Hinduistischer Tempel: Gold als Symbol für Dankbarkeit

Der Hindu-Tempel in Trimbach im Kanton Solothurn ist bunt. Golden ist nur der Schmuck der Götter. «Gläubige schenken Goldketten und Armreifen, wenn ein Wunsch von ihnen in Erfüllung gegangen ist», sagt Sunthar Balasubramanjam, Priester des Tempels.

Alice Küng

Unerwartet ragt in der ländlichen Idylle bei Olten ein bunt verzierter Turm empor. Der 14-Meter hohe «Gopuram» gehört zum Hindu-Tempel «Sri Manonmani Ampal». Rot-weisse Streifen schmücken die Fassaden.

Ein Tempel wie ein Mensch

«Er ist wie ein Mensch aufgebaut. Beim Eingang sind die Füsse und in der Mitte ist das Herz», sagt Sunthar Balasubramanjam, Priester des Tempels. Vor 15 Jahren kaufte der «Verein zur Förderung der tamilischen Kultur in der Schweiz» in Trimbach eigenes Land. Darauf wurde der Tempel gemäss traditionellem Baustil errichtet.

«Er ist besonders wichtig für uns», sagt Balasubramanjam, der seit 40 Jahren hier lebt. Anders als die anderen Hindu-Tempel der Schweiz ist jener in Trimbach ein eigenständiges Gebäude. «Alle anderen befinden sich in umgebauten Gewerbehallen in Industriequartieren», sagt er.

Verdünntes Gold

Es ist stark geheizt. Ein Geruch von Räucherstäbchen liegt in der Luft. Balasubramanjam zieht sich die Schuhe aus und öffnet die Türen zum Gebetsraum. Farbige Tücher, Blumen und Kerzen sind zu sehen. In der Mitte befindet sich der Altar der Hauptgöttin des Tempels.

Gold ist rar. «Nur wenige Tempel in Sri Lanka und Indien sind mit Blattgold verziert», sagt Balasubramanjam. Dennoch glänzt es. «Das ist eine Mischung aus Kupfer, Eisen, Bronze, Gold und Edelstahl», sagt er. Aus diesem Material oder aus Stein werden die meisten Gottheiten geformt. So lehre es die Hindu-Schrift «Agama».

Gold zum Dank

Balasubramanjam umrundet die Hauptgöttin Manonmani im Uhrzeigersinn. Ringsum sind Altäre mit weiteren Gottheiten angebracht. Andächtig zieht der Priester den Vorhang vor Shiva, Ganesha, Krishna und dem typisch tamilischen Gott Murugan zur Seite.

Hier zeigt sich das kostbare Edelmetall doch noch. Fast alle Skulpturen tragen Schmuckstücke aus Gold. «Gläubige schenken Goldketten und Armreifen», sagt der Priester.

Das symbolisiere ihre Dankbarkeit. Denn Gold habe eine wichtige Bedeutung in der Hindu-Tradition. «Es steht für etwas Edles», sagt Balasubramanjam. Da das Edelmetall jedoch sehr teuer sei, spenden viele Gläubige stellvertretend auch Kleider.

Eine Familientradition geht zu Ende

Bevor Balasubramanjam das Heiligtum betritt, zieht er sein Hemd aus. Er wickelt sich einen Schal um die Hüfte. «Das ist ein Zeichen von Respekt», sagt der Priester. Mit einem Kerzenhalter in der Hand steigt er die Treppe zur Göttin Manonmani hinauf.

«Nur Priester dürfen hier hinein», sagt er. Vorbehalten ist dieses Amt Männern der Priesterkaste. «Ich bin Brahmane. Schon mein Vater und mein Grossvater waren Hindu-Priester», sagt der 65-Jährige. In Trimbach ist das eine ehrenamtliche Aufgabe.

Weniger Gläubige – weniger Geld

Vor der Göttin Manonmani spricht Balasubramanjam ein Gebet in Sanskrit. Er macht eine Kreisbewegung mit dem Kerzenhalter. Beim Hinuntersteigen zieht der Priester den Vorhang wieder hinter sich zu. Er löscht die Kerzen.

Trotz Corona führt Balasubramanjam weiterhin Pujas – hinduistische Rituale – durch. «Es kommen aber weniger Leute», sagt er. Das bedeutet weniger Spenden. Diese seine neben den Mitgliederbeiträgen die einzige Einnahmequelle des Tempels.

Die meisten tamilische Hindus der Schweiz gehören zum Shivaismus. Das heisst, sie verehren Shiva, den Zerstörer, dessen Gattin Parvati und Sohn Murugan. Der Tempel in Trimbach ist einer speziellen Erscheinungsform von Parvati gewidmet – Manonmani.

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/hinduistischer-tempel-gold-als-symbol-fuer-dankbarkeit/