In Liebfrauen Zürich wird noch immer gebeichtet

Beichten ist in der Deutschschweiz wegen der Corona-Pandemie stark eingeschränkt bis unmöglich. Aber nicht überall. Noch gehen Gläubige zur Beichte. Andere, die nicht dürfen, vermissen das Sakrament.

Barbara Ludwig

Wenn Katholiken in der Schweiz heute beichten, suchen sie oft ein sogenanntes Beichtzentrum auf – einen Wallfahrtsort oder eine Kirche in einer grösseren Stadt (siehe Infokasten).

Ein solches Beichtzentrum ist die Kirche Liebfrauen in Zürich, wenige Tramstationen vom Hauptbahnhof entfernt. In normalen Zeiten finden wöchentlich zirka 100 Beichten statt, sagt Pfarrer Josef Karber zu kath.ch. Alte und junge Menschen nehmen das Angebot in Anspruch.

«Das Verlangen nach Beichte ist da.»

Josef Karber, Pfarrer der Liebfrauenpfarrei in Zürich

Wegen des Coronavirus wollten allerdings merklich weniger Gläubige beichten. Aber auch jetzt lassen sich nicht alle abschrecken. «Das Verlangen nach der Beichte ist noch da», stellt Karber fest. Auch an Gesprächsthemen fehle es nicht. Er hört von Sorgen und Ängsten, teils im Zusammenhang mit der Pandemie.

Das Gitter der Beichtstühle in der Liebfrauenkirche ist mit einer Folie abgedichtet, die vor Ansteckung schützen soll, bestätigt der Pfarrer. So schreibt es das Bistum Chur vor, das die Beichte weiterhin erlaubt.

Leere Beichtstühle im Kloster Einsiedeln

Im Kloster Einsiedeln gibt es 14 Beichtstühle und drei Beichtzimmer. Sie bleiben leer. Das Kloster bietet derzeit keine Beichten an, um die älteren Mönche zu schützen, heisst es auf der Website des Klosters.

Normalerweise sei der Andrang gerade vor Ostern sehr gross, sagt Wallfahrtspater Philipp Steiner zu kath.ch. «An einem Wallfahrtsort wie Einsiedeln ist die Beichtpraxis nach wie vor lebendig. Auch Jugendliche wollen bei uns beichten. Nicht nur vor Ostern.»

Ersatzangebot wenig gefragt

Die Massnahme ist deshalb einschneidend. «Es gibt Leute, die leiden darunter, dass sie zurzeit nicht beichten und die Kommunion empfangen können», sagt Steiner.

Manche reagierten zunächst mit Unverständnis. Sobald man ihnen aber den Grund erkläre, beruhigten sie sich. Die Telefonseelsorge durch Mönche, als Ersatz für die Beichte gedacht, sei bislang noch wenig in Anspruch genommen worden.

«Vieles mit dem Herrgott ausmachen»

Beat Grögli, Dompfarrer in St. Gallen

Der St. Galler Dom ist wie Liebfrauen in Zürich eine Beichtkirche. In normalen Zeiten wollen an einem Wochenende acht bis zehn Menschen im Dom beichten, sagt Dompfarrer Beat Grögli zu kath.ch. Zurzeit müssen sie darauf verzichten. Denn das Bistum St. Gallen verbietet aus Sorge um betagte Menschen die direkte Begegnung mit Seelsorgern und damit die Beichte.

Auch Grögli trifft zurzeit Menschen, die die Beichte vermissen. «Bei Menschen, die regelmässig zur Beichte gehen und diese als spirituelle Begleitung verstehen, fällt etwas weg», erklärt er und verdeutlicht: «Sie vermissen den geistlichen Beistand und müssen jetzt vieles mit sich allein und dem Herrgott ausmachen.»


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https://www.kath.ch/newsd/in-liebfrauen-zuerich-wird-noch-immer-gebeichtet/