Scharfe Kritik an Martin Grichtings Haltung zu Missbrauchsfällen

Zürich, 28.4.18 (kath.ch) Mit seiner am 19. April in der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ) geäusserten Sichtweise auf die Bewältigung von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche hat Martin Grichting Empörung ausgelöst. Ebenfalls in einem Gastkommentar in der gleichen Zeitung kritisiert der Dominikanerpater Viktor Hofstetter den Churer Generalvikar scharf.

Es sei erschreckend, mit welch «klerikaler Selbstgewissheit» Martin Grichting vorgebe, «die Lösung für eines der grössten Dramen der katholischen Kirche in den letzten Jahrzenten zu kennen». Dies schreibt Viktor Hofstetter, Priester und Mitglied des Dominikanerordens, im Tribüne-Beitrag «Kirche, Missbrauch und Zentralisierung» in der NZZ vom 27. April.

Schwarz-Peter-Spiel

Als Priester, der seit 30 Jahren in diesem Bistum tätig sei, treffe es ihn, solches von einem Diözesanoffiziellen in einer liberalen Tageszeitung lesen zu müssen, so Hofstetter. «Und dann kommt ein Kleriker und behauptet, die Ursachen des Übels zu kennen», fährt er fort und unterstellt dem Generalvikar, noch nie einem Opfer sexueller Gewalt begegnet und «einfach mal zugehört» zu haben.

Die von Grichting aufgestellte These, man habe versucht, Täter mit pastoralen statt mit strafrechtlichen Massnahmen zur Verantwortung zu ziehen, bezeichnet Hofstetter als «grobfahrlässig» und verdeutlicht: «Es ist ein Zeichen von Selbstgerechtigkeit, einfach den Schwarzen Peter anderen in der Kirche zuzuschieben.»

«Unerträgliche» Wortmeldung

Dass dieser Beitrag nur gerade zehn Tage nach einem Brief von Papst Franziskus an die Bischöfe in Chile veröffentlicht worden sei, mache die Sache «noch unerträglicher». Der Papst hatte sich in diesem Schreiben nicht nur bei Opfern sexueller Gewalt entschuldigt, sondern auch für seine eigenen Äusserungen bei einem Besuch in Chile um Entschuldigung gebeten. Dort hatte er von den Opfern Beweise für die Übergriffe verlangt. Diese Wortwahl sei sehr verletzend gewesen.

In der gleichen Zeitungsausgabe zeigten auch Leserbriefschreiber Unverständnis für Grichtings Beitrag – und dass die NZZ dem Generalvikar regelmässig dafür Platz einräume. (ms)

 

Churer Generalvikar Grichting sieht Missbrauchsbekämpfung auf Irrwegen

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