Kirchen müssen angesichts ertrinkender Flüchtlinge Menschenfischer sein

Freiburg/Bern, 30.11.17 (kath.ch) Die drei Landeskirchen machen in ihrem Brief zum Menschenrechtstag Flüchtlinge zum Thema. Wo Recht an seine Grenzen stosse, müssten Kirchen Geschwisterlichkeit praktizieren. Sie müssten Menschenfischer werden, wo Menschen ertrinken.

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK), der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) und die Christkatholische Kirche Schweiz werden in ihrem gemeinsamen Brief zum Menschenrechtstag vom 10. Dezember auffallend politisch:

In Anbetracht von Menschen, die auf der Flucht in Lebensgefahr geraten, müsse sich die Kirche an ihren ursprünglichen Auftrag erinnern: «Menschenfischerin zu sein dort, wo Menschen zu ertrinken drohen in den Meeren aus Not, Elend und Verzweiflung.» Der Einsatz für diese Menschen gehe die Kirche als ganze an: «Mit jedem Glied der Gemeinde, das leidet, leidet die ganze Gemeinde», heisst es im Brief, der von SBK-Präsident Charles Morerod, SEK-Präsident Gottfried Locher und dem christkatholischen Bischof Harald Rein unterschrieben ist.

Humanität nicht dem Völkerrecht überlassen

Noch deutlicher werden die drei Landeskirchen in der dem Schreiben beigefügten Verlautbarung, welche Anregungen für Gottesdienste enthält: Nicht nationale, ethnische, religiöse oder politische Identitäten bildeten den Massstab, «sondern die geschwisterliche Zugehörigkeit zur Menschheitsfamilie». Die Idee dieser einen Familie stehe jedoch quer zum Gedanken nationalstaatlicher Identitäten. Weil geschwisterliche Solidarität sich nicht politisch verordnen lasse, müssten die Kirchen sich fragen, «ob es ausreicht, die Humanität dem Völkerrecht und den Menschenrechten zu überlassen».

Kirchen verfügten über andere Möglichkeiten, die weiter reichten als die staatliche und zwischenstaatliche Politik. Christinnen und Christen könnten gar nicht anders, als für die leidenden Geschwister einzutreten «und politisch für sie zu kämpfen».

Kirchen werden zum Vorbild für die Politik

Konkret heisst das gemäss dem vom SEK und der bischöflichen Kommission «Justitia et Pax» verfassten Schreiben: kritische Prüfung der staatlichen Kriterien für die Anerkennung von Asylsuchenden sowie eine kritische Begleitung im Falle einer Ablehnung des Asylgesuchs.

Auf diese Weise werde die Kirche in der geschwisterlichen Begegnung «zum Vorbild, wo die Politik und das Recht allein nicht weiterkommen».

Dem Brief der Landeskirchen beigefügt sind ausserdem das Dossier Menschenrechtstag von der Aktion der Christen für die Abschaffung der Folter und der Todesstrafe (ACAT-Schweiz) zum Thema Folter und Migration sowie die Petition, welche Acat an Simonetta Sommaruga richtet. Darin wird die offizielle Anerkennung und Anwendung des Istanbul-Protokolls durch die Schweizer Behörden gefordert.

Das Istanbul-Protokoll bilde den Standard der Vereinten Nationen für die Untersuchung und die Beurteilung der Glaubwürdigkeit von Foltervorwürfen und die Übermittlung der Untersuchungsergebnisse an die Justiz und andere betroffene Behörden. Nach Schätzungen des Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) seien zwischen 5 und 35 Prozent der geflüchteten Menschen Folterüberlebende. (sys)


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