Der Priester und Jäger Niclasse ist gegen absoluten Tierschutz

Am 27. September geht es um den Schutz des Wolfs. Der Dominikaner Hubert Niclasse hält nichts von absolutem Tierschutz. Dieser sei schädlich für die Natur, sagt der Jäger, der sonntags nicht auf die Pirsch geht.

Georges Scherrer

Wenn alle Tiere in eine Arche gesperrt werden, führt das zu einer Katastrophe, sagt Hubert Niclasse. Das neue Jagdgesetz, über das am 27. September abgestimmt wird, will unter bestimmten Voraussetzungen den Abschuss einzelner Wölfe freigeben.

Mit dieser Bestimmung hat der Prokurator des Dominikaner-Konvents Saint-Hyacinthe in Freiburg kein Problem. Er sei kein Städter, sondern auf dem Land aufgewachsen und «mit der Erde verwurzelt». Mit seinem Vater und einem Onkel ging er bereits als Junge in den Freiburger Voralpen auf die Jagd. Auch heute noch greift er nach dem Gewehr, um auf die Pirsch zu gehen.

Ökologisch notwendig

Die Jagd ist eine ökologische Notwendigkeit, erklärt der Priester. Seit jeher sei der Mensch Jäger. Früher ging es um Nahrungsbeschaffung. Heute hat sich die Zielsetzung etwas verschoben. Keine Art dürfe in der Schweizer Fauna die Überhand gewinnen, warnt Niclasse. Weder der Fuchs, noch das Reh oder der Wolf.

Die Jagd diene der Regulierung der Arten. Niclasse verweist auf ein Beispiel aus dem Kanton Freiburg. In einem Schutzgebiet konnten sich die Gämsen gut vermehren. Die Tiere wurden fast sesshaft, «was ihrer Natur widerspricht». Sie wurden anfällig für Krankheiten. Nach einiger Zeit setzte bei den Tieren ein Massensterben ein.

Mensch muss intervenieren

Wildschweine, so Niclasse, seien eine Wohltat für die Wälder, aber eine grosse Belastung für die Landwirtschaft. Diese könnten ganz Felder zerstören. Darum riefen Bauern Jäger um Hilfe, um der Plage Herr zu werden.

Im Zentrum der Diskussionen zum neuen Jagdgesetz steht der Wolf. Niclasse vertritt die Auffassung, dass es sich bei den Wölfen in der Schweiz nicht um reinrassige Tiere handelt. Echte Wölfe würden nur so viel töten, wie sie auch fressen könnten.

Gesundes Jagdverständnis

Jene Wölfe, die in Herden eindringen und beliebig Schafe reissen, ohne sie zu verzehren, seien Mischlinge aus Wolf und Hund, ist der Dominikaner überzeugt. Es handle sich vermutlich um Tiere, die aus Zuchtfarmen beispielsweise aus Frankreich oder Zoos stammten. Mit den Argumenten von Tierschützern, die den Wolf verteidigen, kann der auf dem Land aufgewachsene Priester nichts anfangen.

Er ist gegen den absoluten Schutz gewisser Wildtierarten in der Schweiz unter dem «Deckmantel» der Biodiversität. Vielmehr fordert er ein «gesundes Jagdverständnis» und die Ansiedlung von Tieren in «adaptierten Biotopen». Mit der Jagd werde die Übertragung von Krankheiten verhindert, ist Niclasse überzeugt. Beispielsweise die Übertragung von Viren auf den Menschen.

Katastrophen vorbeugen

«Wenn man alle Tiere wie bei der Arche Noah an einem Ort ansiedelt, bereitet man nur Katastrophen vor.» Das könne nicht gut gehen. Die Bibel präsentiere ganz unterschiedliche Tiere. Manche werden wie der Rabe, der Elias nährt, als Freund der Menschen dargestellt; andere – wie die Gazelle – als anmutig gelobt. Wieder andere als Gefahr wahrgenommen, die man bekämpfen müsse. In einem Psalm heisst es, die Reben werden durch das Wildschwein zerstört. Die Bibel zeige beide Seiten des Tieres, die gute und die bedrohliche, sagt Niclasse.

Die Jagd wird auch in der Bibel thematisiert, etwa in der Geschichte über Esau und Jakob. Die Jagd geht für Esau schlecht aus, weil er während seiner Abwesenheit enterbt wird. In der Bibel sei jedoch nichts enthalten, was gegen die Jagd spreche.

Bestandteil kirchlicher Entwicklung

Kirche und Jagd schliessen sich nicht aus. Bei den Fürstbischöfen gehörte es zum guten Ton, an Jagden teilzunehmen. Der Heilige Eustachius bekehrte sich während einer Jagd, als er einen Hirsch mit einem Kreuz im Geweih sah. Dieselbe Geschichte wird auch mit dem heiligen Hubertus in Zusammenhang gebracht. Beide sind Patrone der Jäger.

Das Konzil von Trient hat dem Klerus verboten, an Treibjagden teilzunehmen, «weil das Herumschreien während dieser Jagd der Würde des Priesters widersprach». Das Zweite Vatikanische Konzil hat die Jagdvorschriften für den Klerus schliesslich getilgt. Der Jäger muss sich aber an ethische Normen halten. Das Tier dürfe nicht unnötig verletzt werden und es müsse ihm mit Respekt begegnet werden.

Nur nicht am Sonntag

Bis in die heutige Zeit haben sich die Hubertusmessen erhalten. Pater Niclasse feiert regelmässig in der Westschweiz und in Frankreich solche Jägergottesdienste. Bei Hubertus taucht auch ein weisser Hirsch auf. «Der weisse Hirsch galt im Mittelalter als ein Tier, das man nicht schiessen darf. Wer diesen Hirsch trotzdem erlegte, war zum Sterben im selben Jahr verurteilt», so Niclasse.

Die Kirche habe diese Sage für sich umgenutzt und mit der Bedeutung des Sonntags verbunden. Auf diese Weise wollte die Kirche sicherstellen, dass die Kleriker am siebten Tag, dem Tag der Ruhe und Gottesfeier, nicht zur Jagd gehen: «Aus diesem Grund gehe ich nie an einem Sonntag auf die Jagd.»


Kirche Schweiz – katholisch, aktuell, relevant

https://www.kath.ch/newsd/pater-niclasse-haelt-nichts-von-absolutem-tierschutz-auch-nicht-auf-der-pirsch/