Wahlprozedere für den Bischof von Chur und damit verbundene Hoffnungen

Chur, 9.2.17 (kath.ch) Am 21. April wird der Churer Bischof Vitus Huonder 75 Jahre alt. Dann muss er seinen Rücktritt beim Papst einreichen. Anders als in den übrigen Schweizer Bistümern wirkten im «Hof» in Chur in den vergangenen Jahrzehnten Bischöfe, die umstritten sind. Darum wird die Wahl des Nachfolgers von Huonder äusserst kritisch beobachtet.

Georges Scherrer

Wie in den beiden Schweizer Diözesen St. Gallen und Basel ist das Domkapitel auch im Bistum Chur an der Wahl des neuen Diözesanbischofs beteiligt. Ein Teil des Klerus würde es jedoch vorziehen, dass ein Apostolischer Administrator während einer gewissen Zeit über die Geschicke des Bistums wacht, damit vor der Wahl des neuen Bischofs eine Beruhigung in der zerstrittenen Diözese eintreten kann.

Das Vorgehen bei der Wahl des Bischofs von Chur ist im päpstlichen Dekret «Etsi salva» vom 28. Juni 1948 festgelegt. Nach der Annahme des Rücktritts des amtierenden Bischofs von Chur durch den Papst erkundigt sich jeweils der Apostolische Nuntius, zur Zeit ist das Thomas E. Gullickson, in der Schweiz nach geeigneten Kandidaten. Ihm ist freigestellt, wie er dabei vorgeht. Das Ergebnis seiner Befragungen meldet er der Kongregation für die Bischöfe in Rom. Dort wird unter den Vorschlägen eine Auswahl getroffen. Der Nuntius muss anschliessend Referenzen zu den ausgewählten Kandidaten einholen. Aufgrund dieser Ergebnisse erstellt der Vatikan eine Liste mit drei Kandidaten. Aus dieser Liste wählt dann das 24-köpfige Churer Domkapitel den neuen Bischof.

Dem Domkapitel gehören neben den sechs «residierenden Domherren» Domherren aus den verschiedenen Bistumskantonen an. Das Bistum Chur umfasst die Kantone Zürich, Schwyz, Glarus, Graubünden, Uri, Ob- und Nidwalden.

Viel Lärm bei Ernennung von Haas und Huonder

Bei der Ernennung von Wolfgang Haas zum Bischof von Chur im Jahr 1990 wurde das Domkapitel umgangen. Denn Papst Johannes Paul II. ernannte 1988 mit Haas den damaligen Bischöflichen Kanzler unter Diözesanbischof Johannes Vonderach zum Weihbischof und Bischofs-Koadjutor mit Nachfolgerecht. Seit diesem Zeitpunkt ist es zum offenen Streit zwischen der Bistumsleitung und den Bistumskantonen gekommen. Letztere beklagen, dass das Bistum mit Haas und dem aktuellen Bischof Vitus Huonder durch sehr konservative und wenig kooperative Bischöfe geführt wurde beziehungsweise werde.

Auch bei der Wahl von Vitus Huonder im Jahr 2007 zum Bischof von Chur wurde Unmut laut. Neben Vitus Huonder seien auf der Dreierliste zwei Geistliche aufgeführt worden, die für das Domkapitel nicht wählbar waren.

Ein Administrator als Joker

Damit sich die Situation im Bistum beruhigt, soll als Zwischenlösung ein Apostolischer Administrator eingesetzt werden. Das fordern verschiedene kirchliche Kreise im Bistum Chur. Von einem Administrator für das Bistum will jedoch der aktuelle Apostolische Nuntius in Bern, Erzbischof Thomas E. Gullickson, nichts wissen. Das erklärte er gegenüber einer Delegation der Allianz «Es reicht» bei einem Treffen am 6. Februar.

Eine Art Übergangslösung kannte das Bistum Chur bereits. Als Nachfolger des äusserst umstrittenen Wolfgang Haas wurde 1998 der ehemalige Westschweizer Bischof Amédée Grab gewählt. Grab war bei seiner Wahl bereits 68 Jahre alt und würde somit keine zwanzig Jahre Bischof sein, hiess es damals. Unter ihm glätteten sich die Wogen. Ob die Einsetzung eines Administrators die Lösung für das Bistum bringen wird, ist offen. An der Wahl des Bischofs bleiben das Domkapitel und der Apostolische Nuntius beteiligt. Die jüngeren Mitglieder des Kapitels und auch der Nuntius stehen möglicherweise noch lange im Amt und werden ihre Meinung darüber, wer Bischof werden soll, kaum ändern.

Das letzte Wort hat der Papst. Es könnte sein, dass er um die gespannte Situation im Bistum weiss und darum für einen geeigneten Nachfolger von Huonder sorgt.  (gs)


Sonderrechte bei Bischofswahlen im deutschsprachigen Raum

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