Bistum Chur: Domkapitel wählt morgen einen neuen Bischof

Nun geht alles ganz schnell: Am heutigen Montag kommt um 10.15 Uhr das Churer Domkapitel zusammen. Die Domherren werden einen neuen Bischof wählen.

Raphael Rauch

Der Christkönig-Sonntag ist ein wichtiges Hochfest: der letzte Sonntag im Kirchenjahr. Etwas geht zu Ende, etwas Neues beginnt: Die Analogie aus dem Liturgie-Kalender könnte für das Bistum Chur kaum passender sein.

Warten seit dreieinhalb Jahren

Denn just an Christkönig platzte die Nachricht herein: Am heutigen Montag kommt das Domkapitel um 10.15 Uhr zusammen, um den künftigen Bischof von Chur zu wählen.

Auf diese Nachricht wartet das Bistum seit dreieinhalb Jahren. Am 21. April 2017 feierte Bischof Vitus Huonder seinen 75. Geburtstag. Das Kirchenrecht sieht vor, dass Bischöfe mit 75 dem Papst ihren Rücktritt anbieten. Das tat auch Vitus Huonder – doch Papst Franziskus schickte ihn in die Verlängerung.

Peter Bürcher kommt als Apostolischer Administrator

2019 bekam das Bistum keinen neuen Bischof, sondern mit Peter Bürcher einen Apostolischen Administrator. Für viele wurde der Walliser eine Enttäuschung. Statt den Übergang zu verwalten, liess er sich vom unbeliebten Generalvikar Martin Grichting einen Hardliner-Kurs diktieren.

Im März entliess Peter Bürcher den beliebten Generalvikar Martin Kopp. Dieser hatte gesagt, dass eine staatliche Intervention bei der Bischofswahl auf das Staatssekretariat einen grösseren Eindruck mache als der Protest von Reform-Katholiken.

Forderung nach einem Neuanfang

Seitdem ist Feuer unter dem Kirchendach. Auch Priester haben sich einer Protest-Gruppe angeschlossen, die auf einen Neuanfang im konservativen Bistum Chur hoffen. Der scheint nun zum Greifen nahe.

Wie kath.ch aus sicherer Quelle weiss, wählen die 22 Domherren morgen in Chur den neuen Bischof. Sie werden aus einer Dreierliste des Papstes einen Mann zum künftigen Bischof von Chur wählen. Zuerst hatte der «Tagesanzeiger» über den Termin berichtet.

Sieben Namen kursieren

Das Wahlrecht liegt im Bistum Chur beim Domkapitel. Wie kath.ch aus sicherer Quelle weiss, hat der Nuntius mehrere Anläufe genommen, um Rom einen konservativen Bischofskandidaten schmackhaft zu machen. Doch immer wieder ist er mit dieser Strategie gescheitert.

Nun läuft alles auf eine moderate Liste hinaus. Bislang machten sieben Namen als mögliche Bischöfe die Runde: Offizial Joseph Bonnemain, der Luzerner Pfarrer Ruedi Beck, der Horgener Pfarrer Adrian Lüchinger und der Richterswiler Pfarrer Mario Pinggera. Hinzu kommen der Abt von Einsiedeln, Urban Federer, der Abt von Disentis, Vigeli Monn, und der Ex-Abt von Hauterive, Mauro-Giuseppe Lepori.

22 Domherren wählen den Bischof

In den Statuten des Domkapitels ist festgehalten, dass das Kapitel von Chur aus sechs Residierenden Domherren und 18 Nichtresidierenden Domherren besteht. Allerdings sind aufgrund von zwei Todesfälle nur 22 der sonst 24 Posten im Domkapitel vergeben.

Einer, der wie viele Katholiken im Bistum Chur auf einen Neuanfang hofft, ist Martin Kopp. Er war Generalvikar in der Urschweiz – bis ihn Bischof Peter Bürcher im März fristlos schasste. Ein Brückenbauer wäre für Kopp «die Minimal-Anforderung. Schöner wäre es, wenn wir jemanden bekämen, der das Bistum kennt, der sich den Problemen stellt und mit viel Klugheit das Bistum in die Zukunft führt». Auch sollte der neue Bischof eine Vision für den Platz der Kirche im 21. Jahrhundert mitbringen.

Franziska Driessen-Reding, Präsidentin der Zürcher Landeskirche, hofft auf einen Brückenbauer: «Der neue Bischof sollte sich nicht hinter dicken Mauern verstecken. Er sollte die Türen fürs ganze Kirchenvolk öffnen und sich mit ihm gemeinsam auf den Weg machen.» Auch wünscht sich die Zürcher Katholikin, dass der neue Bischof «die Vorzüge des dualen Miteinanders schätzt».

Monika Rebhan Blättler, Präsidentin der Katholiken von Nidwalden, sagt: «Ich wünsche mir einen Bischof, der volksnah, bereit für den Dialog und zukunftsorientiert ist. Als guter Zuhörer nimmt er die Sorgen und Nöte der Basis ernst und bringt Ruhe und Frieden ins Bistum Chur.»

Thomas Bergamin, Präsident der katholischen Landeskirche in Chur, wünscht sich einen «Brückenbauer, der auch ein Menschenfreund ist. Für den neuen Bischof gelten die vier Ms: Man muss Menschen mögen.» Der neue Bischof solle den Menschen auf Augenhöhe begegnen und sie in ihrer Vielfalt akzeptieren. «Gott hat die Menschen ja so vielfältig gemacht», sagt Bergamin.

Zu den Kritikern von Peter Bürcher und seinen Vorgängern gehört der Priester Josip Knezevic. «Ich wünsche mir einen Bischof, dem die Kirche am Herzen liegt», sagt Knezevic. «Ein Bischof, der für die Botschaft des Evangeliums brennt, und der alle Gläubigen in den Blick nimmt. Katholisch heisst allumfassend. Eine Kirche für alle, egal ob links oder rechts.»

Auch junge Katholiken hoffen auf ein neues Kapitel im Bistum Chur. Der Priester Felix Hunger wünscht sich einen Bischof, der «offen gegenüber allen Gläubigen und Seelsorgenden ist, ihnen zuhört und mit ihnen spricht.»

Ähnlich äussert sich Jan Bergauer. «Der neue Bischof sollte ein dickes Fell und einen langen Atem haben», sagt der Student der Theologischen Hochschule Chur. «Die Situation im Bistum ist festgefahren und viele Fronten sind verhärtet. Hier darf er sich nicht zwischen den Parteien aufreiben lassen.» Gleichzeitig solle der neue Pontifex ein offenes Ohr für die Anliegen der Gläubigen haben: «Er sollte einen versöhnenden Kurs zwischen verfeindeten Lagern fahren und vergiftende Elemente entfernen. Sein Kurs sollte einer der Mitte sein: die Tradition wahren, aber auch gegenüber Neuerungen offen sein.»


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