Keine Maskenpflicht in Schweizer Hospizen

Heute ist Welthospiztag. In Hospizen finden Sterbende einen würdigen Abschied. Welche Botschaft Papst Franziskus in seiner Enzyklika «Fratelli tutti» an die Hospize sendet – und warum Hospize in der Schweiz unterschiedlich mit Masken umgehen.

Alice Küng

Um in Frieden sterben zu können, gehen Menschen in Hospize. Pflegerinnen und Pfleger betreuen Patienten bis zum Tod. Die Corona-Krise war für die Hospize weniger schlimm als angenommen.

«Schwankungen sind ganz normal»

«Wir dachten, dass die Pandemie zu einer höheren Auslastung in unserem Hospiz führen würde», sagt Roland Buschor, Geschäftsführer des Hospiz St. Gallen. Dem war nicht so. Auch im Hospiz St. Antonius in Hurden und im Hospiz Zentralschweiz kam es zu keinem erhöhten Andrang.

Seit einiger Zeit beherberge das Hospiz St. Gallen sogar weniger Bewohnerinnen und Bewohner als sonst. Nur vier von sieben Betten seien im Moment besetzt. «Schwankungen sind in der Hospizkultur aber ganz normal», sagt Buschor.

Besuche von Angehörigen sind wichtig

Das bestätigt Sibylle Jean-Petit-Matile, Geschäftsleiterin des Hospiz Zentralschweiz in Luzern: «Menschen in Hospizen tendieren dazu, zeitgleich in Wellenbewegungen zu sterben. Vorherzusehen ist das aber kaum.» Anders ist die Situation im Hospiz St. Antonius in Hurden. «Unsere vier Zimmer sind eigentlich immer besetzt», sagt Schwester Jolenda Elsener, Leiterin des Hospiz St. Antonius.

Nicht alle Hospize gehen mit den Corona-Massnahmen gleich um. Bis auf das Einhalten der Abstände hat sich der Alltag im Hospiz St. Gallen nicht stark verändert. «Besuche waren bei uns immer möglich», sagt Buschor. So auch im Hospiz Zentralschweiz. «Es ist sehr wichtig für die Patienten und für die Angehörigen, sich in solch schwierigen Lebenssituationen sehen zu können», sagt Jean-Petit-Matile. Darauf zu verzichten, sei «sehr schwierig und nicht menschenwürdig».

Keine einheitliche Maskenpolitik

Im Hospiz St. Antonius hingegen mussten sich die Bewohnerinnen und Bewohner vor allem während des Lockdown umgewöhnen. «Damals durfte niemand mehr am Wochenende nach Hause gehen», sagt Elsener. Das sei nicht immer einfach gewesen.

Auch herrscht keine einheitliche Maskenpolitik in den Hospizen. «Bei uns tragen die Pflegenden und Ärzte keine Maske», sagt Jean-Petit-Matile. Für sterbende Menschen sei es sehr wichtig, die Gesichter anderer Personen sehen zu können. «Nur so kann ein menschlicher Umgang gewahrt werden», sagt sie. Ausserdem betreue das Hospiz keine Corona-Patienten, sondern komplex erkrankte Menschen am Lebensende.

Maske verbirgt die Mimik und erschwert Kommunikation

Anders ist die Situation im Hospiz St. Antonius. Dort müssen alle eine Maske tragen. Das sei nicht immer einfach. «Für Leute, die nicht gut hören, ist die Kommunikation durch die fehlende Mimik stark erschwert», sagt Elsener. Jetzt müssten sie aber damit leben lernen. «Irgendwie verstehen wir uns dann doch», sagt die Leiterin des Hospiz St. Antonius.

Den Wert der direkten Kommunikation betont auch Papst Franziskus in seiner Enzyklika «Fratelli tutti». Hier schreibt der Papst: «Es bedarf der körperlichen Gesten, des Mienenspiels, der Momente des Schweigens, der Körpersprache und sogar des Geruchs, der zitternden Hände, des Errötens und des Schwitzens, denn all dies redet und gehört zur menschlichen Kommunikation.»

Bislang keine Corona-Fälle

Bisher ist noch niemand in den hier befragten Hospizen an Corona erkrankt. Um dem vorzubeugen, müssen Neulinge im Hospiz St. Antonius einen Test machen. Jean-Petit-Matile ist da anderer Meinung: «Wir testen nur, wenn die Person Corona-Symptome hat.»

Käme es zu einem bestätigten Fall, wüsste das Hospiz St. Gallen noch nicht, wie es damit umgehen würde. «Im schlimmsten Fall müssten wir den Betrieb schliessen», sagt Buschor. Das käme für Jean-Petit-Matile nicht in Frage: «Im Falle eines positiven Testergebnisses würden wir uns um den Patienten kümmern und seine Beschwerden zu lindern versuchen. Dafür sind wir da.»

Ältere Menschen nicht isolieren

Auch das dürfte ganz im Sinne von Papst Franziskus’ Enzyklika «Fratelli tutti» sein. Er kritisiert eine Leistungsgesellschaft, aus der diejenigen ausgeschlossen würden, die «nicht mehr nützlich sind». Viele ältere Menschen würden «einer schmerzlichen Einsamkeit überlassen» und sogar «weggeworfen». Ausdrücklich warnt Papst Franziskus vor der «Isolierung der älteren Menschen».


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