Rupnik-Mosaike an Genfer Kirchen: Bischof Morerod spricht sich gegen Entfernung aus

Die Missbrauchsvorwürfe gegenüber Marko Rupnik (68) werfen einen Schatten auf seine Kunst. In Genf schmücken Werke des Mosaikkünstlers mehrere Kirchen. Ortsbischof Charles Morerod äussert Verständnis für die «Verwirrung potentieller Opfer». Trotzdem hält er eine Entfernung der Mosaike nicht für sinnvoll.

Barbara Ludwig

Zahlreiche Kunstwerke gingen verloren, würde man alle Werke von Missbrauchstätern entfernen, teilt Charles Morerod, Bischof von Lausanne, Genf und Freiburg, auf Anfrage von kath.ch mit. Vielmehr sei es angebracht, die dunklen Seiten auch der jüngsten Geschichte zu thematisieren, statt sie zu auszulöschen und zu vergessen. «Das Entfernen der Kunstwerke scheint mir eine Verleugnung der Realität zu sein, die in der Tat dunkel sein kann», so der Bischof.

Mosaike thematisieren Auferstehung

In Genf existieren 13 von Mark Rupnik entworfene Mosaike. Sie sind über das gesamte Gebiet des Stadtkantons verteilt und bis auf wenige Ausnahmen an römisch-katholischen Kirchen angebracht. Gemeinsam bilden sie den sogenannten «Chemin de Joie» (Weg der Freude).

Die Mosaike zeigen Szenen im Zusammenhang mit der Auferstehung Christi. Der «Chemin de Joie» ist als Fortsetzung des Kreuzweges gedacht, heisst es in einem Prospekt der Römisch-Katholischen Kirche in Genf. Er soll den Gläubigen helfen, ihren Blick auf den auferstandenen Christus zu richten, um Zeugen zu sein von der Freude über die Auferstehung.

Prominenter Künstler

Es war ein Projekt der Genfer Katholiken. 2013 entschieden sie sich für den international bekannten Künstler Marko Rupnik. Der slowenische Jesuit ist Direktor des «Centro Aletti» in Rom. Er und seine Mitarbeitenden haben Mosaiken für mehr als 150 Kirchen weltweit entworfen. Seine Kunstwerke finden sich laut der italienischen Tageszeitung «Il Messagero» etwa in Lourdes, in der Kapelle des Päpstlichen Priesterseminars in Rom und in der Marienkapelle des Apostolischen Palastes.

Vier Jahre später wurden in Genf die beiden ersten Mosaike an der katholischen Hauptkirche der Rhonestadt, der Basilika Notre-Dame, angebracht. Über den Eingängen zum südlichen und zum nördlichen Querschiff. Das eine zeigt zwei Frauen am Grab Jesu, das andere die Apostel Petrus und Johannes am Grab des Auferstandenen. 2018 segnete Papst Franziskus bei seinem Besuch in Genf eines der Mosaike. Es befindet sich im Gefängnis Champ-Dollon in Puplinge GE.

Missbrauchsthematik beim «Chemin de Joie» ansprechen?

Unterdessen ist Marko Rupnik wegen Missbrauchsvorwürfen in Verruf geraten. Sind die Kunstwerke nun angesichts der mutmasslichen Verfehlungen von Rupnik kontaminiert? Charles Morerod findet, es seien in erster Linie «die potenziellen Handlungen des Künstlers und seine Anwesenheit bei der Einweihung des Chemin de Joie, die schockieren und Fragen aufwerfen». Er selbst fragt sich, ob der Werdegang des Künstlers und die Missbrauchsthematik beim «Chemin de Joie» thematisiert werden sollten.

Dass die Mosaike den Gläubigen auf ihrem geistlichen Weg nicht mehr nützlich sein können, glaubt Morerod offenbar nicht. «Unter allen Umständen, so dunkel sie auch sein mögen, wird der Mensch als Sünder dazu gebracht, seine Schritte in Richtung Christus zu wenden», schreibt der Bischof.

Schwierige Situation für Opfer

Charles Morerod zeigt aber Verständnis für «die Verwirrung potenzieller Opfer» und ihre «Schwierigkeit, mit den Werken eines Künstlers, der sie missbraucht hat, in Kontakt zu kommen».

Die Menschen könnten unterschiedlich reagieren auf den Skandal. «Einige werden sagen, dass die Schönheit des Werkes ihnen beim Beten hilft, einige werden nicht zwischen Werk und Autor unterscheiden können, andere wiederum werden sich weigern, ein Gemeinschaftswerk zu entfernen und damit alle Mitkünstler zu bestrafen.»

Morerod weist damit auch auf die Tatsache hin, dass Rupnik die Mosaike nicht alleine geschaffen hat. Ein Teil der Genfer Mosaike wurde zudem in einer Werkstatt in Peru hergestellt.

Bislang keine Forderungen

Bislang hat niemand von der Römisch-Katholischen Kirche in Genf verlangt, die Mosaike des Jesuiten Mark Rupnik zu entfernen. Das bestätigt die Kommunikationsverantwortliche Silvana Bassetti gegenüber kath.ch. Ob das so bleibt, wird sich zeigen.

In Frankreich traf es jüngst die Glasmalereien eines Geistlichen. Das berichtete das Westschweizer Newsportal cath.ch am 6. Februar. Demnach hat der Bürgermeister von Charly, einer Gemeinde bei Lyon, angekündigt, elf Glasfenster des Geistlichen Louis Ribes zu entfernen.

Er ging damit auf Forderungen von Missbrauchsopfern ein. Gegen Louis Ribes sind laut cath.ch rund 50 Klagen wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger bei drei Diözesen eingereicht worden. Die italienische Tageszeitung «Il Messagero» hat bereits am 2. Februar mit Blick auf den Rupnik-Skandal die Frage aufgeworfen, ob das, was gerade in Frankreich geschehe, auch anderswo Schule machen könnte.


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