«Tequila Halleluja»: Endo Anaconda und die Religion

Endo Anaconda wollte nicht glauben, sondern zweifeln. Denn Gott liebe die Zweifler. Warum er aus der Kirche austrat und vom Glauben trotzdem nicht loskam.

Eva Meienberg

Endo Anaconda war Poet und Sänger von «Stiller Has». Und er war Katholik. «Als Katholik habe ich fluchen gelernt, damit ich etwas zu beichten habe.» Endo Anaconda hat in seinen Erzählungen gerne mit Humor auf seine katholische Prägung hingewiesen. Bei manchen dieser Geschichten bleibt einem das Lachen im Hals stecken.

Der Kirche den Rücken gekehrt

Etwa dann, wenn er von der Gewalt erzählt hat, die er als Kind in einem katholischen Heim in Klagenfurt erlebte. Der Ministrant von damals, begeistert vom Farbenspiel der Kirchenfenster und beschwingt vom Weihrauch, fasste den Plan, Priester zu werden. Nach der Erfahrung im Heim hat er der Kirche den Rücken gekehrt.

«Die Religion haben sie mir ausgeprügelt, nicht aber den Glauben», sagte der Sänger in einer SRF-»Perspektiven»-Sendung. Damit meinte Endo Anaconda den Glauben an die Liebe und das Leben, den er im Lied «Niemer» besingt:

Den religiösen Glauben jedoch verwarf Endo Anaconda. «Man muss nicht glauben, man muss zweifeln. Gott liebt die Zweifler», sagte der Zweifler, der zeitlebens sich und die Welt in Frage gestellt hat.

Religion steckt auch im Namen seiner Band. «Stiller Has» sei die kürzeste Verbindung vom Weihnachtsklassiker «Stille Nacht» und Osterhase. Der Band-Name ist somit die Essenz des christlichen Glaubens: von Jesu Geburt über den Tod zur Auferstehung.

Sarkasmus und Liebe

«Was ist mit Gott?», wurde Endo Anaconda in der SRF-»Sternstunde» gefragt. «Ich bin Gott, zumindest ein Siebenmilliardstel von ihm.» Der Sänger hat gerne provoziert und Sarkasmus war sein liebstes Gewürz, mit dem er seine Texte verfeinerte. Dennoch war es ihm wichtig, dass man seine Liebe zu den Menschen spüre, sagte er.

«Als Künstler ist man immer auf Messers Schneide zwischen Aufklärung und Aberglaube», sagte der Sänger. In den Erzählungen über seine Grossmutter im «stockkatholischen» Kärnten zeichnete er eine Frau mit hellseherischen Fähigkeiten, die immer alles vorausgeträumt habe. Ohne ihren Segen aus dem Haus zu gehen, sei ihm damals seltsam vorgekommen.

Eine schützende Hand halten auch die «Ängle» im gleichnamigen Lied über den Protagonisten, der in der Nacht heimlich Weihwasser getrunken hat und dem Teufel seine Seele verkaufen will.

Endo Anaconda war in den 1970er-Jahren Teil der Studentenbewegung in Wien. Kurzzeitig war er Mitglied der kommunistischen Partei. «Der Kommunismus hat mich geprägt wie das Christentum», sagt er dazu in der «Sternstunde»-Sendung. Das Christentum sei die Antithese zum Geiz und zur Gier. Und Jesus sei ihm sympathisch. So sympathisch, dass er sich in «Tequila Halleluja» mit ihm zum Saufen in eine Bar geträumt hat, wobei sich dieser dann als falscher Jesus herausstellt. Alles andere wäre Blasphemie, kommentierte Endo Anaconda.

Wäre Endo Anaconda Petrus gewesen, hätte er dem römischen Soldaten nicht nur das Ohr abgeschnitten. «Ich hätte den Römer abgemurkst und nicht zugelassen, dass man einen so guten Menschen in sein Unglück rennen lässt», sagte Endo Anaconda in der «Perspektiven»-Sendung.

In der gleichen Sendung im September 2019 wünschte sich der Sänger noch zehn weitere Jahre und ein schönes Nahtod-Erlebnis. Ansatzweise habe er ein solches schon einmal erlebt. In Katmandu, schwer krank in einem Hotelzimmer. Die Seele sei aus seinem Körper gefahren und er habe diesen von oben betrachten können.

Menschengemachter Gott und unsterbliche Seele

Aber Endo Anaconda wollte diesem Gott, der ja eigentlich menschengemacht sei und darum trotzdem irgendwie real, nicht zumuten, dass gerade er eine unsterbliche Seele habe. Und an eine Seele konnte der Zweifler nicht glauben und singt doch davon in «Fäderliecht».

Der Musiker war ein Kulturpessimist, wie er nicht müde wurde zu betonen. Er habe den Weltschmerz gespürt und sei vielleicht manchmal wenig empfänglich gewesen für das kleine Elend im Angesicht globaler Katastrophen.

«Gerechtigkeit gibt es nicht, ausser wir schaffen sie.» Endo Anaconda wollte ein Antikörper sein gegen das Virus des falschen Denkens, das sich in seinen Augen auf der Welt ausgebreitet hat. Der Antikörper hat gegen das falsche Denken angesungen bis er keine Luft mehr hatte. Und so schwebt seine Seele jetzt vielleicht «fäderliecht» über unseren Köpfen oder er steht als «Ängu» direkt neben uns.


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