«Allianz Gleichwürdig Katholisch» will synodalen Prozess mitgestalten und Bischöfe befragen

Im Rahmen des synodalen Prozesses befragen die Bischöfe das Kirchenvolk. Die «Allianz Gleichwürdig Katholisch» findet das zu einseitig. Sie will auch die Bischöfe befragen – und stösst darauf mit dem Walliser Rotwein «Mitra 2020» an.

Raphael Rauch

Der Enthusiasmus spricht an diesem Abend Französisch. Die Frau, die bei der «Allianz Gleichwürdig Katholisch» euphorisch auf den synodalen Prozess blickt, stammt aus Frankreich. Sie heisst Isabelle Vernet, ist Seelsorgerin an der Lausanner Hotelfachschule EHL und koordiniert Ehrenamtliche in der Kirche in der Waadt.

Isabelle Vernet ist voll des Lobes über Papst Franziskus: «Es geht dem Papst nicht nur ums Zuhören, sondern auch ums Handeln. Das ist unsere grosse Chance», sagt sie. «Wir können die Kirche verändern. Auf geht’s.» Sie ist Teil des Netzwerkes «Réseau des femmes en église» und Mitglied der Steuergruppe «Allianz Gleichwürdig Katholisch».

Die neu gegründete Allianz hat am Montagabend nach Olten eingeladen. 18 Frauen sind gekommen und acht Männer. Die meisten sind über 50, die jüngste Frau in der Runde ist die künftige Geschäftsleiterin der Allianz: Mentari Baumann (28). Sie beginnt am 1. Dezember den neuen Job, der voraussichtlich am St. Karliquai in Luzern angesiedelt ist. Dort haben auch die katholischen Jugendorganisationen ihren Sitz.

Mentari Baumann strahlt. Ihr ist anzumerken: Sie freut sich riesig auf ihre neue Aufgabe. Doch sie weiss: Es wird nicht einfach. Das Stimmungsbarometer in der Allianz ist höchst unterschiedlich. Es gibt wenige Enthusiasten wie Isabelle Vernet, viele verhaltene Optimisten – aber auch Pessimisten.

Erinnerungen an die Synode 72

Nach Olten sind Männer wie Alfons Sonderegger gekommen. Er hat die Synode 72 persönlich erlebt: viele Worte, viele Ergebnisse, wenig Taten.

Der Kapuziner Willi Anderau hat im Laufe seiner bewegten Kirchenkarriere auch schon viele leere Versprechen gehört. Er befürchtet, dass der synodale Prozess sehr einseitig wird: «Wir werden befragt. Ich würde aber gerne die Bischöfe befragen, wo sie die Probleme der Kirche sehen. Wenn sie ehrlich sind, kommen sie auf dieselben Punkte wie wir.»

Zu den Pessimistinnen gehört Veronika Jehle. Die Spitalseelsorgerin und Journalistin sagt über den synodalen Prozess, den Papst Franziskus diesen Sonntag weltweit eröffnet: «Mir fehlt die Verbindlichkeit. Es ist nicht das erste Mal, dass Dinge auf den Tisch kommen, ohne dass am Ende etwas passiert.»

Katharina Jost vom Frauenbund fasst ihre Gruppendiskussion so zusammen: «Wir fühlen uns gegängelt. Wir fühlen uns wie Schülerinnen und Schüler, die Fragen beantworten sollen. Wir wollen selbst bestimmen, was unsere Fragen sind. Vor 50 Jahren hat die Synode 72 schon fast alle Themen auf den Tisch gebracht.»

Am Ende des Abends überwiegt der Optimismus. Die Ärztin Franziska Zen Ruffinen aus dem Wallis sagt: «Wir können und werden nicht nur auf die Bischöfe warten, sondern schreiten voran wie weltweit viele Frauen. Nehmen wir uns ein Beispiel an den Inderinnen und Südamerikanerinnen: Wir ziehen einfach weiter, zur Not an den Bischöfen vorbei.»

Konkret beschliessen die Mitglieder der Allianz: Sie möchten den synodalen Prozess mitgestalten – trotz vieler Fragezeichen. Sie werden aktiv auf die Bischöfe zugehen und ihnen Fragen stellen – etwa im Rahmen von Versammlungen oder Tagungen. Vielleicht auch in Gesprächen, wenn sie bei den Bischöfen einen Termin bekommen.

Nicht auf Rom warten

Und was wollen sie den Bischöfen mitteilen? Dass sie nicht auf Rom warten sollen, sondern als Bischöfe Verantwortung für ihr Bistum übernehmen und vorwärts machen sollen, sagt ein Teilnehmer. Auf einem Plakat steht die Befürchtung: «Dass die Anliegen in Schubladen verschwinden. Dass wir die Definitionsmacht darüber, was Kirche ist, denen überlassen, die Schubladen bedienen.»

Andere stören sich am Begriff «vorsynodale Phase», wovon zurzeit viel die Rede ist: «Wie kann man Synodalität ernst nehmen, aber zwischen vorsynodaler und synodaler Phase unterschieden?»

«Amtskirchlicher Ungehorsam»

«Eigendynamik», steht ebenfalls auf einem Plakat. Oder «Kirche von unten aufbauen», «amtskirchlicher Ungehorsam».

Und was heisst das jetzt konkret? «Wer Fragen stellt, führt», lautet das Fazit. «Wir werden ganz viele Fragen stellen. Gerade den Bischöfen. Aber nicht nur denen.» Die Vernetzungsarbeit der Allianz gehe ohnehin weiter. Claudia Mennen berichtet, wie dank der Allianz die Idee von Gottesdiensten vor der Kirchentür Nachahmerinnen in anderen Kantonen findet. Als kleines, aber deutliches Zeichen gegen Ausgrenzungsmechanismen in der Kirche.

An diesem Abend steht fest: Die Reformkatholiken wollen nicht auf die Synode 2023 warten, sondern schon jetzt aktiv werden. Sie wollen auch dafür sorgen, dass Papst Franziskus beim Ad-limina-Besuch der Schweizer Bischöfe im November von den Reformanliegen erfährt. Auch darauf stossen die Allianz-Mitglieder mit Walliser Rotwein an. Der vielsagende Name: «Mitra 2020».

Ein Interview mit Isabelle Vernet lesen Sie in den nächsten Tagen auf kath.ch.


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