Bischof kritisiert «männerbündische» Kirche

Der Zickzackkurs des Kölner Kardinals Woelki empört deutsche Katholiken. Der Kardinal hält ein Gutachten zum Missbrauch unter Verschluss. «Noch immer wird vertuscht», sagen Laien. Ein Bischof kritisiert die «männerbündische» Kirche.

Thomas Sternberg warb für Sachlichkeit. Er sei vorsichtig bei Skandalisierungen, sagte der oberste deutsche Laienvertreter – zumal die genauen Hintergründe unbekannt seien.

Opfer fühlen sich instrumentalisiert

Zugleich fand der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) deutliche Worte: «Wenn die Presseberichte zutreffen, nach denen der Betroffenenbeirat im Erzbistum Köln instrumentalisiert wurde für die Akzeptanz einer veränderten Strategie, dann ist das ein sehr schwerwiegender Skandal.»

Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Kirche sorgt momentan wieder für bundesweite Diskussionen. Insbesondere die Vorgänge in Köln stellen die Geduld auch kirchennaher Beobachter auf die Probe.

Zustimmung unter Druck gegeben

Ende Oktober hatte die Erzdiözese in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Betroffenbeirat mitgeteilt, dass das Gutachten über den Umgang mit Missbrauchsfällen der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) wegen «methodischer Mängel» nicht veröffentlicht werde.

Diese Mängel hätten andere Juristen bei einer Überprüfung bestätigt. Stattdessen solle der Kölner Strafrechtler Björn Gercke eine neue Untersuchung vorlegen. Die beiden Sprecher des Betroffenenbeirats sagten der «Süddeutschen Zeitung», sie hätten ihre Zustimmung zu dem Vorgehen unter Druck gegeben. Sie traten aus dem Beirat aus.

«Noch immer wird vertuscht»

Am Donnerstag sprach Kardinal Rainer Maria Woelki von einer «jahrzehntelangen Aneinanderreihung schwerer Fehler» im Umgang mit einem des Missbrauchs beschuldigten Priester. Ein entsprechendes Sondergutachten ist bislang jedoch ebenfalls nicht veröffentlicht, obwohl sich das Bistum Münster dafür ausgesprochen hatte.

Bischöfe und andere Leitungspersonen müssten Verantwortung für Fehler übernehmen, mahnte nun das Katholikenkomitee. «Wir sind ernüchtert, beschämt und zornig, dass sexualisierte Gewalt in der Kirche immer noch vertuscht wird.»

Missbrauch als «strukturelles Problem»

Sie sei seit Langem ein «strukturelles Problem in der Kirche» und müsse schonungslos aufgeklärt werden. Das ZdK forderte ausdrücklich eine Veröffentlichung des Kölner Gutachtens.

Täter seien nicht nur diejenigen, die aktiv missbrauchten, so das ZdK weiter, «sondern auch alle, die vertuschen, verharmlosen und eine offene und transparente Aufdeckung der Taten behindern». Wer Verantwortung trage, müsse aus Versagen Konsequenzen ziehen.

Auch Laien haben Thema verschlafen

Im Vorfeld der digitalen Vollversammlung hatten ZdK-Mitglieder auch kritisiert, dass das Zentralkomitee offizielle Zusammentreffen mit Betroffenen bislang gemieden habe.

Selbstkritisch wurde bei der Vollversammlung eingeräumt, dass das Laiengremium selber das Thema nicht schon vor Bekanntwerden der Missbrauchsfälle 2010 in den Blick genommen habe. «Wir bekennen, dass auch wir das Leid der Betroffenen oft nicht an uns herangelassen haben und diesbezüglich noch Lernende sind», heisst es.

«Ein erster kleiner Schritt»

Künftig sollten Gespräche mit Betroffenen gesucht werden – ein Vorstoss, den die Betroffeneninitiative Eckiger Tisch begrüsste.
Auf geteiltes Echo stiess der Schritt des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße, sein Amt als Geistlicher Assistent des ZdK ruhen zu lassen, bis alle Vertuschungsvorwürfe gegen ihn aufgeklärt sind. Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschland (kfd) sprach von einem «ersten kleinen Schritt».

Unter den Laien fanden die meisten ebenfalls, dass Heße sich richtig verhalten habe – manche bedauerten den Erzbischof auch.
Als richtig bezeichnete der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, den Schritt seines Amtsbruders.

Kritik am «Männerbündischen» der Kirche

Mit Blick auf den Streit um die Gutachten sagte er auf der ZdK-Vollversammlung, er sei «sehr unglücklich über die Gesamtsituation, die wir in der deutschen Kirche haben». Wer Transparenz verspreche, müsse sie auch einhalten. Klerikalismus, das «Männerbündische» und der Schutz der Institution lebten jedoch bis heute, beklagte der Bischof.

Weil das Thema so breiten Raum einnahm, wurde manches andere vertagt, darunter die Beratungen zum Reformprozess Synodaler Weg. ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose sagte zum vorläufigen Abschluss am Samstagmittag, diese Vollversammlung werde in die Geschichte eingehen. Er könnte recht behalten – gleich aus mehreren Gründen. (kna)


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