«In Benin sind die Jungen ebenso ungeduldig wie hier»

Zürich, 17.2.17 (kath.ch) Die Expertengruppe der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) ist von ihrer Reise nach Benin zurück. Alain de Raemy, Jugendbischof für die Romandie, erzählt im Interview mit kath.ch, was die dortigen Jugendlichen mit jenen in der Schweiz gemeinsam haben, wieso die Schweiz für Benin ein Vorbild ist und was ihn am meisten berührt hat.

Francesca Trento

Wie haben Sie als Schweizer Jugendbischof die Jugendlichen in Benin erlebt?

Alain de Raemy: Am Symposium zum Thema «Zusammenleben von verschiedenen Religionsangehörigen in Benin und in der Schweiz» waren unter anderem auch Studentinnen und Studenten anwesend. Sie sind ebenso ungeduldig wie unsere jungen Menschen in der Schweiz. Sie verstehen nicht, wieso die Religionen nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen, wieso sie sich konkurrenzieren. Es müsste doch jede Religion die Sorge um Gott und das Heil des Menschen im Fokus haben, finden sie. Nachdem wir viel über die Gemeinsamkeiten von Religionen gesprochen hatten, forderten uns diese jungen Menschen heraus, die Unterschiede beim Namen zu nennen.

Inwiefern unterscheiden sich junge Leute in Benin von jenen in der Schweiz?

De Raemy: In Benin gehört Gott einfach zum privaten und öffentlichen Zusammenleben. Auch bei den Jugendlichen. In den Familien ist es normal, sich zu Gott und den Ahnen zu bekennen.

Inwiefern ist die Schweiz für Benin ein Vorbild?

De Raemy: Obwohl Benin, im Gegensatz zu seinen Nachbarländern, im Frieden lebt, besteht immer eine Furcht davor, dass diese enden könnte. Denn in den vier Nachbarländern Niger, Nigeria, Burkina Faso und Togo entwickelt sich ein gewalttätiger Fundamentalismus. Extremisten sowohl islamistischer als auch evangelikaler Art kommen verstärkt auf. Sie verachten die Traditionen und das friedvolle Zusammenleben der verschiedenen Religionen vor Ort.

Die Schweiz, als Land der verschiedenen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen in einem demokratischen Modell, kann ihnen zeigen, dass starke Kontraste den Frieden nicht unbedingt gefährden.

War die Stimmung am Symposium in Anbetracht dieser Gefahr also eher beunruhigt?

De Raemy: Es war ein Stolz über ihre Fähigkeit spürbar, so verschieden und friedlich auftreten zu können, aber auch eine gewisse Unruhe. Einige kritisierten, dass die Probleme und die sehr unterschiedlichen Vorstellungen über die Familie, die Gesellschaft und die Politik in den religiösen Weltanschauungen zu wenig erwähnt würden.

Es wurde auch festgestellt, dass man in Benin die gemeinsame Vergangenheit ganz anders bewerten könnte und dass sie deswegen auch einmal gemeinsam neu verarbeitet werden sollte. Die Idee entspricht dem, was Papst Johannes Paul II. uns Schweizern schon 1984 vorgeschlagen hatte: Protestanten und Katholiken sollten ihre gemeinsame Geschichte auch gemeinsam schreiben.

Was nehmen Sie persönlich aus der Reise mit?

De Raemy: Den Satz einer jungen Teilnehmerin: «Warum gibt es so viele neue religiöse Gebäude, aber so wenig neue und allgemein zu wenig Schulen?». Ich kann aber wirklich stolz darauf sein, dass unsere katholische Kirche auch in Benin die Aufgabe der Bildung und Ausbildung bestens erfüllt.

Benin als Beispiel für friedliches Zusammenleben von Religionen

Medienmitteilung der SBK zur Reise nach Benin

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