Der Brief von «Kirche mit* den Frauen» ist endlich beim Papst

St. Gallen/Rom, 26.11.16 (kath.ch) Lange war unklar: Hat der Papst vom Pilgerprojekt «Kirche mit* den Frauen» etwas mitbekommen? Seit gestern ist klar: Er hat. Der Bündner Kapuziner Mauro Jöhri hat ihm am Freitagmorgen den Brief der am Projekt Beteiligten überreicht. In der Pause einer Audienz von Ordensoberen. Das freut die Initiantin des Pilgerprojekts, Hildegard Aepli.

Regula Pfeifer

Jöhri gelang es, den Brief anlässlich einer Audienz von 140 Ordensgenerälen Papst Franziskus zu übergeben, wie er kath.ch gegenüber erzählt. Der Schweizer Kapuziner ist Präsident der weltweiten Union der Ordensoberen und vertritt als solcher alle Männerorden beim Papst.

Er habe Franziskus die blaue Schachtel mit dem Brief während der Pause der Audienz übergeben, in Anwesenheit von vielen Ordensoberen, sagt Jöhri. «Ich sagte dem Papst, das sei der Brief der Frauen, die nach Rom gepilgert sind. Darin stehe, dass Frauen ernster genommen werden wollten bei den Entscheidungen, die in der Kirche getroffen werden.» Franziskus habe Schachtel und Brief angenommen. Jöhri fragte nach, was er denn jetzt den Verantwortlichen mitteilen solle. «Da sagte er so spitzbübisch zu mir», erzählt Jöhri und zitiert den Papst: «Sag ihnen, ich habe es in Empfang genommen. Und das Nächste, was ich mache, ist: Ich lese den Brief.»

Mauro Jöhri zitiert den Papst: «Das Nächste, was ich mache, ist: Ich lese den Brief.»

Der Papst habe davon gewusst, erklärt Jöhri. Er habe ihm vor etwa einem Monat einen eigenen Brief mit anderem Inhalt geschickt und darin auch die baldige Überreichung des Briefes von «Kirche mit* den Frauen» mitgeteilt.

Auf Umwegen zum Papst

Der Brief an den Papst wurde zum offiziellen Abschluss des Pilgerprojekts «Kirche mit den Frauen» am 2. Juli anlässlich einer Messe im Petersdom verlesen. «Wir bitten Sie, in den Institutionen des Vatikans und in gesamtkirchlichen Entscheidungsprozessen dafür zu sorgen, dass künftig Frauen mitwirken, mitgestalten und mitentscheiden können», heisst es darin und: «Wir bitten Sie, entsprechende Ermutigungen und Weisungen auch für die Ortskirchen zu geben.» Während der Messe legte Hildegard Aepli, die Initiantin des Pilgerprojekts, den Brief zusammen mit symbolischen Gegenständen in eine Kiste und übergab sie dem St. Galler Bischof Markus Büchel.

Dieser übergab die Kiste an Damian Keller weiter, einem Schweizer Kapuziner im Kloster Wesemlin in Luzern. Keller ist Provinzvikar der Schweizer Kapuziner und Verantwortlicher für die Brüder der Deutschschweiz sowie Postulatsleiter aller deutschsprachigen Kapuzinerprovinzen. Er ist in der Arbeitsgruppe des Projekts «Kirche mit den Frauen» aktiv. Keller übergab seinem Mitbruder Mauro Jöhri den Brief zuhanden des Papstes.

Mauro Jöhri, der als Präsident der weltweiten Union der Ordensoberen in Rom wohne, bürge dafür, dass der Brief dem Papst persönlich übergeben werde, sagte Bischof Büchel am 2. Juli. Mit der Einschätzung lag er richtig, wie die Übergabe am Freitag zeigt.

Initiantin ist erfreut

Hildegard Aepli äusserte sich gegenüber kath.ch erfreut über die erfolgte Übergabe. «Ich finde das eine total schöne Wertschätzung seitens von Mauro Jöhri», erklärt sie.

Zu wissen, dass der Papst von «Kirche mit den Frauen» erfahren hat, war ihr und auch vielen anderen sehr wichtig, wie Aepli erklärt. Bisher gab es kein Wissen, nur Spekulationen, betont sie. Jetzt hofft die Initiantin des Pilgerprojekts, dass der Papst – wie an der Übergabe versprochen – den Brief liest und so erfährt, welch grossen Einsatz die beteiligten Frauen und Männer geleistet haben, um das Anliegen eines stärkeren Einbezugs von Frauen in die Kirchenangelegenheiten zu transportieren.

Mauro Jöhri will auch nach der Briefübergabe an der Sache dranbleiben. Er werde beim Papst deswegen nachfragen, sobald er Gelegenheit dazu habe, versichert er gegenüber kath.ch. Er teile das Anliegen von «Kirche mit den Frauen». Jöhri war dabei, als am 2. Juli in Rom das Pilgerprojekt «Kirche mit den Frauen» seinen offiziellen Abschluss fand, auf der Piazza del Popolo und in der Kirche Santa Maria Sopra Minerva.

Auch der Kapuzinerorden bemüht sich um die Förderung der Frauen in seinen Reihen. «Wir sind seit Jahren daran, die Klosterfrauen zur Ausbildung nach Rom zu holen. Dies obwohl sie in geschlossenen Klöster leben», erklärt der Präsident der weltweiten Ordensoberen. Die Ausbildung in Rom sollte die Ordensschwestern unter anderem dazu befähigen, selbständig ihre eigenen Satzungen neu zu formulieren. Das Ausbildungsprojekt laufe sehr gut, so Jöhri.

Das Pilgerprojekt «Kirche mit den Frauen» startete am 2. Mai in St. Gallen und endete am 2. Juli in Rom. Unterwegs gesellten sich abschnittweise weitere Pilgerer und Pilgererinnen zum Kernteam hinzu. Das Pilgerprojekt wurde im August für den Herbert-Haag-Preis 2017 nominiert.

Kopie des Briefes als pdf brief-an-papst

Hildegard Aepli: «Ich gehe davon aus, dass der Papst nichts von uns weiss»

Video: Der Schweizer Kapuziner, der alle Männer-Orden beim Papst vertritt

 

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