Armin Laschet, Nathanael Liminski – und die Kritik an Schweizer Bischöfen

Mit dem CDU-Politiker Armin Laschet will ein liberaler Katholik ins Kanzleramt einziehen. Sein engster Berater Nathanael Liminski stammt aus einer Opus-Dei-Familie mit zehn Kindern. Dessen Vater hat kürzlich ein Pastoralpapier aus Basel und St. Gallen kritisiert: «Das Papier der zwei Bistümer riecht nach einem Totenschein.»

Raphael Rauch

Nathanael Liminski (35) ist ein vielgefragter Mann. Er gilt als Mastermind von Armin Laschet (60), dem CDU-Kanzlerkandidaten. Doch Interview-Anfragen lehnt Liminski meistens ab. Nicht er soll glänzen – sondern sein Chef.

«Generation Benedikt» – kein Sex vor der Ehe

Früher stand Liminski gerne im Rampenlicht. Früher, das war 2005, als aus Joseph Ratzinger Papst Benedikt wurde. Liminski gründete die «Generation Benedikt»: ein konservativer Club von jungen Papst-Fans, die Benedikt XVI. anhimmelten, kein Sex vor der Ehe wollten und Homosexualität kritisierten.

Nathanael Liminski gilt damals als Prototyp der «Generation Benedikt». Seine Eltern gehören zum Opus Dei. Nathanael Liminski wächst mit neun anderen Geschwistern auf, er ist Nummer acht. 2005 macht er Abitur, erhält ein Journalismus-Stipendium der CDU-nahen Adenauer-Stiftung. Auch das Cusanuswerk fördert ihn, das Begabtenförderungswerk der deutschen Bischöfe.

«Ich habe meinen Penis noch nicht verloren»

Nathanael Liminski fällt auf. Er ist eloquent und vertritt Thesen, die nicht zum Zeitgeist passen. Er ist ein Konservativer, aber kein Bornierter. Und er hat Humor. 2007 empfiehlt der Sexualaufklärer Oswalt Kolle in einer Talkshow dem jungen Katholiken Sex vor der Ehe: «Use it or lose it.» Liminski kontert mit den Worten: «Ich kann die Runde beruhigen, ich habe meinen Penis noch nicht verloren.» Das Video hat auch heute noch Unterhaltungswert.

Aus der Zeit von damals stammen Aussagen, die Liminski heute unangenehm sind: «Ich kenne viele Homosexuelle, und einige tun mir leid», sagt er 2007 dem «Spiegel». «Der Staat muss schon aus reiner Selbsterhaltung die natürliche Form der Ehe und Familie fördern.»

Uneheliches Kind – Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander

Liminski hat seine Haltung zu Schwulen und Lesben geändert: «Für die soziale Stabilität einer Gesellschaft ist wichtig, dass Menschen in einer Partnerschaft verbindlich und verlässlich füreinander Verantwortung übernehmen. Und das gilt selbstverständlich unabhängig von ihrem Geschlecht», sagte er kürzlich der «Süddeutschen Zeitung».

Nathanael Liminski ist offener geworden. Denn auch er hat gemerkt: Anspruch und Wirklichkeit klaffen oft auseinander. In der katholischen Kirche – aber auch bei ihm selbst. Irgendwann wird bekannt, dass er Vater wird – obwohl er nicht verheiratet ist. Seine Neider lästern über die unbefleckte Empfängnis.

Liminski stammt aus einer Opus-Dei-Familie

Vom strammen Konservativen zum gemässigten Laschet-Berater: Nathanael Liminski hat sich gewandelt. Sein Vater hingegen steht nach wie vor für ein kerniges konservatives Profil. Jürgen Liminski (71) war langjähriger Journalist beim «Deutschlandfunk». Seine Frau Martine ist Französin. Beide gehören zum Opus Dei. Den neuen Bischof von Chur, Opus-Dei-Mann Joseph Bonnemain, kennt Jürgen Liminski aber nicht.

Über seine katholische Ausrichtung sagt Jürgen Liminski: «Ich selbst klebe mir kein Etikett an. Ich bekenne mich zur römisch-katholischen Kirche, also auch zum Papsttum. Das ist für manche wohl schon reaktionär, für mich einfach nur katholisch.»

Kritik am Pastoralpapier von Basel und St. Gallen

Vor Wochen gab ein Artikel von Jürgen Liminski in der konservativen «Tagespost» zu reden. Liminski verantwortet und gestaltet hier die Familienseite.

«Ich masse mir nicht an, gut über die katholische Kirche in der Schweiz Bescheid zu wissen», sagt Jürgen Liminski. Trotzdem echauffierte er sich über ein neues Pastoralpapier der fortschrittlichen Bistümer Basel und St. Gallen mit dem Titel: «Paare und Familien: Kirche und Pastoral betreten ‹Heiligen Boden›».

Naturrecht verwässert?

Die Rezension dürfte den Bischöfen von Basel und St. Gallen, Felix Gmür und Markus Büchel, nicht gefallen haben. Jürgen Liminski zündelte: «Lernen statt verkünden: Die Bistümer St. Gallen und Basel stehen beispielhaft dafür, wie man die auf dem Naturrecht basierende Lehre der Kirche verwässern kann.»

Laut Jürgen Liminski kommt in dem Pastoralpapier die Ehe zu kurz: «Von Unauflöslichkeit ist nicht mehr die Rede, nur noch von Dauer. Und die Definition von Ehe und Familie aus dem Katechismus sucht man vergebens.»

Barbara Kückelmann widerspricht

Mehr noch: «Natur des Menschen? Christliches Menschenbild? Was Gott verbunden hat, darf der Mensch nicht trennen? In Basel und St. Gallen alles vergangen und überholt. Das Papier der zwei Bistümer riecht nach einem Totenschein», kritisiert Jürgen Liminski.

Die Pastoralverantwortliche des Bistums Basel, Barbara Kückelmann, konterte im März die Vorwürfe mit den Worten: «Wenn wir Paaren und Familien in der Pastoral begegnen, dann gilt es zuallererst, die Realität wahrzunehmen, in der Paare und Familien leben.» Und Kückelmann betont: «Die ‹Pastoralen Orientierungen› thematisieren auch die sakramentale Ehe.»

Zwei Katholiken im Kanzleramt?

Man kann vom Vater nicht auf den Sohn schliessen. «Ob meine Haltung Einfluss auf die Politik oder allgemein das Denken der Kinder hat, vermag ich nicht zu beurteilen», sagt Jürgen Liminski mit Blick auf seinen Sohn Nathanael.

Sollte Armin Laschet Kanzler werden, dürfte Nathanael Liminski Kanzleramtsminister werden. Nach 16 Jahren mit der protestantischen Pfarrerstochter Angela Merkel wären dann zwei Katholiken im Kanzleramt: ein liberaler, der für den rheinischen Katholizismus steht, und ein konservativer. Das Kanzleramt wäre ein bisschen wie der Vatikan: Liminski als Generation Benedikt – und sein Chef Laschet als Generation Franziskus.


Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

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