Nach Veronika Jehles Kündigung: Sabine Zgraggen fordert Revision der Anstellungsordnung

«1. Ich bin sehr betroffen. Wir verlieren mit Frau Jehles Kündigung eine sehr gute Seelsorgerin und konnten sie – in Zeiten von Personalnotstand – leider nicht halten. Zudem ist Frau Jehle eine von unseren drei jüngsten Mitarbeitenden. Auch wir haben eine Überalterung bei unseren Spitalseelsorgenden und stehen vor einer Pensionierungswelle. Hier spreche ich als Verantwortliche von 45 Mitarbeitenden. 

Gleichzeitig haben wir uns seitens der Dienststelle sehr intensiv in Gesprächen um Veronika bemüht und die Kündigung versucht aufzuhalten. Dieses Engagement um eine bewährte Mitarbeiterin ist mir wichtig auch nach aussen hin zu kommunizieren. In diesem ganzen Prozess und auch im inhaltlichen Ringen mit Veronikas Fragen, haben wir uns als Vorgesetzte betreffen lassen. Meine Pflicht war und ist es, Anliegen der Mitarbeitenden aufzunehmen und im Rahmen meiner Möglichkeiten Prozesse anzustossen.

2. Darüber hinaus brachte die Auseinandersetzung bei mir persönlich die Erkenntnis, dass die Anstellungsordnung in diesen Fragen einer Revision bedürfte. Hier hätten wir uns mehr Zeit seitens Veronika Jehle gewünscht, dass sie nach der Rückgabe ihrer Missio nicht so schnell kündigt. Die jährlich stattfindenden Mitarbeiterbeurteilungen sind aus meiner Sicht heraus hinreichend, um eine Seelsorgerin und Theologin bei der katholischen Kirche in Anstellung zu halten. Die Umsetzung des Pflichtenheftes, gemäss Leitbild und Konzept, wird hier gründlich überprüft und Jahresziele festgelegt. Wir brauchen hier auch kirchlicherseits die Möglichkeit, spannungsreiche Situationen in einer Art Moratorium mehrjährig begleiten zu können. Jeder von uns kann in persönliche Gewissenskrisen und Spannungen zur kirchlichen Lehre und Praxis kommen.

3. Es hat innerkirchlich eine intensive Auseinandersetzung mit den von Frau Jehle eingebrachten Anliegen gegeben. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Ich hoffe sehr, dass diese internen Diskussionen zu konkreten Veränderungen führen werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir innerhalb des dualen Systems zukunftsgewandt nach den jeweils besten Lösungen suchen, um das Evangelium weiterhin glaubwürdig und trostreich den Menschen zu vermitteln. Dafür brauchen wir authentisch auftretende und Empathie fähige Seelsorgende. Die Spital- und Klinikseelsorge steht hier als Multiplikator an vorderster Front und geniesst einen ausgezeichneten Ruf inmitten eines säkularen Umfeldes. Ich bin stolz und dankbar um den grossherzigen Einsatz all meiner Mitarbeitenden und auch für das Geleistete von Frau Jehle, die stets mit Innovation und Loyalität zum Auftrag in der Spitalseelsorge tätig war.»

Die Theologin Sabine Zgraggen leitet in Zürich die Spital- und Klinikseelsorge. Sie reagiert auf Anfrage von kath.ch auf die Kündigung von Veronika Jehle. Diese kritisiert den Reformstau in der katholischen Kirche und hat auf Ende Juni als Spitalseelsorgerin gekündigt. (rr)


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