Heute beginnt die Frauensession. Mit dabei sind auch engagierte Katholikinnen. Anja Schmid aus dem Oberwallis will Frauen in der Landwirtschaft stärken. Mentari Baumann ist aufgeregt: «Ich hoffe, dass ich meine Rede gut über die Bühne bringe.»
Regula Pfeifer
Am Freitagmorgen beginnt die Frauensession im Bundeshaus in Bern. Dabei halten die aktuelle Vize-Nationalratspräsidentin Irene Kälin (Grüne) und Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) je eine Ansprache. Sophie Achermann (Grüne) – Geschäftsführerin von Alliance F – erklärt das Vorgehen. Der Dachverband der Frauenorganisationen ist Hauptorganisatorin der Frauensession.
Anschliessend beraten die 246 beteiligten Frauen die Vorstösse aus den Kommissionen «Arbeit und Absicherung» und «Sexuelle Gesundheit und Gendermedizin». Diese haben sie bereits in zwei Tagen im August und September entworfen. Für die Kommission «Arbeit und Absicherung» treten gleich drei junge katholische Politikerinnen ans Rednerpult im Nationalratssaal:
Karin Stadelmann (Mitte) plädiert für eine «Anpassung des Gleichstellungsgesetzes». Demnach sollen Firmen künftig alle vier Jahre eine Lohnanalyse durchführen. Bisher mussten sie das nur einmal, wenn die erste Analyse eine gendergerechte Entlöhnung ergeben hatte. Eine wiederholte Lohnanalyse bringt laut Stadelmann Vorteile: So werde eine Entwicklung sichtbar – für Arbeitnehmende und Arbeitgebende.
Mentari Baumann (FDP), die künftige Geschäftsleiterin der «Allianz Gleichwürdig Katholisch», setzt sich als Sprecherin für eine bezahlbare Kinderbetreuungsinfrastruktur ein. «Ich hoffe, dass ich meine Rede gut über die Bühne bringe», sagt sie zu kath.ch.
Auch Miriam Christen-Zarri wird ans Rednerpult treten. Sie ist im Vorstand des Schweizerischen Katholischen Frauenbunds (SKF) aktiv. Sie erläutere die Forderung, dass fortan auch Arbeitnehmende in Privathaushalten – sprich Haushalt- und Betreuungshilfen – ins Arbeitsrecht aufzunehmen seien, teilt sie mit.
Ebenfalls einen Auftritt in Bern hat die Oberwalliser Politikerin Anja Schmid, allerdings erst am Samstagvormittag. Dann sind die Vorstösse der Kommission für Landwirtschaft an der Reihe. Sie werde als Sprecherin die Motion zum Eherecht dem Plenum vorstellen, sagt Anja Schmid zu kath.ch.
Die christlich-soziale Politikerin setzt sich für eine «klare Stärkung der Frau in der Landwirtschaft» ein. Insbesondere die Sozialversicherung und das Zivilrecht müssten entsprechend verbessert werden, findet sie.
An der Frauensession engagiert sind weitere SKF-Frauen: Präsidentin Simone Curau-Aepli ist in der Kommission «Digitalisierung» aktiv. Die Vorstandsfrau Fabienne Roos, die Co-Geschäftsleiterin Karin Ottiger und die Verbandssprecherin Sarah Paciarelli haben ihre Anliegen in die Kommission «Einwohner:innenstimmrecht» eingebracht. Sie werden aber bei den Kommissionsberatungen nicht auftreten.
Möglicherweise würden sie am Freitagabend das «Open Mic» (offenes Mikrofon, die Red.) ergreifen, lassen Curau-Aepli und Ottiger wissen. Der SKF ist mitverantwortlich für die Organisation der Frauensession. Paciarelli leitet das Sekretariat der Kommission «Einwohner:innenstimmrecht».
Die neun angefragten Frauen geben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass ihre Vorstösse auch Wirkung zeigen. «Als Mitglied der Kommission Arbeit und Absicherung ist mir natürlich die Annahme ‘unserer’ Anträge sehr wichtig, da ich mich im Vorfeld sehr intensiv damit beschäftigt habe», sagt Mentari Baumann. Auch Anja Schmid hofft, dass ihr Anliegen von der Schweizer Politik aufgenommen wird: eine Verbesserung der rechtlichen und finanziellen Situation von Frauen in der Landwirtschaft.
Karin Ottiger vom SKF möchte, dass die Frauen die Lehre aus ihrem jahrzehntelangen Ausschluss von der Demokratie ziehen – und sich gegen den Ausschluss anderer einsetzen: der zwei Millionen Einwohnerinnen und Einwohner ohne Schweizer Pass. Alle Vorstösse, die die Frauensession verabschiedet, werden am Samstag ans Parlament überwiesen.
Die befragten neun Frauen hoffen – wie Mentari Baumann –, dass das Parlament die Vorstösse weitertreibe und schlussendlich auch umsetze. Karin Stadelmann wünscht sich, dass «es mindestens drei Forderungen schaffen, später auch im National- und Ständerat aufgenommen und behandelt zu werden.» Ein paar SKF-Frauen fordern: Mittels Monitoring solle beobachtet werden, wie die Anträge anschliessend in der Politik behandelt werden.
Simone Curau-Aepli möchte zudem, «dass die vielfältigen Anträge bei den anwesenden Frauen das Bewusstsein schärfen, dass es noch viel zu tun gibt, um die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen.» Und dass sich auch das Parlament dessen bewusst werde. Auch der Bundesrat müsse hellhörig bleiben. Die bundesrätliche Gleichstellungsstrategie 2030 sei «nur der Anfang», so Curau-Aepli.
Auch die Vernetzung untereinander ist den Beteiligten wichtig. Die Lebensrealitäten der Frauen seien so unterschiedlich, da brauche es eine Vernetzung untereinander, sagt Simone Curau-Aepli. Sie selbst investiere als SKF-Präsidentin viel dafür.
Die Kontakte sollten auch das Verständnis der Frauen untereinander stärken, insbesondere für ihre je unterschiedlichen Lebensrealitäten. Und diesen Realitäten solle gesellschaftlich Rechnung getragen werden. Das erhofft sich Miriam Christen-Zarri.
Von Feminismus und Gleichstellung profitierten nicht nur Frauen. Dadurch werde die Gesellschaft insgesamt gerechter und besser. Davon ist Sarah Paciarelli überzeugt. Und sie hofft, dass die Frauensession dies auch anderen Menschen aufzeigt.
Die in Deutschland aufgewachsene SKF-Kommunikationsfrau mit polnisch-italienischen Wurzeln schwärmt: «Für mich, die noch nie in einem Land leben durfte, in dem ich auch wahlberechtigt war, ist es ein grosses persönliches Erlebnis, an der Frauensession im Nationalratssaal über die politischen Forderungen der Session abstimmen zu dürfen.»
Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant
https://www.kath.ch/newsd/frauenpower-im-bundeshaus-wofuer-sich-katholikinnen-einsetzen-wollen/