Josef Annen: «Doppelbistum ist eine unglückliche Bezeichnung»

Kommt mit dem neuen Bischof das Doppelbistum Chur-Zürich? Laut dem ehemaligen Generalvikar Josef Annen würde ein Bistum Chur-Zürich das Zürcher Provisorium beenden. Und der Bischof wäre in Zürich näher bei politischen und religiösen Entscheidungsträgern.

Raphael Rauch

Wie beurteilen Sie die Diskussion um ein Doppelbistum Chur-Zürich?

Josef Annen*: Doppelbistum ist eine unglückliche Bezeichnung. Beim Bistum «Chur-Zürich» geht es um einen Doppelnamen. Das Anliegen ist die Präsenz des Bischofs von Chur in der Bistumsregion Zürich. Wichtig sind die Begegnungen.

Mit wem?

Annen: Wichtig sind die Begegnungen des Bischofs mit seiner Kirche vor Ort, der Kontakt mit den Pfarreien und nicht zu vergessen mit den anderssprachigen Missionen, die einen Drittel der katholischen Gläubigen im Kanton Zürich ausmachen. Wichtig sind auch die Begegnungen mit der reformierten und christkatholischen Schwesterkirche und den orthodoxen Kirchen. Und der interreligiöse Dialog und der Kontakt mit dem Staat.

Welche Szenarien gibt es?

Annen: Der Bischof von Chur kann zwei Wohnsitze haben, einen in Chur und einen in Zürich. Er kann sich auch durch einen ständigen Weihbischof mit Sitz in Zürich vertreten lassen. Der Weihbischof kann in Personalunion Generalvikar sein. Oder der Bischof von Chur kann für die Verwaltung einen eigenen Generalvikar für Zürich ernennen.

Um in Chur aufzuräumen – muss man da nicht in der Höhle des Löwen sein, also in Chur?

Annen: Wer vorsteht und leitet, bespricht sich mit allen Beteiligten, sucht nach gerechten Lösungen für alle und hinterlässt nach Möglichkeit keinen Scherbenhaufen.

Was würde ein Doppelbistum für Chur bedeuten?

Annen: Chur würde Bischofssitz bleiben. Die Bistumsregion Zürich würde definitiv dem Bistum Chur-Zürich zugehören. Ein Provisorium, das seit 1819 dauert, würde zu Ende gehen.

Wer war in der Vergangenheit für diesen Vorstoss? Und warum wurde er nicht umgesetzt?

Annen: Dieser Vorstoss war am Ende der Amtszeit von Bischof Amédée Grab spruchreif. Bischof Vitus Huonder hat aber davon Abstand genommen. Joseph Bonnemain war an der Ausarbeitung des Projektes massgeblich beteiligt.

Sie und Joseph Bonnemain sind Namensvetter. Was verbindet Sie noch?

Annen: Es verbindet uns mehr als der Vorname. Wir haben in den vergangenen Jahren am gleichen Strick gezogen für eine glaubwürdige Kirche.

Welche Charismen des Heiligen Joseph könnten hilfreich sein für den neuen Bischof Joseph Maria Bonnemain?

Annen: Joseph war Bauhandwerker und hat zugepackt. Er war gerecht und hat um seinen Dienst für Jesus kein Aufhebens gemacht.

Der Stuttgarter Dekan Christian Hermes sagt: «Der Titel und die Kathedrale machen es nicht allein. Man muss ein Konzept haben, was man dort anfangen möchte.»

Annen: Strukturen sind mit Leben zu füllen, das ist richtig.

Seit Ende Oktober sind Sie pensioniert. Sie haben eine Auszeit im Tessin genommen. Werden Sie nun als Aushilfspriester tätig?

Annen: Ich versuche, die mir geschenkte Lebenszeit gut zu nutzen. Dazu gehört die Bereitschaft zu priesterlichen Diensten.

* Josef Annen (75) war bis zum 31. Oktober 2020 Generalvikar für Zürich und Glarus. Nach aussen hin verhielt er sich loyal zur Churer Bistumsleitung. Intern kämpfte er vehement für die Interessen von Zürich und Glarus.


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