Die Sehnsucht nach dem hohen Norden

Raphael Kühne liebt die nordischen Länder und ihre Krimiautoren. Der Schwede Stieg Larsson ist ein solcher. Gewählt hat der St. Galler Administrationsratspräsident jedoch ein Buch über Larsson. Ein Beitrag der kath.ch-Sommerserie* «Reisaus».

Georges Scherrer

«Als ich sah, dass es ein neues Buch über Stieg Larsson gibt, habe ich mir dieses sofort besorgt», sagt der Präsident des Administrationsrates des Katholischen Konfessionsteils des Kantons St. Gallen über die Wahl seiner Sommerempfehlung für die kath.ch-Serie «Reisaus».

Zudem handelt das Buch auch vom Mordfall Olof Palme. «Das ist schon mal eine spannende Ausgangslage.» Die Entstehungsgeschichte des Buches selber ist auch ein ganz besonderer Fall.

Mord im Krimi

Stieg Larsson ist international bekannt wegen seiner Bestseller Millenium-Triologie «Verblendung-Verdammnis-Vergebung». Die Krimis sind politisch vernetzt, erklärt Kühne. Der im Alter von 50 Jahren verstorbene Thriller-Autor forschte aber auch über den Palme-Mord. Ein anderer Autor, Jan Stocklassa, hat nun ein Buch über Larsson geschrieben im Zusammenhang mit Olof Palme, dem 1986 ermordeten schwedischen Ministerpräsidenten.

«Stieg Larsson setzte sich mit seinen Büchern für die Erhaltung der Demokratie und den Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus ein», sagt der Präsident des Administrationsrates. Larsson sei nicht nur Krimiautor gewesen, sondern ebenfalls ein politisch hochinteressierter Investigativjournalist.

Der wahre Mord

Über den Palme-Mord publizierte Larsson nichts. Diesen Part übernahm Jan Stocklassa, der Recherchen des Bestseller-Autor im Buch «Stieg Larssons Erbe» zusammenfasste, indem er dessen privates Archiv benutzen konnte.

Raphael Kühne liest aus einem Brief vor, den Larsson drei Wochen nach dem Mord von Olof Palme an einen Journalistenkollegen in London schrieb und den Jan Stocklassa an den Beginn des Buches «Stieg Larssons Erbe» setzte.

Im ersten Teil dokumentiert das Buch mit dem Untertitel «Wahres Verbrechen» (True crime) Larssons Archiv. Der zweite Teil gibt die Nachforschungen von Jan Stocklassa wieder, der selber sieben Jahre zum Palme-Mord forschte.

Wertschätzung gewachsen

«Zur Urheberschaft des Mordes gibt es verschiedene Thesen», sagt Kühne. Schwedens Polizei erklärte Anfang Juni 2020, der Fall sei aufgeklärt und bezeichnete den 2000 verstorbenen Grafiker Stig Engström als Täter.

«Meine Wertschätzung für Stieg Larsson als Kämpfer für die Demokratie und politische Rechte ist nach der Lektüre dieses Buch gestiegen», erklärt der St. Galler Rechtsanwalt und ehemalige Politiker.

Erst recht wieder in den hohen Norden

«Das Buch hat auch meine Zuneigung für die nordischen Ländern gestärkt.» Kühne hat alle nordischen Länder besucht. Nach dieser Buchlektüre werde er sich erst recht wieder nach Schweden begeben, verrät er kath.ch.

Das von Jan Stocklassa aufgenommene Thema «fasziniert». Einen direkten Bezug zu seinem Arbeitsgebiet als Administrationsratspräsidenten habe der Stoff nicht – «im Grundsätzlichen aber schon: Das Gefühl für den Kampf gegen Korruption, Filz und Vetterliwirtschaft wird sensibilisiert». Das heisst, Unrecht dürfe nicht zugelassen werden.

Auch ausserhalb der Kirche verankert

Selbstverständlich hätte er als engagierter Katholik ein theologisches, katholisch-besinnliches oder kirchliches Buch als Sommerlektüre wählen können. «Ich habe an das Buch ‹Das Franziskus-Komplott› von Marco Politi gedacht, das den Kampf von Papst Franziskus innerhalb der katholischen Kirche beschreibt.»

Er hätte sich aber nicht für dieses kirchlich inspirierte Buch entschieden, sondern für eines das zeigt, dass er als Katholik «auch in einer anderen Welt lebt als jener der Kirche». Das Interesse an Gesellschaft und Politik und einer spannenden Geschichte habe seine Wahl mitbestimmt.

Empfehlenswert sei Jan Stocklassas Buch, weil es viele Aspekte der Gesellschaft im Zusammenhang mit Gewalt und Verbrechen aufzeige.

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https://www.kath.ch/newsd/die-sehnsucht-nach-dem-hohen-norden/