Stimmrecht für Ausländer in Schwyz: «SVP-Kantonsrat Diethelm bedient ein Klischee»

Das Kirchenparlament im Kanton Schwyz hat einstimmig beschlossen: Ausländische Katholiken mit C-Bewilligung sollen wählen dürfen. Dagegen wehrt sich SVP-Kantonsrat Bernhard Diethelm. Die Kantonalkirche kontert: Die SVP bediene Klischees.

Raphael Rauch

Kennen Sie den SVP-Kantonsrat und Kirchenschreiber von Wägital, Bernhard Diethelm, persönlich?

Lorenz Bösch*: Bernhard Diethelm ist ein aktiver und strammer SVP-Politiker im Kanton Schwyz.

«Es ist sein Recht, das Referendum gegen Beschlüsse des Kantonskirchenrates zu ergreifen.»

Was halten Sie von ihm?

Bösch: Ich teile selten seine Auffassungen.

Sind Sie enttäuscht, dass er ein Referendum eingereicht hat – und jetzt über das Ausländer-Stimmrecht abgestimmt werden muss?

Bösch: Gemäss der Kirchenverfassung ist es sein Recht, das Referendum gegen Beschlüsse des Kantonskirchenrates zu ergreifen.

Sind 761 Unterstützer viel oder wenig?

Bösch: Damit ein Referendum zustande kommt, braucht es 700 gültige Unterschriften. Eine erste Durchsicht ergibt, dass diese Schwelle überschritten wurde.

Diethelm befürchtet, eine Kirchgemeinde mit hohem Ausländeranteil könne «unliebsame Entscheide» fallen, «wenn sich die Ausländer mobilisieren und eine Kirchgemeindeversammlung notorisch schwach besucht sei». Wie ausländerfeindlich sind die Schwyzer Katholiken?

Bösch: Der Kantonskirchenrat – unser Kirchenparlament – hat sich einstimmig für das Stimm- und Wahlrecht von Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht mit Niederlassung C ausgesprochen. In der Vernehmlassung haben sich 23 Kirchgemeinden dafür und nur eine dagegen ausgesprochen. 13 Kirchgemeinden haben keine Stellungnahme abgegeben. Mit dem Argument bedient Bernhard Diethelm ein Klischee, einen hypothetischen Fall. Zudem müssten sich in einem solchen Falle die Katholiken mit Schweizer Bürgerrecht die Frage gefallen lassen, weshalb sie nicht an der Kirchgemeindeversammlung teilgenommen haben.

Das Stimmrecht sollen katholische Ausländer erhalten, die das 18. Lebensjahr erfüllt haben. Warum sind Sie nicht mutiger: Wahlrecht ab 16 – auch für Ausländer mit anderen Bewilligungen?

Bösch: Das Stimm- und Wahlrechtsalter liegt allgemein beim erfüllten 18. Altersjahr. Es ist durchaus denkbar, dass das eines Tages angepasst werden kann. Jetzt geht es jedoch einzig um die Frage des Stimm- und Wahlrechtes für Katholiken ohne Schweizer Bürgerrecht. Mit der Niederlassung C können wir davon ausgehen, dass Katholiken aus anderen Ländern hier heimisch geworden und Teil der Gemeinschaft geworden sind – und nicht nur kurzzeitig hier wohnen.

«Wir stellen eine gewisse Dynamik in der Ein- und Auswanderung fest.»

Jesus hätte nicht nach dem Pass verlangt.

Bösch: Es ist die Überzeugung der Kantonalkirche, dass die Herkunft bei der Mitbestimmung in der Kirche keine Rolle spielen soll.

Jetzt widersprechen Sie sich: Die Herkunft soll keine Rolle spielen – aber trotzdem gibt es das Wahlrecht erst mit der C-Bewilligung! Ich habe als Deutscher bislang nur eine B-Bewilligung. Warum wollen Sie nicht, dass ich wählen darf?

Bösch: Wir stellen eine gewisse Dynamik in der Ein- und Auswanderung fest. Oftmals bleibt jemand aus beruflichen Gründen oder wegen des Studiums nur eine gewisse Anzahl Jahre in der Schweiz. Wir denken, dass das demokratische Mitwirkungsrecht eine bestimmte Integration in die Gemeinschaft erfordert, um die Leute zu kennen oder die Bedürfnisse einer Gemeinde zu verstehen. Mit der Niederlassung C können wir davon ausgehen, dass eine Katholikin oder ein Katholik sich niedergelassen und somit fester Teil der Gemeinschaft geworden ist.

Wie optimistisch sind Sie, dass Sie das Referendum gewinnen?

Bösch: Wir hoffen darauf, dass sich die Glaubensüberzeugung der Katholiken, dass alle Getauften vor Gott gleich sind, mit deutlichem Mehr durchsetzt.

Was kostet der Urnengang – und wer kommt dafür auf?

Bösch: Der Urnengang wird einige Tausend Franken kosten, für die der Haushalt der Kantonalkirche aufkommen wird. Es handelt sich um ein politisches Recht, das gültig in Anspruch genommen wird.

Wenn nun so oder so gewählt wird – wäre es dann nicht an der Zeit, auch über andere Punkte abzustimmen? Wenn ja: über welche?

Bösch: Nein. Im Moment steht kein Geschäft oder keine Wahl an, die auch an der Urne entschieden werden müsste.

* Lorenz Bösch (60) ist Präsident der katholischen Kantonalkirche in Schwyz.


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