In «Fabian oder der Gang vor die Hunde» nimmt Dominik Graf das Publikum mit nach Berlin. Dort sind die frühen 1930-Jahre geprägt von Hedonismus, wirtschaftlicher Not und Nationalsozialismus. Fabian ist mit seinen feinen Moralantennen mittendrin und beobachtet genau – wie sein Schöpfer Erich Kästner.
Sarah Stutte
Im Berlin der 1930er-Jahre verdient der 32-jährige Jakob Fabian sein Geld als Werbetexter, obwohl er lieber ein gefeierter Schriftsteller wäre. Des Nachts zieht er durch Clubs. Als er an einem dieser Abende die aufstrebende Schauspielerin Cornelia kennenlernt, meint er, seine grosse Liebe gefunden zu haben. Da aber in Berlin «in allen Himmelsrichtungen der Untergang wohnt», scheint das Glück nicht von Dauer zu sein.
Mit dem Namen Erich Kästner verbindet man heute vor allem Kinderliteratur, doch der deutsche Autor hat weit mehr geschrieben. 1931 erschien sein autobiografisch geprägter Roman «Fabian – Die Geschichte eines Moralisten», der vom drohenden Unheil durch das NS-Regime kündete. Das Buch wurde verboten und verbrannt.
Die Neuverfilmung des Stoffes durch Dominik Graf zeugt vom ironischen Ton des Originals, ist stilistisch verspielt und detailreich. Schon das Buch zeichnete sich durch schnelle Schnitte und Montagen aus. Graf verwendet Split Screens oder Szenen, die kurz herangezoomt werden, um dann wieder im Schwarz zu verschwinden. Herausragend ist die Eröffnungssequenz: Die Kamera nimmt uns mit auf einen U-Bahnsteig im Jetzt, um uns auf der anderen Seite in die 1930-Jahre zu entlassen. Durch die Vermischung der Zeiten hält Graf dem modernen Publikum den Spiegel vor: Eine Gesellschaft kann jederzeit «vor die Hunde gehen». Ein knapp dreistündiges faszinierendes Epos, technisch raffiniert, gut gespielt und erschreckend zeitgemäss.
«Fabian oder der Gang vor die Hunde», Deutschland 2021, Regie: Dominik Graf, Besetzung: Tom Schilling, Albrecht Schuch, Saskia Rosendahl, Verleih: DCM, www.dcmteam.com
Kinostart: 1. Juli 2021
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https://www.kath.ch/newsd/erich-kaestner-verfilmung-mit-fabian-nach-babylon-berlin/