35/2001

INHALT

Pastoral

Veränderte pastorale Perspektiven im Zeichen der Erwachsenentaufe

von Martin Kopp

 

Zwei Schriften befassen sich in kurzer Folge mit einem Thema, das sich in Frankreich schon längst als zukunftsträchtig erweist, das aber ­ spätestens seit der «Wende» um 1990 ­ zu einer dringlichen Anfrage an die Kirche in den deutschsprachigen Ländern geworden ist: die Erwachsenentaufe und der dazugehörige Katechumenat. Im Herbst 2000 veröffentlichte das Österreichische Pastoralinstitut im Auftrag der Österreichischen Bischofskonferenz den «Leitfaden Erwachsenenkatechumenat»<1>, im Frühjahr 2001 folgte eine «Arbeitshilfe» der deutschen Bischöfe mit dem Titel «Erwachsenentaufe als pastorale Chance. Impulse zur Gestaltung des Katechumenats»<2>.
Es ist zu vermuten, dass in der Schweiz in der nächsten Zeit kaum analoge Veröffentlichungen folgen werden, da das Thema weder bei den Bischöfen noch an der Basis lebhaftes Echo gefunden hat. Es mag hier daran erinnert werden, dass in der deutschsprachigen Schweiz seit langem eine aus Seelsorgern gebildete Arbeitsgruppe besteht, über die hier schon referiert wurde, und die eng mit der in der Suisse Romande seit vielen Jahren intensiv wirkenden Katechumenatsbewegung zusammenarbeitet. Im Unterschied zur deutschsprachigen Schweiz hat der Erwachsenenkatechumenat in der Westschweiz in der Pastoral der Diözesen einen festen Platz.
Wenn in der Diözese Basel nun ein diözesaner Prozess mit dem Titel «Als Getaufte leben» im Gang ist, dann ist es wohl an der Zeit, auch hierzulande den von den beiden deutschsprachigen Veröffentlichungen zur Sprache gebrachten «Perspektivenwechsel» ernst zu nehmen. Darum ist ein Blick auf die beiden Schriften von Nutzen.

Eine Wiederentdeckung

Von einer Wiederentdeckung der Taufe spricht das österreichische Papier, das unter der Leitung von Weihbischof Helmut Krätzl in Wien erarbeitet worden ist. Die Taufe als das ganze christliche Leben grundlegende Sakrament will neu in den Blick genommen werden, und zwar so, dass die pastoraltheologische Aufmerksamkeit gewissermassen von der Kindertaufe weg zur Erwachsenentaufe «hinwandert». Man kann so von einer Neubewertung der Taufwirklichkeit im Christwerden und Christsein sprechen. Erwachsene sind durch die Taufe neu herausgefordert.
Das österreichische Papier will die Taufe grundlegend als Einladung von Seiten Gottes verstanden wissen, als sein Geschenk, wie es uns die Tauftheologie des Neuen Testaments seit jeher nahe legt, was aber heute durch uns Christen existenziell neu anzueignen ist. Der Leitfaden will diese Rückbesinnung in der ganzen Breite verstanden wissen: im Sinn der Tauferinnerung, der Tauferneuerung, wie immer eine solche gestaltet sein mag, der Rückkehr zur Taufe, wie sie «Revertiten» vollziehen, der Wege, die eine Konversion nahe legt, für Menschen schliesslich, die, obwohl getauft, dem Glauben und der Kirche ferne gestanden hatten. Erstrangig fasst diese Schrift aber die eigentlichen Katechumenen in den Blick, die, gesamteuropäisch gesehen, immer zahlreicher werden, wenn sie auch in Österreich, nicht viel anders als in der Schweiz, vorläufig eher in bescheidener Zahl vorhanden sind.
«Gott sagt etwas», davon geht der Leitfaden aus Österreich aus. Unterschiedlich erfahren Menschen den persönlichen Anruf von Seiten Gottes (vgl. S. 5). Dabei sei die Pfarrgemeinde der vorzügliche Ort, «Christwerden zu lernen». Auch Klöster, Gemeinschaften, Bewegungen könnten ­ analog dazu ­ einen solchen Dienst leisten. Entscheidend, so wird festgehalten, sei, dass es in den Gemeinden Begleitpersonen gebe, die ihrerseits am Glauben interessiert seien. Solche «Begabungen» gelte es in den Gemeinden zu entdecken. Diesen «einladenden Christen», die gewissermassen als Kontaktstellen die am Glauben interessierten Menschen willkommen heissen, wird entscheidende Bedeutung zugemessen. Es könne nie darum gehen, Strategien zur Gewinnung neuer Mitglieder zu entwickeln. Es gehe darum, Menschen, die kommen, als Geschenk und Anruf Gottes an die Kirche zu verstehen (vgl. S. 6).
«Katechumenen kommen quasi von aussen. Sie erinnern die Christen an ihre Taufe und an die Perspektiven, die darin begründet sind. Sie helfen ihren Begleitern und den sie annehmenden Gemeinden, das eigene Christsein neu zu entdecken» (S. 6). Die erwachsenen Taufbewerber führen uns zum eigenen Christsein zurück, so lässt sich der Perspektivenwechsel benennen, den die österreichischen Bischöfe im Erwachsenenkatechumenat erkennen.

Ein kirchliches Beziehungsgeschehen

Die Taufbewerber kommen mit Erwartungen. Von den Christen erwarten sie schlicht ein Leben als Christen. Sie erwarten aber auch, dass man ihnen den Glauben verständlich macht. «Katechumenen sind Gott begegnet» (S. 7), davon geht der Leitfaden aus. Der Katechumenat ist die Konsequenz aus dieser Gottesbegegnung. So ist die Freiheit Gottes und die Freiheit des Katechumenen gleichermassen zu achten. Darum kann dieses Geschehen nicht gesteuert, sondern bloss begleitet werden. Dennoch wird der Katechumenat zu Recht ein «kirchliches Beziehungsgeschehen» genannt, er ist nie Einzelunternehmen zwischen Katechumenen und Hauptamtlichen (vgl. S. 7). In einem so aufgefassten Katechumenat soll nach dem Leitfaden auch Platz sein für Revertiten, Menschen also, die wieder in die Kirche eintreten wollen, für Konvertiten, für erwachsene Firmkandidaten.
Eindrücklich legt der Leitfaden aus Österreich dar, mit welcher Sensibilität dem begegnet werden soll, der kommt: «Jeder Mensch ist willkommen. Er wird angenommen, wie er ist. Er hat seine Geschichte, seinen Weg mit Gott ­ ob dies bewusst ist oder nicht» (S. 9). Die Motive, sich auf der Suche nach dem Glauben an die Kirche zu wenden, sind tatsächlich vielfältig. Erste Gespräche sollen klären, sollen den Weg für weitere Entscheidungen dieses Menschen ebnen. In keiner Weise kann gedrängt werden; darum soll auch das Tempo für einen weiteren Weg wesentlich vom «Interessenten» selber bestimmt werden. Verlangt wird schliesslich bloss die Bereitschaft, anzufangen, sich auf den Weg einzulassen, sowie das Bemühen, die Glaubensgemeinschaft und grundlegende Glaubensansichten kennen zu lernen (vgl. S. 12).
Es erstaunt nicht, dass der österreichische Leitfaden sein vorrangiges Interesse auf die Begleitung der Katechumenen richtet. Diese besteht zunächst in einer Rückfrage an die Gemeinde (vgl. S. 13): Wie willkommen sind solche Menschen? Und: Wie zeigt sich das Gesicht der Pfarrei? Wie wird da vor allem Gott Raum gegeben? Weiter: Ist das ein Insider-Kreis, stellt sich dem Interessenten eine Insider-Sprache in den Weg?
Schliesslich bleibt die Frage: Welche Menschen werden diesen möglichen Taufbewerbern offen genug begegnen und sie für die Dauer eines Katechumenats im Glauben begleiten? Patenschaft kann hier neu entdeckt werden. Der Pfarrer seinerseits wird als erste Ansprechperson genannt. Er soll «geistlicher Gesprächspartner» bleiben und grundsätzlich für den Katechumenat und nicht weniger für die darauf folgende «mystagogische Phase» Sorge tragen, auch wenn zunächst die begleitende Gruppe zum «Lernort des Glaubens» wird. Zur Begleitergruppe schreibt der Leitfaden: «Eine Gruppe bildet gleichsam eine Balance zwischen ­ möglicherweise ­ vertraulichen Gesprächen mit einem persönlichen Begleiter und der Kommunikation mit der Gemeinde bzw. Kirche im grösseren Sinn» (S. 16). Eine solche Begleitergruppe im Katechumenat stellt ein «Stück Kirche» dar. Wenn eine Einzelpfarrei glaubt, die Kräfte dazu nicht zu haben, kann es solche Gruppen auch in einer Region geben.
Der Leitfaden beschreibt sodann den, der gegebenenfalls persönlicher Begleiter sein soll: «Er soll ein einfacher, gläubiger Christ sein» (S. 17). Wichtiger als Kompetenz im engeren Sinn sei das «Erleben eines Christen». Dieser Begleiter soll im Leben stehen und eine christliche Spiritualität leben, ohne andere religiös unter Druck zu setzen. «Er ist zu einer einfachen elementaren Katechese fähig» (S. 18). In dieser Form kann er über die verschiedenen Etappen des Weges begleiten. Möglicherweise wird er später Pate sein. Die Gemeinde soll ihrerseits in die Begleitung eines Katechumenen eingebunden sein: überall, wo durch sie der Katechumene dem Glauben und der Kirche begegnet. Die Offenheit der Gemeinde kann sich unter anderem ausdrücken in den Feiern, die den Katechumenat begleiten (vgl. S. 20).
Wenn der Bischof der «ordentliche Spender der Taufe und der Firmung von Erwachsenen» (CIC 863, 882) genannt wird, dann soll er am Katechumenatsprozess teilhaben. Dabei ist es für den österreichischen Leitfaden wesentlicher, dass wirkliche Begegnungen zustandekommen, als dass der Bischof selber die Taufe spendet. Die beste Möglichkeit zur Begegnung wird in der Feier der Zulassung zur Taufe zu Beginn der österlichen Busszeit gesehen.
Sorgfältig geht der Leitfaden darauf ein, wie die Treffen mit den Katechumenen, vorab in der Begleitergruppe, vorbereitet und durchgeführt werden können. Zum einen gehören dazu Echtheit und Offenheit der Gesprächspartner, sei es in der Gruppe, sei es des persönlichen Begleiters, zum anderen geht es bezüglich der Inhalte um die elementaren Erfahrungen des Glaubens: Wie sieht mein Leben aus? Was sagt mir die Bibel, Gott, Jesus Christus, der Heilige Geist? Was ist für mich Umkehr und Versöhnung? Glaube ich an die Überwindung des Bösen durch Gott, auch konkret in meinem Leben? Katechumenen wollen die Kirche ausserdem in ihrer Liturgie, in den Sakramenten als heiliges Zeichen kennen lernen.
Schliesslich interessiert sie, was es heisst, als Christ zu leben, einen neuen Lebensstil zu finden.

Den Weg liturgisch feiern

Die liturgischen Feiern, die einen katechumenalen Weg «strukturieren», bilden einen weiteren Abschnitt im österreichischen Leitfaden: Sie geben wesentliche Struktur und lassen den Katechumenen innerlich tief betroffen mitgehen: In einer Zeit der «Erstverkündigung», das heisst des ersten geäusserten Interesses, auch «Vorkatechumenat» genannt, bei dem der Kandidat Kontakt zu Christen gewinnt, soll die Gemeinde seinen Weg mit ihrem Gebet und ihrer Aufmerksamkeit begleiten.
Etwa ein Jahr vor der möglichen Feier der Taufe soll die Aufnahme in den Katechumenat stattfinden: Die Kandidaten lassen sich verbindlich auf einen Vorbereitungsweg ein. Das Zeichen des Kreuzes, die Übergabe des Evangeliums sowie andere mögliche Zeichen begleiten diesen Schritt. Für die Zeit der nun folgenden, entfernteren Vorbereitung sind weitere Riten möglich: etwa Stärkungsriten, etwa mit Öl, die Übergabe des Glaubensbekenntnisses, des Vaterunsers. So soll deutlich werden, dass auch diese Gebete aus dem lebendigen Vollzug der Kirche empfangen werden (vgl. S. 31­34).
Am Beginn der Fastenzeit, zu deren Abschluss die Initiationssakramente gespendet werden sollen, ist die Feier der Zulassung zur Taufe angesetzt. An dieser Stelle wird betont, dass diese Feier zusammen mit dem Bischof und in einer intensiveren Begegnung mit ihm gestaltet werden könne. Skrutinien als Stärkungsfeiern sind während der Fastenzeit ebenso sinnvoll. Was sonst in der Osternacht als Erneuerung des Glaubensbekenntnisses gefeiert wird, kann bereits am Karsamstag als «Wiedergabe des Glaubensbekenntnisses» durch die Katechumenen begangen werden. Die Osternacht ist dann «Zeitpunkt und Ort der vollen christlichen Initiation durch Taufe, Firmung und Teilhabe am eucharistischen Mahl» (vgl. S. 34).
Dass Wege im Glauben nicht nur in einem Katechumenat beschritten werden können, ist dem Leitfaden aus Österreich wohl bewusst. Tauferinnerung und Tauferneuerung können für alle Christen bei unterschiedlichen Gelegenheiten erfolgen und wachsen aus der Wegsituation von Einzelnen und Gemeinschaften heraus.

Nachchristliche Gegebenheiten in Deutschland

Die Impulse zur Gestaltung des Katechumenats aus dem Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz gehen von der Feststellung aus: «Der Katechumenat ist zum Thema geworden» (S. 7): Diffuse nachchristliche Religiosität im Westen und ausgesprochene Minderheitensituation der Christen im Osten Deutschlands kennzeichnen die Lage. Die Seelsorge kann je länger umso weniger auf volkskirchliche Selbstverständlichkeiten zurückgreifen. Der deutsche Leitfaden hält fest: «Es braucht auch andere Formen des Christwerdens ­ als Ausdruck der missionarischen Öffnung der Kirche. Ein solcher Weg ist der Weg der Erwachseneninitiation im Katechumenat, wie er im Auftrag des Zweiten Vatikanischen Konzils unter Rückgriff auf die altkirchliche Form erneuert worden ist» (S. 12).
Konkret werden mögliche Taufbewerber genannt: Es gibt immer mehr Ungetaufte aus dem nachchristlichen Milieu, für die die Kirche offen sein soll. In Deutschland sind es zudem diejenigen, die aus dem nachchristlichen Milieu der ostdeutschen Bundesländer kommen. Spezifisch für Deutschland sind auch Russlanddeutsche, die als Aussiedler in den Westen gekommen sind. Schliesslich werden Menschen aus den vielfältigen anderen Kulturkreisen in den Blick genommen. Die Motive all dieser Menschen, sich für die Taufe zu interessieren, können sehr unterschiedlich sein. Auch der deutsche Leitfaden betont, wie wichtig der Respekt vor der Lebensgeschichte des Einzelnen von Seiten der Gemeinde sein soll (vgl. S. 14).
Die Arbeitshilfe der deutschen Bischöfe nimmt eine gute geschichtliche und liturgische Situierung des Katechumenats vor (vgl. S. 15­17). Bei der Beschreibung der Phasen und Stufen des Katechumenats geht sie ebenfalls von einer Erstverkündigung aus, an deren Abschluss die Feier der Aufnahme unter die Katechumenen steht. Im Folgenden wird der Katechumenat ähnlich beschrieben, wie es schon das österreichische Dokument tut. Etwas mehr Gewicht legt die deutsche Arbeitshilfe auf die der Taufe folgende Phase der mystagogischen Vertiefung, die im strikten Sinn zwischen Ostern und Pfingsten angesetzt wird (vgl. S. 18­20).

Die Lebensgeschichte ist Glaubensgeschichte

Als «Weg des Christwerdens» ist der Katechumenat zu beschreiben. Dabei geht das Handeln Gottes jeder Hinkehr zum christlichen Glauben voraus. Das Hineinfinden in eine christliche Identität ist jedoch mit einem langen Prozess verbunden, der für einen erwachsenen Menschen immer wieder als eigentlicher «Bekehrungsweg» bezeichnet werden kann. Das gilt genauso für den, der sich, wie auch immer, vom Glauben entfernt hat. Die Arbeitshilfe der deutschen Bischöfe legt dar, es gehe darum, die eigene Lebensgeschichte seit jeher als Glaubensgeschichte verstehen zu lernen. Sie folgert daraus aber auch, dass der genaue Verlauf und die Dauer des Katechumenatsweges deshalb nicht schon von vorneherein festgelegt werden können. Das Prozesshafte will beachtet sein. Nur so sei die richtige Gewichtung der Sakramente im Zusammenhang der Prozesse des Christwerdens und des Kirchewerdens möglich. Auch wenn nun die Vielfalt der Biografien eine strenge Festlegung verbietet, so wird doch aus der Erfahrung ein etwa einjähriger Katechumenatsweg empfohlen.
Weil der Katechumenat nicht in einer blossen Erläuterung des Glaubens bestehen kann, sondern ebenso in einer genügend langen Einübung ins christliche Leben, so geht es auch dieser Arbeitshilfe um die Verknüpfung aller Bereiche: der Lebensgeschichte, der Botschaft des christlichen Glaubens, des Erlebnisses des Kirchenjahres in den gottesdienstlichen Feiern, des Gebetes, das heisst um den vielfältigen Vollzug des wachsenden Glaubens.
Die Themen des Katechumenats werden, wiederum summarisch, wie folgt beschrieben: meine Lebensgeschichte, Gottes Wirken in ihr, meine Auseinandersetzung mit der biblischen Botschaft in der Liturgie, das Hineinwachsen in Gebet und gottesdienstliche Feier. Dazu gehört auch, dass ich als Katechumene darauf schaue, wonach Christen ihr Leben ausrichten, und nachfrage, wie der christliche Lebensstil für mich konkret werden kann. Der Glaube des Katechumenen wird vertieft durch das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis. Der Taufbewerber wirkt mit bei der Vor- und Nachbereitung der gottesdienstlichen Feiern im Katechumenat. Er vertieft seine Taufe und Firmung in der Folge der Osternacht auf einem mystagogischen Weg und gewinnt so Zugang zu allen Sakramenten. Schliesslich: er lässt sich senden und gibt Zeugnis aus einem gewachsenen Glauben.

Glaubensbegleitung

Wie das österreichische Dokument schenkt die deutsche Arbeitshilfe der Wegbegleitung in der Katechumenatsgruppe erste Aufmerksamkeit. Christwerden, wo wird gesagt, geschieht in der Erfahrung mit und in der Gemeinschaft, ist auch menschlich gesehen Beziehungsgeschehen, immer schon zurückgebunden an die «Gemeinschaft mit dem Vater und seinem Sohn Jesus Christus» (1 Joh 1,3; vgl. S. 24).
Die Notwendigkeit von Begleitpersonen für die ungetauften Erwachsenen wird auch im deutschen Dokument entfaltet. Lebens- und Glaubenserfahrungen sollen durch sie geteilt werden: vornehmlich in Katechumenatsgruppen, die aus Menschen im persönlichen Umfeld des Bewerbers, aber auch aus interessierten Gemeindegliedern besteht. Es kann sein, dass für diese Aufgabe eine bestehende Gruppe in Frage kommt, oder dass eine Gruppe sich dafür bereithält. Eine Katechumenatsgruppe soll den Regelfall darstellen, im Sinn eines «exemplarischen Lernortes des Christwerdens» (vgl. S. 25). Dem Leiter, der Leiterin kommt die besondere Verantwortung für die Einhaltung der jeweils richtigen Schritte zu. Paten können ebenso aus der Katechumenatsgruppe herauswachsen. Wer den Katechumenen so begleitet, wird «Glaubensbegleiter» genannt: Auch er ist Empfangender, sodass zu folgern ist: «Die Bekehrung eines Nichtchristen zum christlichen Glauben schliesst die Bekehrung derer mit ein, die schon Ðbekehrtð sind» (S. 26).
Ausführlich spricht die deutsche Arbeitshilfe von den liturgischen Feiern auf dem Katechumenatsweg, ausgehend von der Feststellung: «Gebet und Gottesdienst sind für das Christwerden unverzichtbar» (S. 27). Katechumenat ist Zeit der Einübung in das persönliche Gebet: Zum freien Gebet soll ermutigt und ebenso sollen vor allem wichtige Grundformen christlicher Gebetspraxis kennen gelernt werden. Darum die Wichtigkeit der Übergabe des Glaubensbekenntnisses und des Vaterunsers! In den liturgischen Feiern soll der Glaube als Geschenk Gottes erfahren, verdankt, gefeiert werden. Im Fürbittgebet der Gemeinde für die Katechumenen darf sich die Zusage bewahrheiten: «Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen» (Mt 18,20).
Nach der Zeit der Erstverkündigung wird den Bewerbern bei der Feier der Aufnahme unter die Taufbewerber gesagt, dass sie jetzt schon von der Gemeinschaft angenommen sind, zu der sie gehören wollen (vgl. S. 28). Die Feier sollte im Rahmen des Sonntagsgottesdienstes der Gemeinde stattfinden. Dieser Feier der Aufnahme gehen Begegnungen mit den Verantwortlichen der Gemeinde voraus, um so noch einmal deutlich zu machen, dass die Bewerber in der Kirche willkommen sind. Wie in der österreichischen Wegleitung wird ein besonderer Wert auf die Zeichen in dieser Feier und in der folgenden Zeit gelegt, damit die Katechumenen so die Zuwendung Gottes durch die Zeichen der Kirche erfahren können (vgl. S. 30).

Glaubensgeschichte und kirchliche Gemeinschaft

Die Feier der Zulassung zu den Sakramenten des Christwerdens schliesslich leitet die unmittelbare Vorbereitung ein, die mit dem Beginn der österlichen Busszeit zusammenfällt. In dieser Zeit soll die wechselseitige Beziehung zwischen persönlicher Glaubensgeschichte und der Communio der Kirche sichtbaren Ausdruck finden: indem die Kirche diesen Glaubensweg des Katechumenen bestätigt. Das kann zum Ausdruck kommen, indem, wie schon im österreichischen Papier angeregt, der Ortsbischof die Feier der Zulassung leitet. Dabei kann diese Feier durch eine Statio in der Pfarrkirche eingeleitet und durch die Feier in der Bischofskirche abgeschlossen werden (vgl. S. 31­33).
Die Feiern in der Zeit der näheren Vorbereitung, in der Regel innerhalb der österlichen Busszeit, kennen Stärkungsriten oder Skrutinien: Die Abkehr von allem, was im Widerspruch steht zum Leben aus dem Geist Christi, soll gestärkt werden. Der Karsamstag kann gestaltet werden etwa durch den Effata-Ritus, durch die Wiedergabe des Glaubensbekenntnisses, durch die Salbung mit Katechumenenöl. Liturgie und biblische Texte dieser Zeit prägen diese nähere Vorbereitung ganz stark (vgl. S. 33f.).
«Ziel und Höhepunkt des Katechumenats ist die Besiegelung des Christwerdens in der Feier der drei Sakramente: Taufe, Firmung und Eucharistie» (S. 34). Durch sie wird der Bewerber in das Volk Gottes, die Kirche eingegliedert. In der Osternacht wird die mitfeiernde Gemeinde eindrücklich daran erinnert, was es bedeutet, als getaufte und gefirmte Christen zu Jesus Christus zu gehören und an seinem eucharistischen Mahl teilzunehmen. Die drei Sakramente sollen in aller Regel in dem einen Gottesdienst der Osternacht gefeiert werden.
Die Sonntage nach Ostern erhalten für die Neugetauften ihre Bedeutung, indem diese an der sonntäglichen Eucharistiefeier der Gemeinden im vollen Sinn teilnehmen. Die Eucharistie soll ihnen nun in den «mystagogischen Katechesen» erschlossen werden (vgl. S. 35). So wird die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten zu einem vertiefenden mystagogischen Weg. Den Jahrestag der Taufe kann man erinnern, indem man die sakramentale Busse feiert (vgl. S. 36).
Unter dem Leitwort «dem Katechumenat Gestalt geben» wird im deutschen Papier die Gemeinschaft der Gläubigen als Lernort des Glaubens noch einmal hervorgehoben. Katechumenatsgruppe und Gemeinde sind für den, der hinzukommt, die erfahrbaren Orte der Kirche. Ist aber eine Gemeinde katechumenatsfähig?, wird gefragt. Die Antwort entscheidet sich daran, wie lebendig sie ist, in welcher Art Gottesdienst gefeiert wird, wie der christliche Glaube ins Gespräch kommt, wie Menschen miteinander umgehen, anhand von was zeichenhaft und konkret die Menschenfreundlichkeit Gottes erfahren wird (vgl. S. 38). Eine katechumenatsfähige Gemeinde ist einladend: «Der einladende Charakter ist zugleich der Ausdruck für die notwendige missionarische Öffnung der Gemeinde nach aussen» (S. 38). Die deutsche Arbeitshilfe sieht es als sinnvoll an, wenn gegebenenfalls einzelne Gemeinden stellvertretend für andere die Begleitung ungetaufter Erwachsener übernehmen. Dass in Grossstädten zentrale Einrichtungen der Glaubensinformation und -beratung bestehen, wird als gegeben angenommen.
Die Ortskirche mit dem Diözesanbischof wird gemäss der Arbeitshilfe bei der zentralen Zulassungsfeier zu den Sakramenten und bei weiteren Begegnungen wahrgenommen, nicht notwendigerweise anhand der Taufe durch den Bischof selber (vgl. S. 39).

Eine pastorale Chance

Der Katechumenat wird vom deutschen Papier als ausgesprochene pastorale Chance bezeichnet. Auch wenn als Bedenken geäussert werde, solche Wege seien sehr arbeitsintensiv, sollten angesichts des Auseinanderdriftens von Kirche und Gesellschaft umso hoffnungsvoller solche «Wege beschritten werden, die nach den ÐZeichen der Zeitð und zum Christwerden und Kirchesein unter den veränderten Bedingungen einer pluralen Gesellschaft ermuntern» (vgl. S. 43). Wenn Erwachsene bewusst zum Glauben kommen und in freier Wahl Christ werden wollen, dann ist darin eine besondere Chance für den Glauben zu sehen. Dem persönlichen Ruf und Wachsen soll der Evangelisierungsauftrag der Kirche Antwort geben. Am Weg der Katechumenen ist uns die Chance geboten, diesen Auftrag neu zu erlernen. «Das hilft, den Blick über eine binnenorientierte Pastoral hinaus zu weiten» (S. 44). Exemplarisch und neu lässt die Mitfeier der Erwachsenentaufe die Bedeutung des Getauftseins für das Leben als Christ erfahren. Der Katechumenat kann in diesem Sinn ganz neu eine Durchdringung von Katechese und Liturgie bringen, im Sinn des Satzes: «Was wir feiern, zeigt, was wir glauben, und wie wir feiern, zeigt, wie wir glauben» (S. 45). So lehrten bereits die mystagogischen Katechesen der Kirchenväter.
«Kirche ist Mission», wird festgehalten. Der katholischen Kirche Deutschlands und insgesamt Westeuropas aber fehle die Überzeugung, neue Christen gewinnen zu können. Darauf dürfe aber letztlich nicht verzichtet werden. So kann im Sinn eines Korrektivs gesagt werden: «Der Katechumenat ist einer der Orte, wo missionarische Formen des Christwerdens und Christseins wieder erfahrbar werden können» (S. 46).
Der Katechumenat vermittelt den getauften Christen zudem, wie sehr unter den aktuellen Bedingungen persönliche Einsicht und Entscheidung für den christlichen Glauben unabdingbar sind, ebenso wie der Austausch mit andern Glaubenden, der sich an Glaubenserfahrungen orientiert. Genau darin besteht aber der «Lernweg» des Katechumenats: Er kommt den Erwachsenen, die als Kleinkinder getauft worden waren, zu Hilfe, um neu ihr Christsein leben zu lernen. Weihbischof Paul Wehrle aus Freiburg, wo bereits ein Jahr zuvor dem Thema eine eigene Wegleitung gewidmet worden war, bringt es auf den Punkt: «Im Verlauf des Katechumenates wird auf exemplarische Weise deutlich, wie Kirche entsteht ­ Katechumenat ist ÐKirche im Werdenð. Diese ermutigende Erfahrung braucht es heute inmitten einer weltanschaulich pluralistischen Situation» (S. 47f.).
Im Blick auf die schweizerische Situation erscheint eine breiter abgestützte Belebung des Katechumenats als zukunftsträchtig. Wir sind nicht ohne entsprechende Erfahrungen, vor allem im Blick auf die Westschweiz, aber auch im Hinblick auf den Katechumenat, soweit er bereits in der deutschsprachigen Schweiz praktiziert worden ist. Wichtige Erfahrungsbereiche sind sodann die katechumenalen Wege, die sich bei der Firmung junger Erwachsener auftun.
Missionarische Offenheit und Rechenschaft über unseren Glauben sind Leitworte, die für die schweizerische Wirklichkeit neu bedacht werden müssen. Sie sind eng verbunden mit der Erfahrbarkeit des Glaubens, wie sie sich aus der diakonischen Präsenz unserer Kirche ergibt.

 

Dr. theol. Martin Kopp ist Pfarrer und Dekan und Mitglied der Arbeitsgruppe Erwachsenenkatechumenat in der deutschsprachigen Schweiz.


Marga-Bührig-Förderpreis für Regula Grünenfelder

Für ihre Dissertation «Frauen an Krisenherden. Eine rhetorisch-politische Deutung des Bellum Iudaicum» wird Regula Grünenfelder mit dem Marga-Bührig-Förderpreis ausgezeichnet. Der Preis wird für herausragende Arbeiten im Bereich feministisch-theologischer Forschung vergeben. Regula Grünenfelder, Fachmitarbeiterin an der Bibelpastoralen Arbeitsstelle SKB in Zürich und Familienfrau, hat ihr langjähriges Forschungsprojekt im Frühjahr 2001 abgeschlossen.
Die von Elisabeth Schüssler Fiorenza (Harvard) und Max Küchler (Freiburg/Schweiz) betreute Untersuchung zur grossen Kriegsberichterstattung des Flavius Josephus leistet nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Kenntnis der Umwelt Jesu, dessen Zeitgenosse der jüdische Historiker Flavius Josephus war. Vielmehr macht sie auch erstmals Ergebnisse der feministischen Erforschung der Rhetorik von Kriegsberichterstattung für die Lektüre des antiken Textes aus der biblischen Welt fruchtbar: Wo und wie kommen Frauen und Kinder in diesen Texten ins Blickfeld? Welches ist der Fluchtpunkt der Ohnmacht? Wofür interessiert sich der Text? Was blendet er aus und verschweigt er? Wer hat welche Interessen an einer ausführlichen Chronik der Ereignisse? Diese Fragen sind nicht nur für die Bibelwissenschaft und die Kenntnis antiker Texte interessant, sondern haben durchaus aktuelle Bezüge, denn damals wie heute werden auch einzelne Ereignisse, Geschichten oder Gestalten vor dem Hintergrund einer Gesamtschau wahrgenommen und gedeutet: Jesus im Licht der Geschichtsschreibung von Flavius Josephus, die Situation irakischer Frauen während dem Golfkrieg im Licht der Berichterstattung von CNN ... Wer sich für den Frieden, für gewaltfreie Strategien und für den Schutz der Frauen und Kinder sowie der Zivilbevölkerung engagieren will, kann von einer geschärften Wahrnehmung für solche Zusammenhänge viel profitieren.
Die bisher noch unveröffentlichte Untersuchung soll im Jahr 2002 in Buchform erscheinen. Das Schweizerische Katholische Bibelwerk gratuliert Regula Grünenfelder für die Auszeichnung und hofft, dass dem gelungenen ersten grossen Forschungsbeitrag weitere folgen!

Daniel Kosch

Diesem Glückwunsch an ihre regelmässige Mitarbeiterin schliesst sich die Redaktion gerne an.


Anmerkungen

1 Herausgeber und Bezugsquelle: Österreichisches Pastoralinstitut, Stephansplatz 3/3, A-1010 Wien, Telefon 0043-1-515523751, Fax 0043-1-515523755, E-Mail oest.pastinst@bischofskonferenz.at

2 Herausgeber und Bezugsquelle: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Kaiserstrasse 163, D-53113 Bonn, Telefon 0049-228-103205, Fax 0049-228103330.


Für den Monat der Weltmission

von Martin Bernet

 

Der Slogan der Missio-Kampagne 2001 ­ «Miteinander reden ­ miteinander leben» ­ wurde zwar in der Schweiz formuliert, aber entdeckt hat ihn Missio eigentlich vor einem Jahr bei ihrer Fact-Finding-Reise im Libanon, Gastland der diesjährigen Kampagne. Bereits während des Bürgerkriegs (1975­1990) und bis heute in der schwierigen Phase des Wiederaufbaus haben Christen und Muslime im Libanon immer aufs Neue das Gespräch untereinander gesucht. Nie haben sie die Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft aller Libanesen aufgegeben. Ihr Einsatz und Zeugnis in einer multikonfessionellen und multireligiösen Gesellschaft sollen dieses Jahr Anstoss zur Vertiefung und Konkretisierung des weltumfassenden Solidaritätsgedankens geben, den die katholische Kirche am Sonntag der Weltmission weltweit pflegt.

Arbeitsheft

Fast ebenso bunt wie die kirchliche und religiöse Landschaft im Libanon präsentiert sich das neue Material der Missio-Kampagne zum Monat der Weltmission.<1> Es ist in den letzten Tagen bei allen Multiplikatoren und Pastoralverantwortlichen eingetroffen und wartet darauf, in den Pfarreien und Gruppen aktiv umgesetzt zu werden.
Wer sich mit dem Libanon befasst, kommt nicht umhin, die komplexe konfessionelle und religiöse Situation eingehender zu studieren. Der Libanonkenner Rolf Weibel, Redaktionsleiter der SKZ und Vizepräsident des Schweizerischen Heiligland-Vereins, bietet auf fünf Seiten einen differenzierten Überblick über die Geschichte des Libanon, in der die Kirchen und die Religionen seit Jahrhunderten eine hervorragende Rolle spielen.
Damit alle Gläubigen den Zusammenhang mit dem Gastland Libanon erfahren können, steht dieser Einstieg verkürzt auch am Anfang der Liturgie zum Sonntag der Weltmission. Diese enthält ausserdem Elemente aus dem orientalischen Ritus der maronitischen Kirche. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, den Friedensritus an den Anfang der Eucharistiefeier zu stellen, in der Vorstellung, dass die Eucharistie erst dann gefeiert werden kann, wenn die Gläubigen allen Unfrieden abgelegt haben und bereit sind, als versöhnte Gemeinschaft vor Gott hinzutreten.

Gebetskette

Das Arbeitsheft enthält ausserdem verschiedene Gebete und liturgische Elemente aus dem Libanon, die während des ganzen Monats Oktober frei in Gottesdienste eingebaut werden können. Die zahlreichen Gruppen und Gemeinden, die sich bereits für die Gebetskette in Gemeinschaft mit den Christen im Libanon angemeldet haben, werden ohne Zweifel damit arbeiten. Auch dieses Jahr wird im Oktober jeden Tag in der Schweiz wenigstens an einem Ort für und mit dem Libanon gebetet und gefeiert. Anmeldungen nimmt Missio bis am 15. September gerne entgegen.

Familiengottesdienst

Für den Monat der Weltmission hat das Katechetische Institut Luzern (KIL) zusätzlich einen Familiengottesdienst erarbeitet. Auf der Erfahrung der Christen im Libanon aufbauend, sollen die Kinder erleben, wie man Frieden machen und zusammen leben kann: «Fride mache ­ zäme läbe». Der Familiengottesdienst lädt ein, Frieden zu machen: «Dann leben wir nicht aneinander vorbei, sondern zusammen. Zusammen leben und immer wieder Frieden machen gehören zu unserem Leben. Nur wer Frieden macht, kann mit andern Menschen Gemeinschaft haben. Wer das nicht tut, der wird einsam.»
Die konkreten Erfahrungen der Christen und Muslime im Libanon im täglichen Zusammenleben sollen ein Ansporn für uns sein, auch in unserem Land und in unseren innerkirchlichen, ökumenischen und interreligiösen Bemühungen immer dialogfähig zu bleiben und uns bewusst zu sein, dass wir alle aufeinander angewiesen sind: Miteinander reden ­ miteinander leben!


Anmerkung

1 Auskunft und Nachbestellungen: Missio Schweiz-Liechtenstein, Route de la Vignettaz 48, Postfach 187, 1709 Freiburg 9, Telefon 026-422 11 20, Fax 026-422 11 24, E-Mail missio@missio.ch


Kirchliche Berufe fördern

von Weihbischof Martin Gächter

 

Seit einigen Jahren treffen sich die Verantwortlichen für die Förderung kirchlicher Berufe aus den verschiedenen Ländern Europas. Nach Slowenien (SKZ 1999, S. 487) und Innsbruck (SKZ 2000, S. 483) trafen sich vom 28. Juni bis 1. Juli 2001 im St. Patrick's College in Maynooth bei Dublin in Irland über 60 Vertreter und Vertreterinnen aus 20 Ländern Europas. EU-VOCATIO heisst dieses europäische Treffen für Berufungspastoral. Aus der Schweiz nahmen teil Abbé Pascal Desthieux, der scheidende Leiter des Service des Vocations de la Suisse Romande, und Weihbischof Martin Gächter, verantwortlich für Berufungspastoral in der Schweizer Bischofskonferenz.
Der Präsident der EU-VOCATIO, Bischof Alois Kothgasser aus Innsbruck, zitierte Papst Johannes Paul II., der in seinem neuen Schreiben «Novo millennio ineunte» (Januar 2001) in Nr. 46 die Wichtigkeit der Förderung der kirchlichen Berufe betont: «Es ist dringend notwendig, eine breit angelegte und engmaschige Berufungspastoral zu schaffen. Sie muss die Pfarreien, Bildungszentren und Familien erreichen...». EU-VOCATIO-Sekretär Dr. Rainer Birkenmaier (Freiburg i.Br.) nannte als Ziel dieses Treffens die Ausbildung von guten Begleitern und Begleiterinnen sowie Beratern und Beraterinnen der von Gott Berufenen. Eine geistliche Berufung ergeht von Gott an einzelne Menschen. Jeder Berufene braucht gute Begleiter, welche ihm helfen, auf den Ruf Gottes richtig zu reagieren. Weihbischof Martin Drennan (Dublin) konnte in seinen Betrachtungen zu den Berufenen im Neuen Testament in gut englischer Manier die Bibelauslegung mit lebensnahem Realismus verbinden. Das Ernstnehmen des Willens Gottes führt nicht zur Selbstentfremdung, sondern zur wahren Selbstfindung, wie auch die Theologin und Psychologin Sr. Cáit O'Dwyer betonte.
Im Erfahrungsaustausch wurde auf die gefährliche Situation aufmerksam gemacht, die durch den grossen Mangel an Priestern und andern kirchlichen Berufen entstehen kann. Es besteht die Gefahr, dass die Qualität der Berufungen sinkt. Die Kirche braucht ja so viele neue Mitarbeiter. Daher ist es wichtig, dass immer wieder Menschen bereit sind, im Geiste Jesu zu wirken. Es geht nicht einfach darum, den «kirchlichen Betrieb» weiterzuführen, sondern die Menschen wirklich mit dem Erlöser Jesus Christus zu verbinden.
Die Verantwortlichen für die Berufungspastoral im Vatikan, Don Rafaello Sacco und P. Eusebio Hernandez, brachten viele Anregungen für die besondere Bildung von Animatoren und Promotoren von kirchlichen Berufungen.
Neben den Erfahrungsberichten aus den verschiedenen Ländern Europas wurde besonders auf das Wirken der katholischen Kirche in Irland hingewiesen. Sie hat ja zahlreiche Berufungen für alle Länder der Welt hervorgebracht. Wir wurden daran erinnert, wie die katholische Kirche in Irland während vielen Jahrhunderten von einer kleinen englischen und anglikanischen Oberschicht stark bedrückt, zeitweise sogar verboten wurde. Diese Bedrängnis hat in Irland viel zur Stärkung des christlichen Glaubens und der katholischen Kirche beigetragen. So können auch heutige Schwierigkeiten neue Chancen und Hoffnungen für die Kirche hervorbringen.
Der Kongress hat nicht nur auf die aktuellen Schwierigkeiten hingewiesen, sondern auch die neuen Chancen und Notwendigkeiten in der Berufungspastoral aufgezeigt. Um überall im Geiste Jesu zu wirken, bleibt das treue Gebet um kirchliche Berufungen der unerlässliche Ansatz für jede Berufungspastoral.<1>


Anmerkung

1 Die nächsten Tagungen der EU-VOCATIO sind im Juli 2002 in Sarajevo und im Juli 2003 in Polen vorgesehen.


© Schweizerische Kirchenzeitung - 2001