Ton statt Gold: Bruder Remigi Odermatts Altar ist bescheiden gedeckt

Die Heiligen Dreikönige bringen Gold, Weihrauch und Myrrhe an Jesu Krippe. Der Kapuziner Remigi Odermatt (74) hat nichts gegen Gold – bevorzugt aber einen Kelch aus Ton.

Barbara Ludwig

Die Sakristei des Kapuzinerklosters Rapperswil ist kein Ort, der das Herz von Dieben höher schlagen lässt. Die liturgischen Geräte in dem schummrigen Raum sind überschaubar: Einige Kelche aus roter Keramik, ein einziger Goldkelch – und dann sind da noch der Kelch und die Hostienschale aus Ton, die Bruder Remigi Odermatt am Altar benutzt.

Kelch und Schale sind innen und aussen hell glasiert. Eingeritzt sind Verzierungen, die einen Fisch und einen Korb mit Brot darstellen. Der Kelch gehört der Gemeinschaft und stammt aus einer Töpferwerkstatt in Assisi.

Grosse Freiheit bei den Kapuzinern

Braune Kutte, Bart und Glatze – Remigi Odermatt sieht aus, wie man sich einen typischen Kapuziner vorstellt. Der 74 Jahre alte Priester benutzt nie einen anderen Kelch, wenn er die Eucharistie im Kloster feiert. Diesbezüglich herrsche eine grosse Freiheit bei den Kapuzinern: «Es gibt kein Diktat, das vorschreibt, aus welchem Material der Kelch beschaffen sein muss. Wenn ein Zelebrant einen Goldkelch wünscht, jederzeit.» Odermatt verrät, dass das Kloster doch noch einige kostbarere Kelche besitzt – die in einem Tresor aufbewahrt werden.

«Das können wir nicht an einen Goldkelch delegieren.»

Das Gold will er nicht verteufeln. Noch heute sei das wertvolle Metall Ausdruck von Verehrung und Ehrfurcht vor dem Brot und dem Wein, die zu Leib und Blut Christi werden. Zu einfach dürfe man es sich aber auch nicht machen: «Wenn man meint, es reiche, einen kostbaren Kelch zu haben. Nein! Es geht um die innere Haltung. Die Bibel sagt: ‘Wir sind der Tempel, in dem Gott wohnt.’ Das können wir nicht an einen Goldkelch delegieren.»

Für Remigi Odermatt ist der Kelch aus Ton stimmig. Das Material überzeugt den Kapuziner wegen seiner Schlichtheit. Selbst an einem wichtigen Gottesdienst wie an Weihnachten: Ton sei das einfachste Material und passe damit perfekt zum einfachen Geschehen in Bethlehem.

Symbol für den zerbrechlichen Gott

Der Umgang mit Kelch und Schale aus Ton erfordert Sorgfalt – auch das ist ein Kriterium für Remigi Odermatt. Er sieht das Material als Symbol für die Liebe Gottes zu den Menschen, die zerbrochen sind.

Mit Jesu Geburt suche Gott den Menschen in seiner Zerbrechlichkeit auf. Das sei «heilend und befreiend», sagt der Kapuziner. Zudem mache sich auch Gott selber zu einem Zerbrechlichen. «Gerade der Anfang und das Ende des Lebens Jesu offenbaren die Zerbrechlichkeit Gottes.» Das Kind in der Krippe, der Mann am Kreuz. Der Kapuziner findet: Wer so verletzlich ist wie Jesus, der gedenkt ihm auch gerne aus einem Tongefäss. Es muss kein Goldpokal sein.

Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/ton-statt-gold-bruder-remigi-odermatts-altar-ist-bescheiden-gedeckt/