Muslimische Frauen wollen aktiver werden

Freiburg, 16.5.17 (kath.ch) Die 25 Workshops für Schweizer Muslime waren ein voller Erfolg. Davon ist Hansjörg Schmid, Direktor des Schweizerischen Zentrums für Islam und Gesellschaft (SZIG), überzeugt. Warum sich immer mehr muslimische Frauen weiterbilden wollen, welche Themen im Workshop besprochen wurden und wie es nun weitergeht, erzählt er im Interview.

Raphaël Zbinden

Sie sagen, die Workshops waren ein Erfolg. Inwiefern können Sie das einschätzen?

Hansjörg Schmid: Wir haben praktisch mit allen Dachverbänden zusammengearbeitet.egal welcher Ebene sie angehörten, ob kantonale, nationale oder ethnische (albanisch, türkisch, bosnisch und so weiter) Verbände. So unterschiedlich diese waren, waren auch die 450 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Workshops.

Die Anzahl von muslimischen Vereinsverantwortlichen in der Schweiz ist nicht bekannt. Allerdings konnten Leute an unserem Programm teilnehmen, egal welche Position sie in deren Verein innehaben. Unsere Erwartungen wurden jedenfalls übertroffen.

Alles sagen dürfen, ohne verurteilt zu werden.

Wenn wir von Erfolg reden, meinen wir das qualitativ. Denn die Debatten und Diskussionen an den Workshops waren sehr konstruktiv.

Gab es in den Debatten und Ateliers bestimmte Probleme im Zusammenhang mit islamischen Ansichten?

Schmid: Nein, da in diesen Ateliers durfte jeder und jede sagen, was er oder sie wollte – ohne verurteilt zu werden. Die anwesenden Muslime waren nicht in einer defensiven, sondern in einer teilnehmenden Rolle.

Es hat natürlich auch gewisse kontroverse Diskussionen gegeben. Beispielsweise über die Rolle der Medien und das Bild der Muslime oder über die sexuelle Aufklärung in der Schule. Die Teilnehmenden blieben jedoch stets konstruktiv, die Atmosphäre angenehm.

«Wir wollten nicht nur über das Thema ‘Imam’ sprechen.»

Es war auch nicht unser Ziel, eine einhellige Meinung herauszuarbeiten. Sondern verschiedene Perspektiven und Gefühle auszutauschen.

Knapp 40 Prozent der Teilnehmer waren Frauen. Wie erklären Sie sich das grosse Interesse?

Schmid: Für mich ist das klar ein sehr gutes Zeichen. Das zeigt, dass die Frauen in den Vereinen eine aktivere Rolle, mehr Verantwortung übernehmen wollen – statt wie bisher eher im Hintergrund mitzuwirken.

Es ist erfreulich, so viele, auch junge, Frauen dabei gehabt zu haben, da wir alles andere als nur über das Thema «Imam» sprechen wollten.

Die neue Moschee in Will wurde lediglich mit Spenden und Ersparnissen der Gemeinde gebaut. Können wir von einem «schweizerischen Islam» sprechen?

Schmid: Ganz klar. Unsere Muslime sehen ihre Zukunft im schweizerischen Rahmen. Das Interesse, an der Schweizer Gesellschaft teilzunehmen, wächst unter den Muslimen stetig. Sie wollen sich bilden, die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Themen verstehen und damit die Gesellschaft mitentwickeln.

Das Ziel ist also auch, schon bestehende Ressourcen in den Vereinen zu mobilisieren. Das Ziel ist, sicherzustellen, dass sie sich organisieren um Brücken zur Gesellschaft zu schlagen.

Haben Sie keine Angst, das der Erfolg von kurzlebiger Dauer ist? Dass der Elan, nachdem das alles nicht mehr neu und frisch ist, verebt?

Schmid: Fakt ist, dass die Workshops schon Menschen einander näher gebracht haben, Netzwerke entstanden sind. Wir haben Fragen erhalten, neue Vereine wenden sich an uns. Mit all den formulierten Erwartungen der Teilnehmenden, wollen wir noch tiefere und längere Workshops anbieten. (cath.ch/ft)

 

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