25/2001

INHALT

Kirche und Staat

Die Mandatssteuer - ein Januskopf

von Erwin Tanner

 

Zurzeit findet in den Kantonen Basel-Stadt<1> und Zug<2> im Rahmen der Revisionen des Verfassungsrechts eine Debatte um die Einführung der so genannten Mandatssteuer statt. Es handelt sich dabei inhaltlich und gehaltlich um eine allen natürlichen und juristischen Personen vom Staat gesetzlich auferlegte, von ihm im Einzelfall festzusetzende und einzuziehende Abgabe einer bestimmten Geldsumme zugunsten von ihnen innerhalb eines staatlich festgelegten Kreises frei wählbarer staatlich oder nicht staatlich eingebundener Leistungsendempfängern zur Deckung der diesen aus der Erfüllung von Aufgaben im gesellschaftlichen und kulturellen Bereich entstandenen Ausgaben.
Die folgenden Ausführungen wollen in der gebotenen Kürze im Sinne eines vorläufigen Denkanstosses aus der Sicht eines in der Gemeindepraxis tätigen katholischen Theologen und sich am Institut für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht der Universität Freiburg i.Ü. mit religionsrechtlichen Fragen beschäftigenden Juristen nur, aber immerhin, einige Vor- und Nachteile aufzeigen.

1. Basel zum Beispiel

Der Text des 1. Zwischenberichts der Verfassungsratskommission «Religionsgemeinschaften und Bildung» des Kantons Basel-Stadt zum Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften vom 9. Januar 2001 (S. 15) lautet:

«A Mandatssteuer

Sämtliche natürlichen und juristischen Personen entrichten eine vom Staat erhobene Mandatssteuer. Die Steuerpflichtigen sind frei, die Mandatssteuer

Der Staat verteilt die Mittel an die mandatsfähigen Institutionen nach Massgabe der Steuermasse, welche die Steuerpflichtigen den einzelnen Institutionen bzw. dem Staat gewidmet haben.

B Mitgliedschaftssteuer bei Bedarf

Die öffentlichrechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften sind berechtigt, von ihren Mitgliedern zusätzlich eine Mitgliedschaftssteuer einzufordern. Die Steuerordnung, welche die Mitgliedschaftssteuer regelt, unterliegt der Genehmigung durch den Regierungsrat.»

 

2. Das Bestechende

Auf den ersten Blick hat dieses Rechtsgebilde etwas Bestechendes.

 

3. Die Tücken

Bei genauerer Betrachtung weist dieses Institut allerdings einige Tücken auf.

 

4. Die Bilanz

So stellen sich endlich die Kernfragen, ob von der «Mandatssteuer» überhaupt als Steuer im Rechtssinne gesprochen werden kann und was der Wortbestandteil «Mandat» eigentlich (vor allem für die Glaubensgemeinschaften bzw. Kirchen) rechtlich bedeutet. Diesen Fragen kann hier infolge des beschränkten Platzes nicht mehr nachgegangen werden; eine etwas ausführlichere Auseinandersetzung dazu und zum Ganzen soll in einer juristischen Fachzeitschrift zu einem späteren Zeitpunkt erscheinen.

Insgesamt sprechen die vorliegenden Überlegungen einstweilen gegen die Einführung der «Mandatssteuer».

 

Erwin Tanner, lic. iur. utr. et lic. theol., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kirchenrecht und Staatskirchenrecht der Universität Freiburg i.Ü.


Anmerkungen

1 Als Materialien seien hier erwähnt der 1. Zwischenbericht der Verfassungsratskommission «Religionsgemeinschaften und Bildung» des Kantons Basel-Stadt zum Verhältnis zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften vom 9.1.2001 (Verfassungsrat des Kantons Basel-Stadt, B/NR. 601); die am 30.10.2000 an vorstehende Kommission gerichtete Stellungnahme der öffentlichrechtlich anerkannten Religionsgemeinschaften (Evangelisch-reformierte, Christkatholische, Römisch-Katholische Kirche und Israelitische Gemeinde) zur künftigen Ausgestaltung der religionsrechtlichen Ordnung in einer totalrevidierten baselstädtischen Kantonsverfassung; K. Sahlfeld, Abklärungen zu Handen des Verfassungsrats des Kantons Basel-Stadt (ohne Datum); s. auch K. und W. Sahlfeld, Zur Mandatssteuer in Basel: Wie funktioniert sie in Italien?, in: Basler Zeitung vom 12.3.2001, Nr. 60, S. 3.

2 S. Motion von Josef Lang: Für die Achtung der Glaubens- und Gewissensfreiheit beim Steuergesetz und für die Gleichberechtigung der Religionsgemeinschaften vom 5.2.2001 (Kanton Zug, Vorlage 872.1 und Laufnummer 10443).


© Schweizerische Kirchenzeitung - 2001