Frauenbunds-Präsidentin hat Energie für vier

Weinfelden TG, 17.10.16 (kath.ch) An der Spitze des Schweizerischen Katholischen Frauenbundes (SKF) steht seit Ende Mai die ehemalige CVP-Politikerin, Unternehmerin und Familienfrau Simone Curau-Aepli. Mit ihrem Elektro-Mini kurvt die Ostschweizerin durch Weinfelden und erzählt aus ihrem Leben. Der Weg führt von der Familienfirma über die Genossenschaftsbeiz bis zu ihrem Riegelhaus.

Regula Pfeifer

Die sonnengebräunte, grosse Frau mit hellem Kraushaar empfängt die Journalistin am Bahnhof und schlägt gleich eine Runde mit ihrem Mini-Elektroauto vor. Die neue Präsidentin des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF) ist bereit, ihren Lebensmittelpunkt vorzustellen. Der liegt weiterhin in Weinfelden, auch wenn sie inzwischen rund alle zehn Tage nach Luzern reist, an den Sitz des SKF.

Curau-Aepli steuert ihr Mini-Auto ins Industriegebiet der Thurgauer Kleinstadt. Sie öffnet die Tür zur Curau AG, eine auf Wärme- und Schalldämmung spezialisierte Firma, die sie mit Ehemann Beat Curau führt. Er, der operative Geschäftsleiter, arbeitet gerade am Computer, die Sekretärin ebenso. Alle Facharbeiter seien auf dem Bau, sagt Verwaltungsrätin Curau-Aepli; normalerweise stünden mehrere Lieferwagen auf dem Parkplatz. «Unsere Firma ist ein typisches KMU», erklärt sie beim Gespräch im unscheinbaren Sitzungsraum. Dass sie einen Fuss da drin hat, betont sie gern. Auch dass sie die Schalldämmung der Nothaltestellen im neuen Gotthardbasistunnel realisieren konnten, will sie nicht verschweigen.

Keine Lust auf «Grüezi, Fräulein»

Von 1988 bis ins Jahr 2000 war Simone Curau-Aepli für die Administration der Firma zuständig. Dann hatte sie genug. Sie konnte es nicht mehr ertragen, mit «Grüezi, Fräulein» angesprochen und nach dem Chef gefragt zu werden, wie sie freimütig erklärt. Nach acht Jahren bei der Caritas Thurgau kehrte sie zurück ins Familiengeschäft. Nun leitet sie als Verwaltungsratspräsidentin in einem 30-Prozent-Einsatz die Geschäftsleitungssitzungen und kümmert sich um Personal- und strategische Fragen. Sie habe das Privileg, weniger zu verdienen, da ihre Kinder selbstständig seien – und sie auch kein Bedürfnis nach Statussymbolen habe, sagt die Unternehmerin und Politikerin. Die Teilzeit im Familiengeschäft lässt ihr Zeit für ehrenamtliche Arbeit.

Auch das tut die 55-Jährige mit Elan. Zehn Jahre lang war sie Präsidentin der CVP-Frauen Thurgau; von 2009 bis 2013 zudem Vizepräsidentin der CVP-Frauen der Deutschschweiz. Das führte die Politikerin 2013 direkt in den Vorstand des SKF – «als Quereinsteigerin», wie sie sagt. «Sie suchten für die Ressorts Politik und Finanzen eine Frau mit Erfahrung», so Curau-Aepli. Der Auftrag war, die SKF-Frauen für politische Themen zu interessieren und zum politischen Einstieg zu ermächtigen. Gleichzeitig wollte der SKF «den gläsernen Boden zur Basis» durchstossen und die Frauen in den Ortsvereinen besser erreichen.

Federführend bei der Demonstration «Es reicht!»

Auch an einer kirchenpolitischen Aktion war Curau-Aepli bald federführend beteiligt. «Segen statt Brot» starteten sie, Regula Grünenfelder und Jacqueline Keune vor zweieinhalb Jahren gemeinsam. Die Aktion führte im März 2014 zur Kundgebung der Allianz «Es reicht!» in St. Gallen, die unter anderem die Einsetzung eines Administrators im Bistum Chur verlangte. Ausgelöst hatte dies Bischof Vitus Huonder mit seiner Aufforderung, kirchlich «irregulär» lebende Personen müssten bei der Kommunion mit gekreuzten Armen vor den Priester treten. «So etwas geht einfach nicht», empört sich Curau-Aepli noch heute und verwirft die Hände.

Ebenfalls an vorderster Front dabei war sie bei den Vorbereitungen zur Lohngleichheits-Demonstration am Tag der Frau 2015 in Bern. Dabei machte sich der SKF mit dem Lied «Das bisschen Haushalt macht sich von allein» für die Anerkennung der unbezahlten Haus- und Familienarbeit stark. Gut möglich, dass der SKF unter Curau-Aeplis Leitung auch nächstes Jahr auf die Strasse geht, diesmal für die Altersvorsorge 2020, wie sie selbst in Aussicht stellt. Wer die Vorschläge des Nationalrats zum Thema sehe, dem komme «das Grauen». Auch für mehr Frauen in der Politik bei den Wahlen 2019 kämpft die Politikerin bereits.

Gut möglich, dass der SKF unter Curau-Aeplis Leitung auch nächstes Jahr auf die Strasse geht.

Übrigens beteiligte sich die Katholikin an der Rom-Pilgerreise für «Eine Kirche mit* den Frauen». Aus eigenem Antrieb, der SKF hatte sich anfänglich dagegen entschieden. Ihr aber gefielen der neue Weg und die Tonalität in dieser Sache. «Da geht es ums Frauenstimmrecht in der Kirche», ist sie überzeugt.

Von all dem erzählt Curau-Aepli bereitwillig. Doch dann drängt die energiegeladene Frau weiter. Mit der Journalistin im Rücksitz des Miniautos kurvt sie zur Genossenschaftsbeiz «Frohsinn» und setzt sich an einen roten Tisch im Garten. Den «Frohsinn» haben sie und ihr Mann in den 80er-Jahren mitbegründet, hier war sie rund 17 Jahre im Vorstand aktiv. Mitgearbeitet habe sie bis zur Selbstausbeutung und für elf Franken die Stunde, so Curau-Aepli. Sie habe aber nie das Gefühl gehabt, zu wenig zu haben, auch wenn damals nur einfache Ferien in der Schweiz in Frage kamen. Die im «Frohsinn» vertretenen Werte sind ihr bis heute wichtig: biologisch Essen, Ökologie, Fairtrade, Frauenraum, Kultur und partizipative Führung. Die Beizzeiten sind vorbei; heute spricht sie per Sie mit der jungen Frau im Service.

Von der Mädchenschule zum Frauenverband

Die SKF-Präsidentin ist nicht zufällig in weiblicher Gesellschaft aktiv. Frauenräume sind ihr wichtig; sie befürwortet auch Männerräume. «Es tut gut, in einem Frauenraum zur Frau heranzuwachsen», sagt sie. Im Alter von 13 bis 19 Jahren besuchte sie die katholische Mädchensekundarschule St. Katharina in Wil SG, danach die Handelsmittelschule Talhof in St. Gallen. Ihre Erfahrungen zogen sich weiter – unter anderem bei den feministischen Feiern der Frauenkirche Thurgau in Weinfelden und bei einem feministischen Theologiekurs in Luzern in den 90er-Jahren.

Ich kann Hilfe annehmen

Die Frauenkirche eröffnete der gläubigen Ostschweizerin eine «neue Dimension im Glauben und Feiern», wie sie sagt. Sie entdeckte die Ursprünge der christlichen Feiertage in den acht Jahreskreisfeiern, «die alles Leben als Teil der Schöpfung würdigt», so Curau-Aepli. Und sie lernte die weibliche Seite Gottes kennen, zu der auch die Natur gezählt wird. (siehe Interview).

Die Frauenkirche eröffnete der Ostschweizerin eine «neue Dimension im Glauben und Feiern.»

Die Frau ist Mutter von vier erwachsenen Kindern – und packt auch in diesem Bereich tatkräftig an. Aus dem ehemaligen Lagergebäude nebenan entsteht ein Zweifamilienhaus, aus dem denkmalgeschützten Riegelhaus ebenfalls. Ein Sohn mit Familie und eine Tochter mit Partner ziehen dort ein. Auch die Familiennachfolge in der Curau AG ist bereits auf gutem Weg.

Hand in Hand mit Ehemann

Woher nimmt die Ostschweizerin die Energie für all diese Aufgaben? «Ich bin von meiner Konstitution her leistungsfähig», sagt Curau-Aepli. In der Familienphase habe sie zudem gelernt, Hilfe anzunehmen, von den Eltern, Freunden, einer Reinigungsfrau – «und natürlich meinem Mann», fügt sie hinzu. Ihren Ehemann hatte sie in der kirchlichen Jugendarbeit kennen gelernt. Sie hätten immer Hand in Hand gearbeitet, im Geschäft und in der Familie. Beat Curau ist als CVP-Politiker ebenso unterwegs wie sie. Das letzte gemeinsame Essen sei bereits ein paar Tage her, sagen die beiden beim Fondue, das der Herr in Kürze hingezaubert hat, und diskutieren am Stubentisch über den Seitensprung mit Folgen ihres Parteipräsidenten.

«Mein Gottesbild hat sich immer mehr geweitet»

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