«Ein Kandidat von unserer Seite würde wohl abgeschossen»

Uster ZH, 10.2.17 (kath.ch) Eine Kirche, die Wert auf ihre Autonomie lege, müsse selbst in Rom aktiv werden bezüglich Nachfolge im Bistum Chur. Davon ist Erwin Koller, Sprecher der Allianz «Es reicht» und Präsident der Herbert-Haag-Stiftung für Freiheit in der Kirche, überzeugt. Auch die Suche nach einem Kandidaten für die Aufgabe eines päpstlichen Administrators müsse die Kirchenspitze angehen. Das sei nicht Sache einer Bewegung.

Regula Pfeifer

Vor einem Jahr sagten Sie uns von der Redaktion kath.ch gegenüber, es sei nicht Zeit für politische Interventionen bezüglich der Nachfolge Huonder. Ist nun nach dem Gespräch der Allianz «Es reicht» mit dem Nuntius der Zeitpunkt dafür da?

Erwin Koller: Ich verstehe die grosse Zurückhaltung der Politik nach wie vor. Aber wenn die Einsicht nicht da ist, dass es in der Diözese Chur dringend eine vermittelnde Lösung braucht, bin ich dafür, dass die Politik ein Wort mitredet, so wie sie das bereits früher getan hat.

Sind Sie diesbezüglich im Gespräch mit Politikern?

Koller: Ich persönlich nicht. Ob andere Leute in der Allianz mit Politikern im Gespräch sind, weiss ich nicht, kann es aber auch nicht ausschliessen.

Wissen Sie, ob auf höchster politischer Ebene Kontakte zu Rom gibt in dieser Frage?

Koller: Das weiss ich nicht.

Andreas Heggli, der Geschäftsführer Ihrer Stiftung, hat gegenüber kath.ch gesagt, jetzt sei es an der Bischofskonferenz und den Bischöfen, hier aktiv zu werden.

Koller: Ich finde, das ist ihre primäre Aufgabe. Wenn die Kirche zu Recht viel Wert auf Autonomie legt und will, dass der Staat ihr nicht dreinredet – was ich prinzipiell unterstütze –, muss sie ernsthaft ihre Hausaufgaben machen. Da sind in erster Linie die Bischöfe gefordert.

Ist die Allianz «Es reicht» die Bischofskonferenz, die einzelnen Schweizer Bischöfe und weitere Kirchenvertreter individuell angegangen?

Koller: Meines Wissens noch nicht. Wir haben einen generellen Aufruf gemacht.

Was hätte am meisten Wirkung in Ihrem Sinn?

Koller: Für mich ist frappierend, wie viele Kirchenleute – nicht jene auf der allerobersten Ebene – aber doch Äbte und Generalvikare und andere Verantwortliche in der Kirche die Situation diagnostizieren und sehr klar für eine vermittelnde Lösung eintreten. Das müsste eigentlich in Rom zu denken geben.

Viele Kirchenleute treten klar für eine vermittelnde Lösung ein.

Es ist bekannt, dass ich die Ideologie des Nuntius nicht teile. Er vertritt eine Theologie des 19. Jahrhunderts, des Ultramontanismus. Das ist eine absolut inadäquate Art, einen Konflikt des 21. Jahrhunderts anzugehen.

Welche Konfliktlösung wäre adäquat?

Koller: Adäquate Lösungen sind solche, die aus dem Volk Gottes heraus im vermittelnden Gespräch zusammen mit den Verantwortlichen gefunden werden. Das ist unsere Position. Wir wollen, das man zuerst den Dialog sucht, bevor man eine Wahl trifft. Denn jetzt sind die Fronten viel zu verhärtet, als dass eine vernünftige Wahl resultieren würde. Ich bin überzeugt: Wenn man mit jenen Kirchenverantwortlichen redet, die sich für eine zeitgemässe Kirche stark machen, findet man eine Lösung.

Mit Kirchenvertretern, die sich für eine zeitgemässe Kirche stark machen, findet man eine Lösung.

Die Allianz «Es reicht» hat bisher keine Namen von möglichen Kandidaten für einen päpstlichen Administrator genannt, weshalb?

Koller: Es ist ausserordentlich schwierig, einen solchen Kandidaten erstens zu finden, zweitens zu motivieren und dann noch in einem guten Sinn ins Spiel zu bringen. Dazu braucht es intensive Gespräche mit möglichen Kandidaten. Dafür sollen die kirchlichen Verantwortlichen sorgen. Das ist nicht Sache einer Bewegung, wie wir das sind.

Übrigens ist Gefahr ist gross, dass ein Kandidat, den wir ins Spiel brächten, zum Vornherein abgeschossen würde – so wie diese Politik funktioniert.

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