Das höchste Gipfelkreuz der Schweiz hat den Segen des Erzbischofs

4634 Meter: Die Dufourspitze in den Walliser Alpen ist der höchste Gipfel der Schweiz. Es hat ein neues, altes Gipfelkreuz – dank der Italiener.

Boris Burkhardt

Die kurze Messe auf fast 4634 Metern war für Denis Gruber (32) schon etwas Besonderes: «Ich fühle mich auf dem Gipfel Gott sehr nah», sagt der Präsident der Zermatter Bergführer. Er sagt, er sei «im Schatten der Dufourspitze in einer katholischen Region» aufgewachsen.

Schon etwa 25 Mal war Gruber auf dem höchsten Gipfel der Schweiz. Aber am vergangenen 9. September war es ein besonderer Besuch.

Zusammen mit den Bergführergruppierungen aus den angrenzenden italienischen Gemeinden hatten die Zermatter Bergführer das neue Gipfelkreuz aufgerichtet: Alagna Valsesia und Macugnaga (Piemont) sowie Gressoney und Ayas (Aostatal). Mit dabei war auch der Priester Marco Barontini aus Alagna.

Die Italiener nennen die Dufourspitze neben der wörtlichen Übersetzung Punta Dufour auch Monte Rosa.

Walliser Spezialitäten und Bergsteiger-Tracht

«Wir hatten eine Fleischplatte mit Walliser Spezialitäten mitgebracht. Aber es war sehr kalt», sagt Gruber und lacht. Zum feierlichen Anlass trug er die Tracht der Zermatter Bergsteiger.

Es ist bereits das zweite Gipfelkreuz, das auf der Dufourspitze errichtet wurde. Die Initiative ging damals wie heute von italienischer Seite aus, wie Andrea Enzio (52) zu berichten weiss. Enzio ist Chef des Corpo Guide Alagna, der Bergsteigertruppe aus dem italienischen Dorf Alagna Valsesia.

Italienische Jugend-Bergsteiger waren Initianten

Die Initiative für das erste Kreuz kam 1964 durch die Gruppe «Edelweiss – Amici della Montagna» aus der Stadt Cantù in der Provinz Como zustande. Es handelt sich um eine katholische Jugendgruppe, die Teil des Club Alpino Italiano (CAI) ist.

Laut Enzio waren die Jugendlichen «voller Enthusiasmus», motiviert vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65) und vom 100. Geburtstag des CAI 1963.

Eine Madonna vom Erzbischof

Das Kreuz wurde damals in Eigenleistung der Edelweiss-Gruppe aus Aluminium hergestellt. Geweiht hat es der Erzbischof von Mailand, Giovanni Colombo. Er spendete eine kleine Madonna, die im Herzen des Kreuzes eingeschlossen wurde.

Damals musste das Kreuz in drei Teilen mit Schlitten auf den Gipfel gebracht werden: Enzio berichtet, dass die jungen Bergsteiger am 4. August 1964 um ein Uhr nachts von Alagna Valsesia aufbrachen und über den Gletscher zum Gipfel kamen. Der liegt auf Zermatter und damit Schweizer Gebiet; die Landesgrenze verläuft wenige Meter unterhalb.

Mutmasslich beschädigt

Bereits 2015 musste die beschädigte Basis des Kreuzes erneuert werden. Im August 2018 wurde das Kreuz jedoch mutmasslich von Unbekannten ausgerissen und die Südwand der Dufourspitze hinuntergeworfen. Bis heute wurden noch nicht alle Teile gefunden.

Das neue Kreuz sieht in seiner Skelettstruktur aus wie das alte und ist mit 1,60 Metern auch so hoch. Laut Enzio besteht es aber nicht mehr aus Aluminium, sondern aus einem leichten Spezialstahl. Es wiegt laut Gruber 70 Kilo.

Ähnlich, aber aus Stahl

Hergestellt wurde das Kreuz erneut von der Edelweiss-Gruppe. Auch deren Vertreter waren am 9. September 2020 wieder mit auf dem Gipfel.

Dabei wurden die erhaltenen Teile des alten Kreuzes wiederverwendet, wie Gruber nach der Anbringung dem «Walliser Boten» mitteilte. Das Kreuz sei bereits am 1. August in Alagna Valsesia gesegnet worden und habe erneut eine Madonnenstatue vom Mailänder Erzbischof erhalten. Dann habe man auf günstige Witterung warten müssen.

Mit Helikopter transportiert

Im Gegensatz zur Mühsal der ersten war die zweite Kreuzanbringung einfacher. Das Kreuz wurde mit einem italienischen Helikopter auf den Gipfel transportiert.

Dennoch war die Aktion für die Teilnehmer nicht weniger emotional. Wie Andrea Enzio berichtet, bedeutet das Gipfelkreuz für einen Alpinisten immer, «ein Ziel zu erreichen und die Schönheit der Schöpfung zu geniessen».

Zeichen der Einheit – in schwierigen Zeiten

«Alle, Gläubige und Nicht-Gläubige», meint er, könnten im Kreuz menschliche Werte erkennen, die alle teilten: «Brüderlichkeit, Toleranz, Solidarität und Liebe zur Natur».

In diesem Sinne weist die Plakette auf dem Kreuz speziell auf das «für die ganze Welt schwierige Jahr 2020» hin, fährt Enzio fort: «Wir geben hier ein starkes Signal der Einheit. Unter einem einzigen Bergmassiv versammeln sich Menschen aus zwei Ländern. Die Bergspitze vereint die Menschen, statt sie zu trennen.»

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https://www.kath.ch/newsd/das-hoechste-gipfelkreuz-der-schweiz-hat-den-segen-des-erzbischofs/