Berns Parlament will im Münster tagen

Bern, 14.10.16 (kath.ch) Die religiösen Symbole sollen im Berner Münster hängen bleiben, falls der Stadtrat im kommenden Sommer dort tagt, sagt der Berner Gemeinderat Reto Nause. Die Kanzel soll nicht benützt werden. Ein Rednerpult genügt nach Ansicht des Berner Sicherheitsdirektors.

Georges Scherrer

Im kommenden Jahr wird das 600 Jahre alte Rathaus renoviert. Das Stadtparlament, der Stadtrat, muss auswärts tagen. Im Gespräch ist das Berner Münster. Es handle sich vorläufig um einen Vorschlag aus den Ratsreihen, sagte Nause gegenüber kath.ch. Die Machbarkeit, nicht zuletzt die technischen Fragen, müssten erst geprüft werden.

Wir leben in einem Land, dessen Werte auf christlichen Traditionen fussen

Das Mitglied der Berner Stadtregierung sieht kein Hindernis dafür, dass das Stadtparlament in einer Kirche einzieht. «Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass in unserem Staat Kirche und Staat klar getrennt werden sollten, aber wir leben in einem Land, dessen Werte auf christlichen Traditionen fussen», sagt der Protestant, der in der CVP politisiert. Er habe keine Mühe damit, dass ein Rat in einem Sakralgebäude tage. Insbesondere nicht, wenn es eine einmalige Angelegenheit aus Platzgründen ist, so Nause.

Kanzel ist Predigern vorbehalten

Es stellt sich die Frage, ob die Politiker von der Kanzel ihre Voten verkünden sollen. Diese Idee findet der Berner Politiker nicht gut. Nause spricht sich dafür aus, dass ein Rednerpult aufgestellt wird. Für die Grünliberalen sitzt Patrick Zillig im Stadtrat. Er ist Diakon der christkatholischen Kirchgemeinde Bern. Er freut sich auf «inspirierende Debatten im Berner Münster» und bedankt sich bereits jetzt für das Gastrecht bei der Münstergemeinde, sollte es zu dieser Sitzung kommen. Jedenfalls wäre es eine «gute Sache», wie er gegenüber kath.ch sagte.

Das Münster habe in früherer Zeit auch als Versammlungsort verschiedener Behörden gedient. Zudem habe die Religion unbestritten auch eine politische Dimension, so Zillig. Wie Nause ist auch Zillig der Auffassung, dass die Kanzel den Predigern vorbehalten bleiben solle.

Keine Tücher im Münster

Es bleibt die Frage, ob religiöse Symbole in der Kirche während der Ratsdebatte abgedeckt werden sollen. Künftig sollen in Luzern in der Abdankungshalle des Friedhofs Friedental christliche Symbole abgedeckt werden, wenn Benützer dies wünschen. Das hat der Stadtrat Luzern entschieden.

Solange kein Gottesdienst in die Debatte integriert wird, ist dies kein Problem

Berns Politiker folgen im Fall des Münsters diesem Vorbild nicht. «Da die Politik Gastrecht im Berner Münster geniesst, stellt sich für mich die Frage nach einer Abdeckung der religiösen Symbole nicht», erklärte Zillig gegenüber kath.ch. Auch Nause findet, dass religiöse Symbole während der Debatte «auf keinen Fall» versteckt werden sollen. «Wir geniessen dort Gastrecht und da bin ich nicht der Meinung, dass dies angemessen wäre. Ausserdem tagt der Stadtrat ja nicht regelmässig in der Kirche. Es ginge um eine einzige Sitzung.»

Debatte ohne Gottesdienst

Für den Freidenker und Alt-Stadtrat Michael Köpfli (GLP) ist die Wahl des Münsters eine pragmatische Lösung. «Solange kein Gottesdienst in die Debatte integriert wird, ist dies kein Problem», sagte Köpfli gegenüber der Zeitung «Der Bund«. Das Münster sei nicht nur eine Kirche, sondern auch ein schönes historisches Gebäude.

Organisieren möchte die Sitzung im Münster der designierte Stadtratspräsident Christoph Zimmerli (FDP) «Das gibt sicher eine stimmungsvolle Debatte», meinte er gegenüber der Zeitung. Ob die religiöse Umgebung die Entscheidungsfindung beeinflussen wird, dürfte unklar sein. Gemeinderat Reto Nause hat diesbezüglich eine klare Meinung: «Das glaube ich nicht.»

Im Berner Münster finden jährlich bis 1500 Veranstaltungen statt. Im kommenden Jahr stehen im Münster die Feiern zum Jubiläum «500 Jahre Reformation» an.

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https://www.kath.ch/newsd/berns-parlament-tagt-muenster/