«Lesen ist wie eine Kurzreise»

Daniela Gremminger begeistert sich für Krimis aus Portugal, die ihr nebst Action auch kulinarische Genüsse bescheren. Die wiederentdeckte Pilgerleidenschaft half dabei. Ein Beitrag der kath.ch-Sommerserie Reisaus*.

Claudia Koch

Als Kind wollte Daniela Gremminger Schafhirtin werden. «Am liebsten in Griechenland», sagt sie lachend. Ihr Heimatpfarrer empfahl ihr ein Theologiestudium, um als Pastoralassistentin, statt für Schafe für Menschen zu wirken.

Atheistische Schlummereltern in Engelberg

«Sofort wusste ich: Das ist etwas für mich», sagt Gremminger, weshalb sie im Gymnasium Marienburg Alt-Griechisch belegte. Für den Matura-Abschluss in Alt-Griechisch musste sie jedoch für die letzten zwei Jahre nach Engelberg. Sie wurde unsicher ob ihrer Studienwahl, da ihre Schlummereltern in Engelberg Atheisten waren.

Deshalb studierte sie nach der Matura ein Jahr Sprachen in Basel, konnte dem Deutschstudium aber wenig abgewinnen. Ein Gespräch mit dem Jesuitenseelsorger im Studentenhaus entflammte in ihr ihren ursprünglichen Berufswunsch, den sie mit einem Theologie- und Philosophiestudium in München umsetzte.

Bereits am ersten Studientag lernte sie ihren zukünftigen Mann kennen, «da mir seine Stimme so gefiel». 2002 zog sie mit ihm für die Berufseinführung nach Diepoldsau. Seit 2008 lebt die Familie, inzwischen sind drei Töchter dazu gekommen, in Uzwil und Gremmingers sind beide als Seelsorger für die Seelsorgeeinheit Uzwil und Umgebung mit einer grossen und lebendigen Gemeinde tätig.

Dass sie einen Portugal-Krimi für die Sommerserie ausgewählt hat, hat mit ihrer grossen Leidenschaft zu tun: dem Pilgern. «Angefangen zu pilgern haben mein Mann und ich 1999, direkt von Rheineck aus. Damals war Pilgern wenig bekannt und sogar im Kloster Einsiedeln war es kein Problem, als wir dort als Pilger übernachten wollten», erinnert sich Gremminger.

«Wenn im Buch über Oliven geschrieben wird, würde ich gerne davon probieren.»

Als sie nach der Kinderphase das Pilgern wieder aufnehmen wollte, fand sie einen Platz in einer Gruppe, die sich nach Portugal aufmachte. Um mehr über Land und Leute dort zu erfahren, bat sie in der örtlichen Bibliothek um eine Empfehlung und stiess so auf die Krimis von Gil Ribeiro und das erste Buch «Lost in Fuseta».

Wunderbar zum Abschalten

Eine optimale Wahl, da sie gerne Krimis liest und zudem viel Wissenswertes über die Gepflogenheiten der Landsleute, die Gegend und über die kulinarischen Genüsse erfährt. «Wenn im Buch über Oliven, Wein und Brot geschrieben wird, dann würde ich gerne davon probieren», sagt Gremminger.

Warum gerade Krimis bei ihr hoch im Kurs stehen – es dürfen auch solche aus der Bretagne sein – begründet sie so: «Für mich sind sie eine schöne Ablenkung, ich kann damit wunderbar abschalten und tauche ein in die Landschaften, die ich teilweise besucht habe. Lesen ist für mich wie Kurzferien.»

Skurrile Situationen

An «Lost in Fuseta» gefällt ihr besonders der psychologische Aspekt des Protagonisten, Kriminalkommissar Leander Lost aus Hamburg, der für ein Austauschjahr in die Algarve versetzt wird. Es kommt immer wieder zu skurrilen Situationen mit teilweise schwerwiegenden Folgen, bis jemand erkennt, dass Lost das Asperger-Syndrom hat und aussergewöhnliche Fähigkeiten besitzt.

«Seine Berufskollegen machen es sich zunutze, dass er nicht lügen kann und ein fotografisches Gedächtnis hat», so Gremminger. Auch wenn sie den Kriminalaspekt spannend findet, mehr noch sagen ihr die Stimmungsbeschreibungen zu. «Mich berührt das Unberührte», sagt sie dazu.

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