36/2001

INHALT

Verstorbene

P. Koloman Ferenc Cserháti OFM

 

Ferenc Cserháti wurde am 21. Juni 1930 in Eger (Erlan) Ungarn geboren. Nach den Gymnasialstudien, die er mit der Matura beendete, trat er in die Franziskanerprovinz vom hl. Johannes Kapistran in Ungarn ein. Im Noviziat in Szècsèny erhielt er den Namen Kálmán, Koloman. Am 27. August 1949 legte er die Einfachprofess im Franziskanerorden ab und begann anschliessend das Theologiestudium in Gynöygyös. Nach einem guten Jahr musste er sein Studium in Esztergom fortführen, da das Haus in Gynöygyös aufgelöst wurde. Am Fest Maria Geburt des Jahres 1952 verpflichtete er sich endgültig dem Ideal des hl. Franz von Assisi, indem er in seinem Orden die Feierliche Profess ablegte. Ein Jahr später, am 23. August 1953, wurde er mit knapp 23 Jahren zum Priester geweiht.
Der junge, talentierte Br. Kálmán wurde dann mit dem Weiterstudium der ungarischen und deutschen Sprache beauftragt. In diesem Zeitraum arbeite er eifrig als Jungendseelsorger. Seine grosse Kontaktfähigkeit und sein heiteres Wesen machten ihn zu einem sehr beliebten Seelsorger. Er organisierte auch verschiedene Jugendgruppen, die in der kommunistischer Ära nicht besonders gern gesehen waren. Das hatte Restriktionen zur Folge. Nach 1958 lehrte er in den ordenseigenen Gymnasien in Esztergom und Szentendre. 1965 unternahm er eine Italienreise, von der er dann nicht mehr nach Ungarn zurückkehrte. Über die Schweiz wollte er weiter nach Amerika auswandern. So weit kam er allerdings nicht. Die Schweiz sollte für ihn in den nächsten 36 Jahren zur zweiten Heimat werden. Da der Ungarmissionar von Bern kurz vorher verstorben war, bat der damalige Oberseelsorger der Ungaren, Mgr. Nicolaus Pfeiffer, man möge P. Cserháti als Ungarseelsorger für die rund 1000 Gläubigen der Region Bern belassen. Die Ordensobern gaben ihm dazu die Erlaubnis.
Mit grossem seelsorgerlichem Eifer begann P. Koloman die Ungarseelsorge in Bern und Umgebung auf- und auszubauen: «Ich bin froh, wenn man mich stört.» So lautete dann 1999 die Überschrift zu seinem Tätigkeitsbericht, der in einem Artikel in der Schweizerischen Kirchenzeitung veröffentlicht wurde. Das war eigentlich sein Seelsorgemotto. Er gibt wieder, was P. Koloman für die ungarischen Gläubigen all die Jahre getan hat. Er zeigt aber auch einen typischen Charakterzug von ihm: Er wollte ganz für die Menschen da sein: ob Ungare oder Schweizer, Alt oder Jung, einfach für jeden und jede, die ihn brauchten. Für die Nöte und Sorgen verschiedenster Art war er stets offen. Schwieriges meisterte er mit seinem Humor und seiner Lebensfreude. Die Jugend lag ihm zeitlebens am Herzen. Er erteilte Kindern voller Begeisterung noch bis kurz vor seinem Tod Religionsunterricht. Er gründete auch eine Pfadfindergruppe. Ihre geistliche Betreuung gehörte zu einer seiner Lieblingsbeschäftigungen. In all seinem priesterlichen Tun strahlte der Verstorbene etwas von der Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes aus. Über 35 Jahre hat er sich uneingeschränkt und selbstlos für die Ungarmission in Bern und Umgebung hingegeben. Er war auch gerne bereit, in den Schweizer Pfarreien auszuhelfen. Eigentlich hätte er nach der Wende wieder definitiv in seine Heimat Ungarn zurückkehren können; er blieb aber hier, weil er bei «seinen» Landsleuten in der Schweiz bleiben wollte, die «ihren» Seelsorger brauchten. In der Zwischenzeit war er auch Schweizer Bürger geworden. Umso mehr schmerzte es ihn dann, als 1998 die Ungarmission von der Landeskirche aufgelöst wurde. Solange es seine Krankheit aber zuliess, hat er mit allen Kräften alle Bereiche der Seelsorge an den ungarisch sprechenden Mitchristen weiter wahrgenommen. Eine grosse Zahl von Gläubigen, Priestern und Franziskanern aus Ungarn und der Schweiz nahmen dann am 16. März 2001 in der Dreifaltigkeitskirche Bern im Beerdigungsgottesdienst von diesem unermüdlichen, franziskanischen Seelsorger Abschied. Seine sterbliche Hülle ruht nun im Priestergrab auf dem städtischen Bremgartenfriedhof.
Im letzten Mitteilungsblatt der Ungarmission vom Februar 2001 hat er als schwer Kranker seinen Gläubigen gleichsam sein geistliches Vermächtnis hinterlassen. Er sagt da unter anderem: «Es ist wichtig zumindest in der Fastenzeit der Leiden Jesu zu gedenken, den Kreuzweg zu gehen. In der Bewunderung des Kreuzes lernen wir uns mutig aufzuopfern. Wir lernen zu leiden, zu sterben, um aufzuerstehen.»

Gottfried Egger


© Schweizerische Kirchenzeitung - 2001