Das Jüdische Museum der Schweiz hat ein neues Haus in Aussicht

Die Schweiz hat eine reiche jüdische Tradition. Trotzdem gleicht das Jüdische Museum der Schweiz in Basel einer kleinen Klitsche. Das soll sich ändern. Ob «Goldene 20er» bevorstehen, mag Florian Lippke (37) nicht verraten. Aber der Theologe sagt: «Wir stehen vor einem Neuanfang.»

Alice Küng

«Wir haben ein neues Haus in Aussicht», sagt Florian Lippke im Flüsterton. Damit weckt der neue Museumsfachmann des Jüdischen Museums der Schweiz in Basel Neugierde. «Mehr kann ich aber noch nicht verraten», sagt er und macht grosse Augen.

Museum in Basel für die ganze Schweiz

Noch versteckt sich das Museum in einer kleinen Seitenstrasse der Stadt. Das Jüdische Museum in Basel ist das einzige seiner Art in der Schweiz. Eröffnet hat es eine Familie namens Guth vor über 50 Jahren. Es war das erste jüdische Museum im deutschsprachigen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg.

«Auch wenn es in Basel steht, erzählt das Museum die Geschichte des ganzen Schweizer Judentums», sagt Lippke. Und diese sei ein wichtiger Teil der Schweizer Geschichte.

Antisemitismus bleibt aktuell

Das Museum ist klein. Die Ausstellungsobjekte sind in vier überschaubare Räume aufgeteilt. «Wir sind gerade daran, eine Sonderausstellung zu planen», sagt die Direktorin Naomi Lubrich. Dafür grabe sie alte Lexikoneinträge über die Definition von «Jude», «Hebräer» und «Israelit» aus.

Die Frage nach der Definition ist weit mehr als eine akademische Frage. Sie sagen viel darüber aus, was und wie früher über Juden gedacht wurde. «Einige Lexikoneinträge sind idealisierend und andere abwertend», sagt Lippke.

«Hinter Israelkritik steckt oft Judenhass»

Das Thema bleibt aktuell. «Judenhass gibt es noch heute und verbirgt sich nicht selten hinter Israelkritik», sagt er. Um Antisemitismus zu bekämpfen, brauche es Aufarbeitung und Aufklärung.

Denn: «Geschichtsvergessenheit hat in der Vergangenheit schon mehrfach zu gesellschaftlichen Katastrophen geführt», sagt der Spezialist für Alte Geschichte. Dem will das Jüdische Museum entgegenwirken.

Von der Uni ins Museum

Lippkes Lieblingsraum liegt links vom Eingang. «Hier befinden sich die historischen Objekte», sagt er. Alte Öllampen, historische Drucke und eine Torarolle schmücken den Raum. Lippke hat ein Flair für alte Wissenschaften. Früher dozierte der deutsche Theologe zur hebräischen Bibel an den Universitäten Bern, Fribourg und Luzern.

Sein Wissen konnte der Dozent auch schon bei verschiedenen Ausgrabungen einbringen. «Als Archäologe forschte ich in Ägypten, Jordanien und Israel/Palästina», sagt der 37-Jährige. Seit dem Herbst arbeitet er nun im Jüdischen Museum. «Ich vermittle gerne Wissen über alte Kulturen. Dafür eignet sich die praktische Museumsarbeit besonders», sagt Lippke.

Die Macht der Sprachen

Gesagt, getan. Eifrig beginnt der Altorientalist die Details der historischen Gegenstände hinter den Vitrinen zu erklären. «Dieser Menora-Ring stammt aus dem vierten Jahrhundert nach Christus und wurde bei Kaiseraugst im Kanton Aargau gefunden.»

Lippke weiss nicht nur viel. Er ist auch multilingual. «Irgendwann habe ich aufgehört, die Sprachen alle zu zählen», sagt er. Neben Hebräisch und Arabisch spricht der Altertumswissenschaftler auch Aramäisch und Phönizisch.

Sehr gute Mundart-Kenntnisse

So überrascht es nicht, dass der Deutsche fast einwandfrei in Mundart kommuniziert. «Das bedeutet für mich Integration», sagt Lippke. Mit Sprachen befasst er sich auch an seiner neuen Arbeitsstelle. «Ich bin für das hebräische Schrifttum und die semitischen Sprachen verantwortlich.»

Der Vorhof des Museums verbindet Altes mit Neuem. Neben modernen grabsteinähnlichen Skulpturen eines Schweizer Künstlers stehen alte jüdische Grabsteine aus dem Mittelalter. «Der älteste stammt aus dem Jahr 1222», sagt Lippke und stellt sich daneben.

«Ein weites Herz für alle Religionen»

Ihm selbst gelang ein anderer Spagat. «Ich bin protestantisch aufgewachsen, habe dann intensiv an katholischen Fakultäten unterrichtet und arbeite jetzt beim Jüdischen Museum», sagt Lippke. Ein Problem sei das nie gewesen: «Ich habe ein weites Herz für alle Religionen.»


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