News»

Zürich, 15.5.17 (kath.ch) «Der Papst würde wohl die Vollgeldinitiative annehmen.» Das stand in einem Video der Initianten der Vollgeldinitiative. Für den Theologen Thomas Wallimann ist das Video mit dem Papst lediglich «Fake-News». Mittlerweile ist das Video nicht mehr online.

«Der Papst würde wohl die Vollgeld-Initiative annehmen», lautete die zentrale Botschaft der Initianten vor dem Konterfei des Pontifex. Um diese Aussage zu belegen, wurden einzelne Sätze aus dem Papstschreiben «Evangelii Gaudium» zitiert, die dann im Sinn der Initiative weitergeführt werden:

«Geld soll dienen, nicht regieren», wurde etwa aus dem Papstschreiben zitiert. «Denn Banken erschaffen selber Geld auf Kosten der Bevölkerung», hiess es in anderer Schrift als Folgesatz.

«Vollgeld stellt unser Geld wieder in den Dienst des Menschen.»

«Diese Wirtschaft tötet», so der Papst, «mit Geld aus dem Nichts. Ein Milliarden-Privileg der Banken auf Kosten der Menschen», folgerten die Initianten daraus. «Vollgeld stellt unser Geld wieder in den Dienst der Menschen», so ein Schriftzug im Video.

Kritische Äusserungen zur Wirtschaft

Der Theologe Thomas Wallimann findet die Aussagen des Papstes, die im Video orange eingeblendet wurden, «aus dem Zusammenhang gerissen», wie er auf Anfrage sagt. Zwar verstehe er, warum die Initianten gerade den Papst als Persönlichkeit in ihrem Video benutzen, da er «eine öffentliche Person» sei, die sich kritisch zum Thema Wirtschaft geäussert habe.

«Das ist medienethisch hochproblematisch.»

Die Aussagen des Papstes hätten jedoch nichts mit der Vollgeldinitiative zu tun, so Wallimann. «Dem Papst zu unterstellen, er unterstütze die Initiative ist Fake-News und auch medienethisch hochproblematisch.» Wer «Evangelii gaudium» nicht kenne, könne schnell den Eindruck bekommen, dass Franziskus die Initiative tatsächlich unterstütze.

«Papst kritisiert Herrschaft des Geldes.»

«Der Papst hat in seinem Apostolischen Schreiben ‹Evangelii gaudium› die Herrschaft des Geldes und die Ungleichheit, die durch das Finanzsystem ausgelöst wird, kritisiert», sagt Raffael Wüthrich, Mediensprecher der Initianten, auf Anfrage. Die Vollgeld- Initiative sorge dafür, dass das Finanzsystem der ganzen Gesellschaft diene. Gemäss Wüthrich hat Papst Franziskus dies öffentlich gefordert.

«Das ist erneut Fake-News.»

Die Ungleichheit werde durch die Vollgeldinitiative alleine nicht gelöst, wie Wallimann gegenüber kath.ch kontert. Weder werde die Verteilung der Gelder von Arm zu Reich oder umgekehrt verhindert, noch stelle sie das «kapitalistische Wirtschaftssystem in Frage». «Das ist erneut Fake-News», so Wallimann.

Geschäftsbanken verlieren an Macht

Ebenso zweifelt der Theologe daran, dass die Vollgeldinitiative wirklich der «ganzen Gesellschaft» diene. «Vollgeld schafft keinen Himmel auf Erden», so Wallimann gegenüber kath.ch. Es löse auch nicht alle Probleme der globalen Geldwirtschaft. «Aber es verschiebt in erster Linie Risiken von den Bankkunden und den Geschäftsbanken zur Nationalbank.» Dies führe zu einer Machteinbusse der Geschäftsbanken.

Nicht mehr online

Das Video war seit dem 15. März online und wurde bislang 248 mal aufgerufen (Stand 11. Mai, 12 Uhr). Ein paar Tage, nachdem der «Blick» (11. Mai) dies medial publik gemacht hatte, ist es nicht mehr auf Youtube zu finden. Es sei «vom Nutzer entfernt» worden, heisst es lediglich, klickt man auf den Link. Wüthrich bestätigte dies gegenüber kath.ch. «Wir wollen keine religiösen Gefühle verletzen, auch wenn wir der Meinung sind, dass der Papst sich viel deutlicher für ein gerechtes Finanzsystem ausspricht», erklärte er das Entfernen des Videos. 

Flyer im Umlauf

Im Gegensatz zum Video sind seit ein paar Tagen Flyer der Initianten im Umlauf, auf denen ebenso mit dem Papst für die Initiative geworben wird. Darauf zitieren sie ebenso wie im Video Aussagen des Papstes aus seinem Schreiben «Evangelii Gaudium» wie «die Gier nach Macht und Besitz kennt keine Grenzen». Der Apostolische Nuntius in der Schweiz, Thomas E. Gullickson, will überprüfen, ob sie die Genehmigung für die Bildbenützung eingeholt haben. Das sagte er am 13. Mai gegenüber Tele Bärn. (sys/ft)

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