Von Adoray zu Loretto: Lobpreis hinter Klostermauern

Die Loretto-Gemeinschaft ist von Österreich in die Schweiz gelangt. Dahinter stehen Menschen wie Tanja Pürro. Irgendwann habe sie sich für Adoray zu alt gefühlt, erzählt sie: «Wir besuchen die Gottesdienste in unseren Heimatpfarreien. Aber wir wünschen uns mehr Tiefgang für unseren eigenen Glaubensweg.»

Regula Pfeifer

An der alten Klostermauer ist erst eine rostige Türe zu sehen. Das scheint nicht der richtige Eingang zu sein. 20 Meter weiter wieder eine Türe. Hier wird für die Loretto-Gemeinschaft geworben, voilà. Auf das Klingeln hin öffnet eine strahlende Frau. Es ist Tanja Pürro, die Leiterin der Loretto-Gemeinschaft in der Schweiz.

Sie führt die Treppen hinunter. Unter der Laube sitzen zwei Frauen um die Dreissig und schauen erwartungsvoll. Die beiden werden eine tragende Rolle spielen an diesem Gebetsabend in der Maisonette, die innerhalb der Mauern des Visitantinnen-Klosters in Solothurn liegt. Seit Herbst 2020 hat die Loretto-Gemeinschaft hier ein «Geistliches Zentrum».

Inspiration aus Salzburg

Die Loretto-Gemeinschaft in Solothurn hat ihren Ursprung am Pfingstanlass von 2012 in Salzburg. Daran nahm Tanja Pürro gemeinsam mit zwei Kolleginnen teil. Die drei fanden: So ein Haus, in dem gebetet, gefeiert und gelebt wird, würden sie sich auch für Solothurn wünschen. «Wir sehnen uns nach einem Haus, wo Gott gegenwärtig ist und Begegnung mit ihm möglich wird», heisst es in der Vision vom Geistlichen Zentrum. «Unsere Sehnsucht ist, unsere Berufung als Jünger zu leben und andere Menschen zu Jüngern zu machen.»

Im Herbst 2018 begannen sie zu viert die Vision umzusetzen. Unter ihnen war auch ein Priester, der seit August 2020 einen Solothurner Pastoralraum leitet. Im selben Pastoralraum ist auch Tanja Pürro als pastorale Mitarbeiterin tätig. Nach eineinhalb Jahren in einer Zweizimmerwohnung mitten in Solothurn konnte die Loretto-Gemeinschaft in die «Maisonnette» wechseln. Hier treffen sie sich nun jeden Mittwoch um halb acht zum Gebet.

Holzkreuz und Ikone

Die Maisonnette ist ein kleines altes Haus, hübsch renoviert. Das Parterre besteht aus einem einzigen Raum. Er ist als Gebetsraum und Caféraum zugleich eingerichtet. In den oberen Stockwerken hat es weitere kleine und grössere Räume: für Seelsorgegespräche, für Meditation und für Büros. In einem Büro ist Tanja Pürro einquartiert. Hier hat sie den Impuls für diesen Abend vorbereitet.

Gegen halb acht kommen eine weitere Frau und ein Mann. Draussen dunkelt es. Alle kennen sich, tauschen sich aus, schäkern. In kurzer Zeit sind alle bereit für den Gebetsabend. Die Sängerin und die Pianistin machen sich vorne bereit – quasi im Chor. Da ist das Licht hell. Und da steht an der Wand zentral das grosse Holzkreuz, mit zwei Ikonen oben – und unten eine Ikone der Heiligen Familie. Alle Loretto-Gebetskreise stellen diese Ikone auf, hat Tanja Pürro eben erklärt.

Gebetsabend live auf Youtube

Der übrige Raum liegt im Dunkeln. Hier stehen Tanja Pürro und die beiden, die zuletzt dazugekommen sind. «Ist die Kamera an?», fragt Pürro. Dann kann es losgehen. Die beiden Frauen vorne begrüssen die Mitfeiernden – und blicken dabei in Richtung Kamera, die an der Decke hängt. Diese überträgt den Gebetsabend per Livestream auf Youtube.

Die Frau links ist Mirjam Graf. Sie singt ins Mikrofon, ihre Kollegin am Klavier begleitet, und das – vor Ort dreiköpfige – Publikum singt mit. «Jesus mein Retter» heisst das erste Lied, das zweite trägt den Refrain «Ich öffne mein Herz». Geschätzt ein Dutzend Lieder werden an diesem Abend gesungen. Die Beteiligten nennen es «Lobpreis». Die Texte dazu sind an einem Monitor ablesbar.

«War’s das also? Nein, es gibt Jesus.»

Tanja Pürro

Nach einer halben Stunde tritt Tanja Pürro ins Licht. In persönlicher Art spricht sie über Unfreiheit aufgrund von unguten Beziehungen, Ängsten, Krankheit, psychischer oder materieller Not. Und darüber, wie Jesus das unterdrückte Volk in ein neues Reich führen wollte. «War’s das also?», fragt sie ins Publikum. «Nein, es gibt Jesus», antwortet sie gleich selbst. Und er sei der Retter. Ihm könne man all seine Probleme anvertrauen.

Zu Jesus in drei Schritten

Dazu zeigt sie Schritte auf, die zum Glauben an Jesus führen könnten. «Erstens an Jesus glauben, zweitens Jesus in unser Leben lassen, drittens Jesus anrufen.» Für Erstes zitiert sie die Engel, die den Hirten verkünden (Lukas 12): «Heute ist euch Christus, der Retter, geboren.» Fürs Zweite erzählt sie vom Zöllner Zachäus (Lukas 19), der nach einem Besuch Jesu plötzlich bereit ist, die Hälfte seines Besitzes Bedürftigen zu schenken. Fürs Dritte zitiert die Rednerin den Römerbrief (10/13): «Jeder, der den Herrn anruft, wird gerettet werden.» Dafür sei «viel Lobpreis nötig, am besten immer», sagt Tanja Pürro. Sie meint damit nicht ewiges Musizieren, sondern eine innere Haltung, die jede und jeder einnehmen sollte.

Weitere Lobpreislieder folgen, die einen halten die Hände weit auf, andere wippen mit. Irgendwann setzt sich jemand aufs Sofa. Dann macht die Klavierspielerin den Abschluss mit dem Kreuzzeichen und den Worten: «Gelobt sei Jesus Christus». Alle antworten: «In Ewigkeit Amen.» Kurz danach sitzen sie auf dem Sofa und Stühlen und reden über Alltägliches, etwa die geplante Corona-Impfung.


 

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