13. Dezember: Wenn Gott anders ankommt, als erwartet

Die Dominikanerin Ingrid Grave hat sich den Advent anders vorgestellt. Sie versucht, durch die Katastrophe hindurch Ziele wahrzunehmen. Zuversicht gibt ihr der Glaube an die Ankunft Gottes.

«Ich habe mir diesen Winter anders vorgestellt – nämlich, dass ich meine Arbeit wieder uneingeschränkt aufnehmen könnte. Obwohl gewisse Stimmen vor einer zweiten Corona-Welle gewarnt hatten, habe ich es nicht so recht glauben wollen. Zeitweise ist es mir schwer gefallen, mich neu zu arrangieren. Auch die vielen Massnahmen, die ich aus Rücksicht andern gegenüber einhalten musste, haben meinen Alltag ziemlich kompliziert gemacht. Auch den Advent habe ich mir anders vorgestellt. Die Pandemie hat alles durcheinander gebracht.

«Was hat Gott vor mit der Menschheit?»

Oft stelle ich mir die Frage: Wenn Gott schon zu den Menschen kommt an Weihnachten, was hat Gott grundsätzlich vor mit der Menschheit? Was sollen wir weltweit aus dieser Pandemie lernen?

Mich tröstet dann der Gedanke, dass in jeder Katastrophe eine Chance liegt. Die müssen wir aber erst erkennen. Immer wieder versuche ich, nach dem Sinn zu fragen und durch die Katastrophe hindurch Ziele wahrzunehmen, die Zukunft und Hoffnung eröffnen – nicht nur direkt auf Weihnachten hin, sondern grundsätzlich. Ich spüre auch, dass mit mir viele andere Menschen ähnliche Fragen haben. Das hilft mir.

«Wir kommen da wieder heraus.»

Die jetzige Adventszeit ist für mich sehr stark von Corona-Einschränkungen geprägt. Ich glaube aber: Wir kommen da wieder heraus. Gott hat die Menschen immer wieder aus solchen Engpässen herausgeführt. Dieses Jahr scheint die Adventsbesinnung so auszusehen: Gott kommt an, aber ein bisschen anders, als wir es erwartet haben. Das war bereits in Bethlehem so, die Menschen haben sich Gottes Ankunft auf Erden anders vorgestellt. Jetzt müssen wir offenbar lernen, dass es trotz Corona die Ankunft Gottes gibt – einfach anders als erwartet.» (Aufzeichnung bal)

Ingrid Grave (83) ist Dominikanerin und lebt in Ilanz GR. Von 1994 bis 2000 moderierte die Ordensfrau die Sonntagssendung «Sternstunden» des Schweizer Fernsehens. Von 2000 bis 2002 war sie «Wort zum Sonntag»-Sprecherin beim Schweizer Fernsehen.

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