5/2001

INHALT

Leitartikel

Was macht die Gemeinde zur Gemeinde?

von Wolfgang W. Müller

 

Die Frage nach der Identität der Gemeinde beschäftigt heute viele in der Kirche. Bistumsleitungen stehen vor dem Problem, Pfarreien schliessen zu müssen. Pfarreien erstellen für ihre pastoralen Bereiche Leitbilder und Profile. Die Frage, was eine Gemeinde zur Gemeinde macht, ist komplex. Anleihen, Sichtweisen und Ergebnisse von Human- und Sozialwissenschaften können zur Klärung dieser Frage beitragen. Der vorliegende Artikel möchte diese Fragestellung jedoch aus systematischer Sicht aufgreifen. Er versteht sich als Diskussionsbeitrag.
Der Begriff «Gemeinde» kam ­ in der Breite des Sprachgebrauchs ­ für katholische Theologie und Kirche ­ erst nach dem II. Vatikanum in die Mitte von Theorie und Praxis. Der Beitrag des II. Vatikanums liegt für unsere Fragestellung wohl darin, dass die Ekklesiologie des Konzils ein Doppeltes betonte: 1. Kirche verwirklicht sich konkret in der Ortskirche. 2. Diese Ortskirchen sind grundsätzlich in vollem und umfassenden Umfang katholische Kirche.
Im vorliegenden Artikel soll weder auf die äussere Nomenklatur des Begriffs eingegangen werden noch der Begriff «Gemeinde» im soziologischen Sinn erörtert werden. Es soll jedoch kurz der Wechsel aufgezeigt sein, den der Begriff der Gemeinde für das Verständnis von Kirche (im Sinne von erfahrbarer Kirche, Kirche vor Ort) in Absetzung zu dem mehr klassischen Begriff Pfarrei mit sich brachte<1>. Der Begriff Pfarrei wird im CIC/1983 noch immer als der Standardbegriff verwandt, um jene Realität zu beschreiben, um die es sich in unserer Fragestellung dreht.

  1. Gegenüber dem mehr einseitig rechtlich-institutionell interpretierten Begriff der Pfarrei umschreibt der Begriff «Gemeinde» nicht so sehr das Moment einer territorial umschriebenen Verwaltungseinheit, sondern der im gemeinsamen Glauben wurzelnde, freie Zusammenschluss von Personen, die sich zum Evangelium Jesu Christi bekennen.
  2. Versteht man vielleicht den Begriff «Kirche» zu sehr als über der Wirklichkeit schwebend und als hypostasiertes Subjekt, liegt der Akzent beim Begriff der Gemeinde mehr in den konkreten Bedingungen und Strukturen der Kirche.
  3. Gegenüber einem primär lokal und juridisch ausgelegten Verständnis von Pfarrei kann «Gemeinde» solche Faktoren besser in sich vereinigen, die für die gegenwärtige Pastoral von grosser Bedeutung sind: Ereignischarakter des Glaubens, der gefeiert wird; im Ereignis realisiert sich immer wieder die neu zu bildende Gemeinschaft. Es handelt sich dabei um eine offene und deshalb auch missionarische Struktur.
  4. Mit der Rede von der Gemeinde wird nicht so sehr ein starres Strukturbild transportiert, sondern es wird die aus Glaube und Taufe entspringende Würde und Gleichheit aller in Jesus Christus als Fundament des gemeinschaftlichen Lebens betont, ohne jedoch schon die Notwendigkeit eines spezifischen Amtes und besonderer Dienste zu leugnen.
  5. Die traditionelle Konzeption der Pfarrei ging, nicht zuletzt in dörflichen Strukturen, von einer Identität von Ortskirche und politischer Gemeinde (Bürgergemeinde usw.) aus. Die heute in diesem zivilen Bereich anstehenden Umstrukturierungen begünstigen ebenfalls die Annahme des Wortes «Gemeinde» auch im kirchlichen Bereich. Für den eidgenössischen Kontext ist jedoch auf eine Besonderheit hinzuweisen. Der Begriff «Gemeinde» ist anders besetzt. «Es erinnert», so Leo Karrer, «an die staatskirchliche ÐKirchengemeindeð und zuerst natürlich an die zivile Gemeinde, die ­ ... ­ im eidgenössischen föderalistischen Kontext emotional ein ganz anderes praktisches Gewicht hat als in den anderen übrigen deutschsprachigen Ländern.»<2>

Im Anschluss an das II. Vatikanum spricht man zwar von Teilkirche, nicht aber von Einzelgemeinde im Sinne der Pfarrei, die ganz in ihrer Abhängigkeit vom Bischof als dem Vorsteher der Teilkirche gesehen wird.<3> Der heutige Gebrauch der Begriffe Pfarrei, Gemeinde, Teilkirche versteht sich jeweils als Ausdruck einer Ekklesiologie, die mindestens implizit die sozialen Formen, Ebenen und Kompetenzen von Kirchesein bestimmt oder selbst von ihnen mitgeprägt wird. Die Häufigkeit des Begriffs «Gemeinde» kann nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass eine Theologie der Gemeinde, trotz vieler Ansätze, noch in den Anfängen steckt. Der Begriff Gemeinde ist noch längst nicht integraler Bestandteil jeder Ekklesiologie, so wurde/wird die Realität der Gemeinde mit einer Fülle von pastoralen Erwartungen aufgeladen, dass in der Folge davon die so konzipierte Sozialgestalt christlicher Gemeinde zu einer Real-Utopie wurde.<4> So gehen die Positionen zur theologischen Qualifizierung der Gemeinde sehr weit auseinander. Hatte Ferdinand Klostermann 1964 die These «Prinzip Gemeinde» aufgestellt, spricht Ferdinand Reisinger 1983 von der Gefahr, dass das «Reich Gottes an der Gemeinde sterbe»<5>. Fragen wir in einer kritischen Bestandsaufnahme, was nüchtern zum Selbstverständnis, zum Profil einer Gemeinde gehört, was künftig in Theorie und Praxis für das Gemeindeverständnis weiter vermittelt werden kann.

1. Theologisches Profil

Als systematisch-theologische Kriterien für das ekklesiale Verständnis ergeben sich aus dem Zueinander von Kirche und Gemeinde zunächst die Grundweisen ekklesialer Existenz ganz allgemein: leiturgia, diakonia, martyria/Zeugnis. Diese drei Grundweisen sind gleichursprünglich und stehen in einem gegenseitigen Beziehungsverhältnis. Neben dieser Gleichzeitigkeit kann es in der realen Situation einer bestimmten Gemeinde in manchen Phasen bestimmte Akzentsetzungen geben. Jede Gemeinde steht im Schnittpunkt dieser drei Grundfunktionen, zu der viele Einzelaufgaben gehören (Profil, Leitbild einer Gemeinde usw.). Diese drei zentralen Grundmodi gemeindlichen Seins sind nicht nur formale Grössen einer theologischen Profilbestimmung der Gemeinde, sondern es kommen ihnen gleichfalls gemeindebildende Funktionen zu. Eine wirkliche Gemeinde wird durch diese drei Modi erst auferbaut. Diese drei Grundfunktionen verdichten sich am tiefsten in der Eucharistiefeier der Gemeinde. Ausgehend von dieser Sichtweise soll in diesem Artikel als Definition des Gemeindeverständnisses folgender Satz vorgelegt werden: «Eine Gemeinde ist eine Versammlung, die Liturgie feiert.»<6>
Damit ist zunächst nicht ausgesagt, dass unser Gemeinschaftssinn die Sakramentalität kirchlichen Lebens schafft oder ermöglicht, sondern dass zuallererst die Gegenwart Christi in Wort und Sakrament uns zu einer tiefen Gemeinschaft zusammenfügt. Ist die Eucharistie Aufgipfelung des liturgischen Tuns, Gipfel und Quelle christlicher Existenz, so wird hierbei öffentlich das Herrsein Jesu Christi bekannt, sagt die Gemeinde Lob und Dank, von hier schöpfen Christen im Gedächtnis des Todes und der Auferstehung des Herrn die Kraft der Hingabe für den Dienst der Liebe. Hier gehen leiturgia, diakonia und martyria in eins.
Als theologische Identität der Gemeinde gilt klassischerweise die Pfarrei als elementare Form der Verwirklichung von Ortskirche. Dennoch bleibt die Pfarrei eingegliedert in die Orstkirche. «Da der Bischof nicht immer und nicht überall in eigener Person den Vorsitz über das gesamte Volk seiner Kirche führen kann, so muss er diese notwendig in Einzelgemeinden aufgliedern. Unter ihnen ragen die Pfarreien hervor, die räumlich verfasst sind unter einem Seelsorger, der den Bischof vertritt; denn sie stellen auf eine gewisse Weise die über den ganzen Erdkreis hin verbreitete sichtbare Kirche dar. ... Es ist darauf hinzuarbeiten, dass der Sinn für die Pfarrgemeinschaft vor allem in der gemeinsamen Feier der Sonntagsmesse wachse» (SC 42, vgl. LG 28). LG 26 beschreibt die theologische Identität wie folgt: «Diese Kirche Christi ist wahrhaft in allen rechtmässigen Ortsgemeinschaften der Gläubigen anwesend, die in der Verbundenheit mit ihren Hirten im NT auch selbst Kirchen heissen. Sie sind nämlich je an ihrem Ort, im Heiligen Geist und mit grosser Zuversicht (vgl. 1 Thess 1, 5), das von Gott gerufene neue Volk. In ihnen werden durch die Verkündigung der Frohbotschaft Christi die Gläubigen versammelt, in ihnen wird das Mysterium des Herrenmahls begangen, Ðauf dass durch Speise und Blut des Herrn die ganze Bruderschaft verbunden werdeð [Mozarabische Oration: PL 96, 759 B]. In jedweder Altargemeinschaft erscheint unter dem heiligen Dienstamt des Bischofs das Symbol jener Liebe und jener ÐEinheit des mystischen Leibes, ohne die es kein Heil geben kannð [Thomas von Aquin, STh III, q. 73, a.3]. In diesen Gemeinden, auch wenn sie oft klein und arm sind oder in der Diaspora leben, ist Christus gegenwärtig, durch dessen Kraft die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche geeint wird» (LG 26). Die konkrete Wirklichkeit der Gemeinde lässt sich anhand dieser fünf Elemente umschreiben, die in der Zitation des LG-Zitates anklingen. Diese Elemente sind strukturbildend zu verstehen:

  1. Jesus Christus als Einheitsgrund und Herr der Gemeinde. In Jesus Christus haben die Menschen die einende Versöhnung mit Gott und untereinander gefunden und erfahren. Die Sammlung der Gemeinde besteht in diesem Zusammenhang nicht kraft irgendeiner naturgewachsenen, historisch gewordenen oder geheimen mystischen Identität, sondern durch Glaube, Hoffnung und Liebe Jesus Christus gegenüber.
  2. Die Gemeinde ist pneumatologisch zu bestimmen. Die reale Erfahrung des Kirche-Seins ist neben der christologischen Begründung ebenfalls auch pneumatologisch bestimmt. Der Geist ist jene Kraft, die vereint, versöhnt, zusammenruft...
  3. Evangelium: Die Verkündigung und Bezeugung des Evangeliums in Wort und Tat ist ebenso konstitutiv für das Gemeinde-Sein. Das Verständnis des Wortes Gottes ist nie einfach als «fertig» und vorhanden zu betrachten, sondern immer wieder neu zu verkünden und zu hören. In diesem Sinne kann mit M. Luther davon gesprochen werden, dass die konkrete Gemeinde eine Schöpfung des Wortes sei («creatura Verbi»).
  4. Eucharistie: In der Feier der Eucharistie bündelt sich Wort und Sakrament. Die Eucharistie ist Aufgipfelung einer sakramentalen Sichtweise der Nachfolge Jesu wie Grund jeglichen liturgischen Tuns. Von der Feier der Eucharistie leiten sich auch die anderen sakramentalen Feiern in der Gemeinde ab (vgl. LG 11).
  5. Amt: Das Dienstamt gehört konstitutiv zur Realität der Gemeinde. Es ist ein Grundsatz katholischer Ekklesiologie, dass Gemeindeleitung und Vorsitz der Eucharistie an das ordinierte Amt gebunden sind. Das Amt darf aber nicht isoliert von der Gemeindewirklichkeit konzipiert und erfahren werden. Das Dienstamt ist unter Einbeziehung der anderen Gaben und Dienste, die die Gemeinde mit aufbauen (vgl. 1 Kor 13), zu sehen. Gaben, Dienste und Amt, die alle auf das Ganze ausgerichtet sind und als dynamisches Ganzes zu verstehen sind, stehen in einer gegenseitigen Ergänzung. Theologischerseits wären diese Konstitutiva näherhin durch die theologischen Figuren des allgemeinen/besonderen Priestertums und einer Volk-Gottes-Theologie zu bestimmen. Amt, Dienst und Gaben wirken mit bei der Subjektwerdung der Gemeinde. Die Pastorale, so Reinhold Bärenz, hat sich nicht als Apparat, sondern als Beziehung zu gestalten.<7>

2. Der Ist-Zustand der Gemeinden

Die Gemeinde leidet heute unter Funktionsverlust, der komplexer Natur ist. Vom gesellschaftlichen und sozialen Wandel ist ein Funktionsverlust der Ortsgemeinde zu konstatieren, denn nicht mehr alle Lebensäusserungen des einzelnen und der Gesellschaft sind in diese Entität eingeordnet. Die Mobilität der modernen Gesellschaft führt zu Auffächerungen der Lebenswelten. So schrieb Karl Lehmann bereits 1982: «Der Funktionsverlust der Ortsgemeinde ist nicht zu bestreiten. Es gibt eine tiefe Auszehrung ihrer überlieferten Funktionen.»<8> Andererseits behält die Ortsgemeinde zwischen spontanen und mobilen Kleingruppen und den grossen zwischenpfarrlichen Organisationen als wichtige Basis für weitergreifende Aktivitäten und breitgefächerte Angebote ihre Berechtigung. In der Gemeinde müssen die Grundelemente ekklesialen Tuns wirksam sein. Durch die gesellschaftlichen wie kirchlichen Prozesse der letzten Jahrzehnte stehen wir aber vor dem Phänomen, wohl organisierte Gemeinden zu kennen, die aber nicht mehr von einem ordinierten Priester geleitet werden. Durch die verstärkte Hineinnahme von Laien in munera des Amtes scheint die seit alters von der Kirche bezeugte Einheit von Gemeindeleitung und Eucharistievorsitz brüchig zu werden. Verlust bzw. Schwinden der Sakramentalität der Kirche, Entklerikalisierung, autonome Gemeindetheologie, schleichende Protestantisierung des katholischen Kirchenverständnisses usw. sind Stichworte unserer kirchenintern äusserst kontrovers geführten Diskussion, die teilweise ideologische Züge annimmt. Bei der Debatte sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  1. Amtsfrage: Im Zusammenhang von Gemeindeleitung und Eucharistievorsitz wird beispielsweise die Frage der «viri probati» debattiert. Für diese Fragestellung sei auf den Artikel von Bischof Kurt Koch «Liturgischer Leitungsdienst in pastoralen Notsituationen. Eine ekklesiologische Problemanzeige» verwiesen.<9> Peter Hünermann sieht das Recht der Gemeinde auf die Eucharistie erst im Anschluss an die theologische Entwicklung des II. Vaticanums, während vom Konzil selbst, so Hünermann, die Gemeinden noch nicht in ihrer vollen Subjekthaftigkeit gesehen worden sind, das Amt noch mehrheitlich durch die Kategorie der potestas bestimmt wurde.<10>
  2. Schleichende Protestantisierung qua administrativer Handhabung des Problems.<11>
  3. Das Modell von Besançon spricht von Seelsorgeeinheiten, die in der Regel nicht auf das Gebiet einer herkömmlichen Pfarrei begrenzt sind, sondern sie umfassen mehrere Gemeinden, die etwa durch kommunale Zuordnung, durch das Einzugsgebiet von Schulen, karitativen und sozialen Einrichtungen oder durch geschichtlich gewachsene Gemeinsamkeiten verbunden sind. Gemeinden in einem solchen Lebensraum bzw. benachbarte Gemeinden bilden miteinander entsprechend can. 374 § 2 des CIC/1983 die neue Organisationsform der Seelsorgseinheit. Eine solche Einheit besteht in der Regel aus zwei bis fünf Pfarreien, deren Seelsorge und Verwaltung einem Priester verantwortlich anvertraut werden.<12>
  4. Movimenti. Die neuen geistlichen Bewegungen sind ein typischer Antwortversuch auf die Herausforderungen der Ambivalenz, die die Beziehung Kirche/moderne Gesellschaft prägen. Sie stehen weder als Sekte vor den Toren der Kirche noch lassen sie sich von dem Organisationssystem der Kirche gänzlich einverleiben. Sie legen Wert auf ihre Kirchlichkeit, wollen jedoch zugleich über die Konfessions- und Religionsschwellen hinweg Offenheit ihrer Anhängerschaft demonstrieren, das heisst sie entwickeln eigene Organisationsstrukturen.<13>

Alle hier skizzierten Wege werden nicht unmittelbar zu einer Problemlösung führen. Die Debatte um die Amtsfrage ist komplex und vielschichtig. Der 2. Weg wird sich vom Selbstverständnis katholischer Theologie und kirchlicher Praxis nur als Scheinlösung anbieten. Gegen das Modell von Besançon wird eingewandt, dass die personalen und sozialen Bindungen, die unter soziologischem Aspekt für kleine Entitäten von hoher Bedeutung sind, nicht genügend respektiert werden. Der exklusive Anschluss an Movimenti kann in einer Extremform als Radikalisierung der Individualisierungstendenz der modernen Gesellschaft verstanden werden.

3. Die Bedeutung der Gemeinde für das kirchliche Leben

Die Gemeinde wird für das kirchliche Leben unter den Bedingungen der (Post-)Moderne weiterhin von Bedeutung sein. Allerdings werden sich die geschichtlich gewachsenen Strukturen in ihren Erscheinungsformen modifizieren. Dieser Prozess wird unter anderm nach dem soziologischen Gesetz der Solidarität (= Grundgesetz der gegenseitigen Verantwortung) und des Subsidiaritätsprinzips (= Grundgesetz des hilfreichen Beistandes) abspielen. F. Klostermann schreibt diesen beiden Gesetzen eine Funktion bezüglich der Wahrung der Glaubenskontinuität und des kirchlichen Gemeinwohls zu: «Das Solidaritätsprinzip verpflichtet alle Beteiligten einer Gesellschaft, die einzelnen und die kleineren Einheiten, zur Solidarität, zur Unterordnung unter das Ganze, soweit das Gemeinwohl es verlangt. Das Subsidaritätsprinzip schützt die unabdingbare Würde und Selbstverantwortung des einzelnen und die Initiative und Autonomie der je kleineren Sozialeinheiten. Die Beweislast für einen Eingriff der zentraleren Autorität liegt also bei dieser. Der Solidaritätsverpflichtung des einzelnen und der kleineren Sozialeinheit steht also die Verpflichtung der Gesellschaft bzw. der grösseren Einheit gegenüber, jene in ihrer Selbstentfaltung zu schützen, zu fördern und so sinnvoll für die Gemeinschaftsaufgaben heranzuziehen.»<14>

4. Gemeinde als Versammlung, die Liturgie feiert

Um Kriterien und Konstitutiva der Gemeinde unter den hier skizzierten Bedingungen und Einschränkungen dennoch zum Tragen zu bringen, soll ­ dieser Ansatz versteht sich als fragmentarische Reflexion zu einer prekären aktuellen Situation ­ nochmals die eingangs vorgestellte These thematisiert werden: Gemeinde wird als Versammlung verstanden, die Liturgie feiert.<15> Mit dieser These soll nicht die eingangs erwähnte Gleichursprünglichkeit der ekklesialen Grundvollzügen ­ doch wieder ­ aufgehoben werden, sondern soll von dem Ansatz ausgegangen werden, dass an den Strukturelementen der gottesdienstlichen Versammlung Selbstverständnis und Gestalt der Kirche erkannt werden können. «Die Grundvollzüge sind nur Funktionen der Sendung der Kirche, weil und sofern die Kirche zunächst selbst Resultat dieser Funktionen ist. Die Kirche hat den Auftrag der Verkündigung und des Zeugnisses, weil und sofern sie selbst Geschöpf des Wortes Gottes ist. Sie hat den Auftrag der Feier des Gottesdienstes und der Sakramente, weil sie selbst durch die Teilhabe an den eucharistischen Gaben stets neu zum Leib Christi wird. Sie hat den Auftrag der Diakonie und der geschwisterlichen Gemeinschaft, weil sie selbst aus dem Dienst Jesu und dem Dienst aller, die ihm gefolgt sind, hervorgangen ist.»<16>
Die These von der Gemeinde als Versammlung, die Liturgie feiert, kann auch dazu beitragen, die Kirche vor einer Spannung, die bis zum Zerreissen zu gehen droht, zu bewahren; es ist damit gemeint, das Aufgeriebenwerden zwischen einer rein personenzentrierten Sicht kirchlicher Erscheinungsweisen und dem Rückfall in eine zu stark institutionenzentrierten Sichtweise, wie sie die pastorale Situation der pianischen Periode kennzeichnete.<17> Die zur Stunde bemerkbaren Transformationen der Kirche sind ­ unter diesen beiden Vorbehalten ­ als dialektisch vermittelt zu betrachten.
Es fragt sich bei dieser These, ob jede liturgische Versammlung eine Gemeinde ist. Eucharistiefeiern in Ordensgemeinschaften, bei Wallfahrten, in Heimen, Schulen, Bildungshäusern und dergleichen sind liturgische Versammlungen, meinen jedoch keine gemeindekirchliche Realität. Gemeinde als erfahrbare Kirche umfasst darüber hinaus räumliche und zeitliche Präsenz. Gemeinde steht im Zusammenhang mit dem jeweiligen Ortsbischof. Was ist für die Gemeinde über die sonn- und festtägliche Eucharistiefeier hinaus zu beständiger Vollständigkeit kirchlichen Lebens noch notwendig? Formal kann diese Frage mit dem Verweis auf die drei Wesenselemente ekklesialen Lebens beantwortet werden. Damit ist aber noch nicht alles gesagt! Nach Paul Zulehner gehören Beständigkeit, Vollständigkeit, Erfahrbarkeit, Territorium und Amt zur Erfahrbarkeit von Kirche. Ist die Gemeinde der konkrete und beständige lokale Ort, Lebensraum und Vollzugsraum für das, was jeweils Kirche «vor Ort» sein will, dann gehört eben das Versammeln hinzu. Gemeinde lebt nicht nur von ihrer kanonischen und staatskirchlichen Errichtung, sondern auch davon, dass sie sich vor Ort erst und immer wieder zu liturgischen Feiern versammelt. In der Versammlung wird die ekklesiale communio erfahren. Diesen Grundzug betont Hugo Aufderbeck, wenn er schreibt: «Die Kirche/Gemeinde ist von ihrer Gestalt und von ihrem Wesen her ÐVersammlungð.»<18> So schreibt die Apostelgeschichte mehrmals, dass Christen sich versammeln (Apg. 4,31; 12,12; 14,27; 1 Kor 11,17.18.20 u.a.). Der Grund dafür, dass das Sich-Versammeln für die Gemeinde so konstitutiv ist, ist darin zu suchen, dass die koinonia ein entscheidendes Ziel und eine wichtige Frucht der Erlösung darstellt. Deswegen schreibt die Liturgiekonstitution des letzten Konzil, dass ­ seit der ersten Versammlung der Jünger und Jüngerinnen ­ die Kirche niemals aufgehört habe, sich zu versammeln (vgl. SC 6). Die Christen haben deswegen an diesen Versammlungen teilzunehmen. Diese Forderung erwähnt bereits die Didaskalia: «Lehre das Volk durch Vorschriften, regelmässig die Versammlung zu besuchen und niemals bei ihr zu fehlen; sie sollen immer anwesend sein, damit sie die Kirche nicht durch ihre Abwesenheit verkleinern und damit sie den Leib Christi um keines seiner Glieder berauben. Jeder möge auf sich und nicht auf die anderen die Worte Christi anwenden: Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut (Mt 12,30; Lk 11,23). Da ihr Glieder Christi seid, sollt ihr euch nicht fern von der Kirche zerstreuen, so dass ihr euch nicht wieder in ihr versammelt. Da gemäss seiner Verheissung unser Haupt, Christus, gegenwärtig wird und mit uns in Verbindung tritt, so missachtet euch doch nicht selbst und beraubt den Erlöser nicht seiner Glieder; zerreisst und zerstreut nicht seinen Leib.»<19>
Jetzt ist noch der dritte Teil der These zu bedenken: Die versammelte Gemeinde feiert Liturgie. Es stellt sich nun die Frage, welche Liturgien im Einzelnen unerlässlich einer Gemeinde zuzuordnen sind im Blick darauf, dass sie Kirche manifestiert und den kirchlichen Auftrag erfüllt. Als unverzichtbares Element ist die Feier des Herrentages mit Eucharistie, als dem Ersten oder Achten Tag, zu werten. Die sonntägliche Eucharistiefeier ist ein Identitätszeichen der Kirche; auf die historische Herleitung des Sonntags als Urquell christlicher Feier ist hier nicht einzugehen. Des Weiteren wären in einer gemeindekirchlichen Liturgie die wichtigsten Feiern im Jahresverlauf aufzuzählen:

  1. Das tägliche Gebet, in welcher Form auch immer, vorzugsweise aber in einer durch Gewohnheit oder durch Regeln kirchlich autorisierten Form.
  2. Die grossen Herrenfeste: Ostern und Weihnachten, mit Vorbereitung und Nachfeier, sowie die übrigen gebotenen Herrenfeste und Feiertage.
  3. Das Gedächtnis der Heiligen in Festen und Gedenken. Die Liturgie als authentischer Ort der memorienden Tradition des Glaubens (vgl. das Axiom «lex orandi, lex credendi») mindert keineswegs die Bedeutung der ausserliturgischen Katechese.
  4. Feiern an Lebenswenden, in Unheilssituationen von Einzelnen, die zur Gemeinde gehören: Feier der christlichen Initiation (Taufe, Firmung, Eucharistie), Feier der Versöhnung und der Busse, Feier der Trauung, Feiern für und mit Kranken und Gebrechlichen, Feiern der Bestattung, Tagzeitengebet (in welcher Form auch immer gefeiert).

Mit dieser Aufzählung verschiedener Liturgien sollte zugleich mitbedacht werden, dass Art und Weise, wie Liturgie gefeiert wird, sich nochmals unterscheiden kann: Paraliturgische Aktivitäten einer Gemeinde, Liturgien für Randständige, Liturgien der Kerngemeinde, Frauenliturgie usw.<20>

5. Folgerungen

Welche Konsequenzen sind aus diesen Ausführungen zu ziehen? Einige seien hier genannt:

  1. Zwischen den Einzelgemeinden sollten die Prinzipien der Solidarität und der Subsidiarität bezüglich der anstehenden Fragen gelten. So schrieb Bischof Kurt Koch bereits 1987 zur Problematik der sonntäglichen Gottesdienste ohne priesterlichem Vorsitz: «Dann zeigt sich, dass die Hauptursache dieses Problems nicht nur im Priestermangel liegt, den man gewiss nicht bagetellisieren darf, sondern auch in der mangelnden kollegialen Solidarität zwischen Seelsorgern und Gemeinden. Diese solidarische Kollegialität zu fördern und von daher auch zu eucharistischer Solidarität zu motivieren, darin liegt das Hauptgebot der gegenwärtigen pastoralen Stunde.»<21> Als Beispiele dieser kooperativen Pastoral seien beispielsweise genannt: a) Ein Priester, der hauptamtlich in einer bestimmten kategorialen Aufgabe tätig ist, wird nebenamtlich als «Leiter der Seelsorge» (nach CIC 1983 can. 517, § 2), nicht aber als Pfarrer, eingesetzt. Das Gemeindeleben tragen faktisch Bezugspersonen, während dem Leiter der Seelsorge die rechtliche Letztverantwortung für die Gemeindeleitung, Sakramentenspendung vorbehalten bleibt.<22> b) Zwei Pfarreien beschliessen auf Grund der Emeritierung des einen Pfarrers in der einen Pfarrei, mehr zu kooperieren. Es werden Arbeitsgruppen für Bereiche Liturgie, Sozialarbeit und Katechese gebildet.<23>
  2. Ist die Versammlung der Gemeinde nicht mehr gewährleistet, hört die Gemeinde ­ unter systematischem Aspekt betrachtet ­ auf zu existieren. Die Gründe für diesen Fall können innerkirchlicher («Christenmangel») wie ausserkirchlicher Natur sein (z.B.: Der Charakter eines Quartiers hat sich total verändert: Büros, nichtchristliche Bevölkerungsgruppen). Allerdings betont Peter Hünermann zu Recht, dass das Moment des Priestermangels noch kein hinlängliches Argument sei, um eine Gemeinde aufzulösen.<24>
  3. Innerkirchliche wie ausserkirchliche Entwicklungen zeigen den Trend zu kategorialpersonalen und kategorialfunktionalen Gemeinden neben grösseren Territorialgemeinden auf. In diesem Zusammenhang ist ebenso die Leitung einer Pfarrei, wie sie CIC/1983 can. 516f. vorsieht, zu sehen. Dieser Prozess erlaubt, neuere Bewegungen in eine ekklesiale Vernetzung einzubringen.
  4. In den Gemeinden ist Eucharistiefeier zu halten soweit wie möglich. Auch in dieser Fragestellung haben die Prinzipien der Solidarität und der Subsidiarität zu gelten. Hier wäre von einer «eucharistischen Gastfreundschaft» zu sprechen (Beispiel: Eine lokale Gemeinde feiert ab und zu Eucharistie mit der fremdsprachigen Gemeinde, die ihre eucharistischen Gottesdienste in dieser Gemeinde feiert)<25>. Auf die ökumenische Implikation soll in diesem Zusammenhang nicht eingegangen werden.
  5. Die Wort-Gottes-Feier ist als Ausdruck der grundsätzlichen Pflicht der Versammlung einer Gemeinde im Sinne der Sonntagsheiligung zu sehen. Die Feier der Celebratio Verbi Dei sollte demnach nicht unbedingt mit einer Kommunionfeier verbunden werden. Jede simulatio sacramenti ist zu vermeiden. Bei dieser Frage ist auf den Vorbehalt von Arno Schilson zu verweisen («Notlösungen sind oft Fehllösungen»<26>). Die Celebratio Verbi Dei ist eine vollgültige Versammlung einer Gemeinde, sie hilft beim Prozess der Subjektwerdung der Gemeinde und ihrer Mitglieder. Aus der gemeinsamen Verantwortung aller Christen für die Sendung der Kirche ist zu folgern, dass die Gemeindemitglieder aufgrund des gemeinsamen Priestertums berufen sind, im Zusammenwirken mit den ehrenamtlichen, nebenamtlichen und hauptberuflichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Auftrag des Herrn in Liturgie, Diakonie und Zeugnis zu erfüllen. Hierbei manifestiert sich das Moment der Sendung als Ziel christlichen Lebens (vgl. die Verhältnisbestimmung Kirche und Welt).
  6. Angesichts der heutigen Problematik der Gemeinde, die nicht nur im Sinne einer Dekadenztheorie als Verflüchtigung des Christlichen, sondern ebenso als Chance einer weiteren geschichtlichen Transformation des Gemeindeverständnisses zu verstehen ist, seien des Weiteren Momente genannt, die einem langfristigen Transformationsprozess unterliegen:
    a) Absage an eine Konsumhaltung bezüglich des liturgischen Vollzugs (Messangebot, unbedingt eine Messe «zu haben»...) und Weiterentwicklung des Gedankens der Subjektwerdung der Gemeinde. Unter diesem Aspekt ist die Initiative des Bischofs von Hildesheim, Bischof Josef Homeyer, bedenkenswert. In seinem letztjährigen Hirtenbrief, der unter anderem auf die von uns behandelte Fragestellung eingeht, schlägt er für seine Diözese vor, dass die Gemeinden sich nur noch einmal am Sonntag zu einer Eucharistiefeier versammeln sollten. «An jedem Sonntag soll in jeder Pfarrkirche und, wo es angemessen erscheint, in Filialkirchen eine Eucharistiefeier (einschliesslich der Vorabendmesse) stattfinden (ÐBemüht euch, nur eine Eucharistie zu feiernð, Bischof Ignatius, Antiochien). Nur wenn die Zahl der Gottesdienstteilnehmer es als notwendig erscheinen lässt, kann eine zweite Eucharistiefeier stattfinden. Auch wenn diese Ordnung im Blick auf manche Kirchen, vor allem auf die Zentralkirchen in den Grossstädten, in begründeten Ausnahmen durchbrochen werden muss, bleibt wesentlich: Es soll die eine Eucharistiefeier als die eine Feier der Gemeinde geben, sie ist Zentrum und Wurzel der einen Gemeinde. Diese Einheit soll bezeugt werden, und sie darf nicht durch eine Angebotskultur in vielen Messen aufgespalten werden.»<27>
    b) Das Zueinander von allgemeinem und speziellem Priestertum unter der Folie der Volk-Gottes-Theologie, der Subjektwerdung der Gemeinde, zu sehen und erfahrbar zu machen. Dies impliziert:

c) P. Zulehner bewertet das Phänomen, dass Personen in presbyterale Aufgaben eingesetzt werden ohne dafür eigentlich ordentlich ordiniert zu sein, dialektisch: Diese Entwicklung, so Zulehner, sei «ein Unsinn, wenngleich vielleicht deshalb heilsam, weil er ungewollt die Entwicklung über den Umweg des Absurden doch voranbringt»<29>.
d) Die neuere Religionssoziologie bedenkt bei der Fragestellung nach den Veränderungen des religiösen Wandels wieder verstärkt den organisationssoziologischen Aspekt, das heisst es wird danach gefragt, wie Organisation und Organisierung des gesellschaftlichen Teilsystems der Religion funktionieren. Die Kirche hat angesichts der Veränderungen in ihrer Umwelt selbststeuernd, ohne jedoch die Einflüsse der gesellschaftlichen Kräfte auf die Kirche zu unterschätzen, in ihre Organisation einzugreifen.<30>
e) Angesichts der heutigen Situation stellt sich das Postulat, die Gemeindeentwicklung nüchtern und pragmatisch anzugehen, und sie keinesfalls ideologisch, weder von links oder rechts, noch progressiv oder konservativ aufzuladen und zu instrumentalisieren.

 

Der Dominikaner Wolfgang W. Müller ist Privatdozent und Lehrstuhlvertreter für Dogmatik an der Theologischen Fakultät der Universität Luzern.


Anmerkungen

1 Vgl. zum Folgenden: K. Lehmann, Gemeinde, in: Christlicher Glaube in moderner Gesellschaft, Bd. 29, Freiburg i.Br. 1982, 5­65, 8f.

2 L. Karrer, Katholische Kirche Schweiz. Der schwierige Weg in die Zukunft, Freiburg i.Ü. 1991, 307f.

3 So W. Beinert in: Dogmenhistorische Anmerkungen zum Begriff «Partikularkirche», in: ThPh 50 (1975) 38­69.

4 Wie wird in einer solchen Real-Utopie die Gemeinde gezeichnet? «Eine Gemeinde von höchster Einmütigkeit und radikaler Gesinnungsgleichheit, Abbau aller Unterschiede, Verzicht auf jede Vorrangstellung, Ðherrschaftsfreie Gemeindeð, zugleich Ðkleine Herdeð und universal offene Gemeinde» (K. Lehmann, Gemeinde, aaO., 10).
In Absetzung zu solchen emphatischen Diskursen über die Gemeinde kennt man in der heutigen Literatur zur Gemeinde auch skeptischere Formulierungen wie «Die christliche Gemeinde, gäbe es sie, wäre eine Zone der Mitmenschlichkeit» oder «Es gibt keine christliche Gemeinde» (H.R. Schlette, Glaube und Distanz, Düsseldorf 1971, 132­140 [=Thesen zum christlichen Gemeindeverständnis]), ebd. 134, 136. Die österreichische Pastoraltagung zu Beginn des Jahres 2000 fragte nach «Gemeinden der Zukunft ­ Zukunft der Gemeinden».

5 F. Klostermann, Prinzip Gemeinde, Wien 1965; F. Reisinger, «Christliche Gemeinde» ­ Möglichkeiten und Grenzen, in: ders. (Hrsg.), Menschsein in der Gesellschaft, Linz 1983, 93­138.

6 Dass die vorgestellte These in einem Zusammenhang mit der kanonistischen und staatskirchlichen Sicht der Identität einer Pfarrei und Kirchgemeinde stehen kann, zeigt A. Loretan, vgl. ders., Pfarrei und Kirchgemeinde ­ ein ungleiches Paar, in: R. Liggenstorfer/B. Muth-Oelschner (Hrsg.), (K)Ein Koch-Buch. Anleitungen und Rezepte für eine Kirche der Hoffnung, FS K. Koch, Freiburg i.Ü. 2000, 623­637.

7 Vgl. R. Bärenz, Frisches Brot. Seelsorge, die schmeckt, Freiburg i.Br. 1998, 45ff.

8 K. Lehmann, Gemeinde, aaO., 38.

9 K. Koch, Leben erspüren ­ Glauben feiern. Sakramente und Liturgie in unserer Zeit, Freiburg i.Br. 1999, 229­253.

10 P. Hünermann, Gemeinde, Eucharistie, Amt, in: ders., Ekklesiologie im Präsens. Perspektiven. Münster 1995, 228­247, 235f. Zum kirchenrechtlichen Aspekt siehe: P. Schmid, Hat die Gemeinde ein Recht auf Eucharistie?, in: R. Liggenstorfer/B. Muth-Oelschner (Hrsg.), (K)Ein Koch-Buch, aaO., 302­314.

11 Diese Position vertritt B. Sala, (Können Laien Pfarrer sein? Zur Frage der Teilhabe Nichtgeweihter an der pfarrlichen Leitungsvollmacht in der Kirche. Dogmatisch-pastoraltheologische Erwägungen, in: FKTh 14 (1998) 189­212.

12 Dieses Modell praktiziert z.B. die Erzdiözese Freiburg i.Br., vgl. Amtsblatt der Erzdiözese Freiburg, Nr. 17, vom 1. Juli 1999, 119­127.

13 M. Hochschild, Kirche zwischen Organisation und Kommunikation. Neue geistliche Bewegungen als Vermittlungsinstitutionen, in: M. Krüggeler u.a. (Hrsg.), Institution, Organisation, Bewegung, aaO., 219­228.

14 F. Klostermann, Gemeinde ­ Kirche der Zukunft. Thesen, Dienste, Modelle, Bd. 1, Freiburg i.Br. 1974, 88.

15 Zur exegetischen Berechtigung dieser These siehe: W. Kirchschläger, Die liturgische Versammlung. Eine neutestamentliche Bestandaufnahme, in: HID 52 (1998) 11­24.

16 S. Wiedenhofer, Die Gottesdienstfeier und ihre ekklesiologische Bedeutung, in: HID 52 (1998) 29­40, 32f.

17 Siehe dazu: P. Zulehner, Gottesdienstversammlungen ­ pastoralsoziologische Anmerkungen, in: HID 52 (1998) 25­28.

18 H. Aufderbeck, Gemeinde als Versammlung, in: LJ 19 (1969) 65­78, 65. Siehe auch: Ph. Harnoncourt, Die versammelte Gemeinde feiert Eucharistie, in: HID 52 (1998) 41­50.

19 Didaskalia II, 59, 1­3.

20 Bei dieser Fragestellung ist auf die Unterscheidung zwischen Liturgie/sakramentale Feier und Ritual zu verweisen, vgl. P.M. Zulehner u.a. (Hrsg.), Zeichen des Lebens. Sakramente im Leben der Kirche ­ Rituale im Leben der Menschen, Ostfildern 2000.

21 K. Koch, Not bringt es an den Tag ..., in: SKZ 155 (1987) 726­732, 731.

22 Vgl. Limburger Texte 21: Seelsorge in Gemeinden ohne Pfarrer. Neue Wege der Seelsorge im Bistum Limburg angesichts wachsenden Priestermangels, von Dr. Th. Schüller; vgl. M. Kehl, Die Kirche, aaO., 447.

23 So schreiben die Verantwortlichen zu diesem Projekt: «Eine solche Kooperation bedingt Solidarität und Offenheit von allen Seiten.
In diesem Sinne wollen wir gemeinsam diesen neuen Weg einschlagen. Wir wissen darum, dass jeder Neuanfang einen (manchmal schmerzlichen) Abschied von Altem mit sich bringt. Gleichzeitig freuen wir uns auf eine kreative und fruchtbare Zusammenarbeit beider Pfarreien und beider Teams» (Pfarrblatt Wochenzeitung der römisch-katholischen Pfarreien des Kt. Bern, alter Kantonsteil, Samstag, 27.5.2000, Nr. 22).

24 P. Hünermann, Gemeinde, Eucharistie, Amt, aaO., 245.

25 Zu dieser gemeindekirchlichen Realität im Bistum Basel siehe: R. Schmid, Fremdsprachigen-Seelsorge aus der Sicht der Bistumsleitung, in: SKZ 168 (2000) 400­404.

26 A. Schilson, Notlösungen sind oft Fehllösungen. Zur theologischen Problematik der Kommunionfeiern, in: HID 33 (1979) 147­174; B. Kirchgessner, Eucharistiegemeinde contra Pfarrgemeinde?, in: HID 53 (1999) 255­264.

27 H. Homeyer, Eucharistiefeier am Sonntag. Hirtenwort zur österlichen Busszeit 2000, S. 8f.

28 Auf die Gefahr der Professionalisierungsfalle verweist die neuere Religionssoziologie. Sie versteht darunter folgendes Phänomen: Die Spannung zwischen professionell-zweckrationalen Handlungslogiken und gesinnungs-ethisch-wertrationalen tritt in jenen Feldern auf, wo professionales Handeln auf ein gesinnungsethisch hoch geladenes Feld tritt. Werden diesbezüglich kein Abbau programmatischer Rigorosität oder keine Kompromisse gesucht, dann treten Störpotentiale auf. So können Steuerungseingriffe paradoxe Wirkungen erzeugen. Deshalb ist es sinnvoll, professionell Handelnde nur dort einzusetzen, wo ihr Leistungsvorteil überwiegt. «In den Pfarrgemeinden muss ein Ðwenigerð an Hauptamtlichen nicht nur schädlich sein. Es könnten sich dadurch auch ÐCharismenð zeigen, die bislang ­ unbeabsichtigt ­ von PR/GR beiseite gedrängt bzw. überlagert werden.» (U. Bätz, Die Professionalisierungsfalle. Paradoxe Folgen der Steigerung glaubensreligiösen Engagements durch professionelles Handeln, in: M. Krüggeler, K. Gabriel, W. Gebhardt [Hrsg.], Institution, Organsiation, Bewegung. Sozialformen der Religion im Wandel, Opladen 1999, 173­195, 194).

29 P. Zulehner, aaO., 28.

30 Unter diesem Aspekt entwirft der Religionssoziologe M.N. Ebertz eine Kommunikationspastoral, vgl. ders., Kirche im Gegenwind. Zum Umbruch der religiösen Landschaft, Freiburg i.Br. 1997.


© Schweizerische Kirchenzeitung - 2001