«Wir sind Kirche» für grundlegenden Perspektivenwechsel

Die Initiative «Wir sind Kirche» hat die im zweiten Münchner Missbrauchsgutachten genannten Verantwortungsträger aufgerufen, sich zu ihrer rechtlichen wie moralischen Verantwortung zu bekennen. Konkrete Zeichen der Umkehr und Erneuerung seien erforderlich.

Die Untersuchung lege das jahrzehntelang – auch wegen des Priestermangels – praktizierte Muster von Vertuschung offen, erklärte die Gruppierung am Sonntag in München. Als Prinzip habe gegolten: Verdrängen, Verklausulieren, Versetzen und mangelnde Kontrolle. Die detailliert beschriebenen Einzelfälle dürften indes nur die «Spitze des Eisbergs» sein, denn es fehle noch eine Dunkelfeldstudie.

«Erhalt eines geschlossenen Machtsystems»

Das Gutachten macht laut Mitteilung die Verwobenheit der verschiedenen Mitwirkenden zum Erhalt eines geschlossenen kirchlichen Machtsystems deutlich: eine «höchst schädliche» Aufgabenteilung zwischen den (Erz-)Bischöfen, die auch jetzt noch die Verantwortung für Einzelentscheidungen ablehnten, und den Personalverantwortlichen, die meinten, auftragsgemäss und auch mit Rückendeckung Roms kirchenrechtlich korrekt gehandelt zu haben. Statt Empathie für die einzelnen Missbrauchsbetroffenen zu zeigen, sei es immer zuerst um den Schutz des klerikalen Systems gegangen.

Kirchenrechtlich korrekt, aber moralisch falsch

Erschreckend sei, dass auch mancher der damaligen und heutigen Verantwortlichen wohl bis jetzt nicht begriffen habe, wie sehr ihr Handeln, selbst wenn es kirchenrechtlich korrekt gewesen sein sollte, den moralischen Ansprüchen der Kirche damals wie heute widerspreche, heisst es. Rücktritte auf den verschiedenen Leitungsebenen könnten nötig sein. Wichtiger aber sei der grundlegende Perspektivenwechsel, für den sich viele Reformkräfte in der Kirche seit Jahrzehnten einsetzten.

Konkrete Zeichen der Umkehr gefordert

«Wir sind Kirche» plädierte für konkrete Zeichen der Umkehr und Erneuerung wie beim Reformprozess des Synodalen Wegs. Diese seien erforderlich, wenn die katholische Kirche in Deutschland nicht zu einer «bedeutungslosen Sekte ohne Autorität in der Gesellschaft» schrumpfen wolle. (kna)


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