Besorgte Ethiker wegen Triageentscheiden

Ethiker warnen davor, über den Einsatz lebensrettender Massnahmen bei Corona-Infizierten auf Basis des Alters oder einer Behinderung von Patienten Entscheide zu treffen. Die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) hat Richtlinien zu Triageentscheidungen publiziert.

Solche Entscheide seien ungerecht, diskriminierend und verletzten die Bürgerrechte, argumentiert eine aus 21 Personen bestehende New Yorker Expertengruppe laut einem Bericht des katholischen US-Pressedienstes CNS. Zudem warnen die Experten vor einer Knappheit bei Krankenhausbetten und Beatmungsgeräten.

«Es sollte nicht Sache der Ärzte sein zu entscheiden, wessen subjektive Lebensqualität es verdient, verlängert zu werden», schreibt der Sozialethiker und Theologe der Fordham-Universität New York, Charles Camosy, in einem Beitrag für die «New York Post».

«Eine schreckliche Idee»

«Die schreckliche Idee, jemandem die Pflege vorzuenthalten, weil er alt und behindert ist, ist unhaltbar» und sei ein Schritt in Richtung Abwertung des einzelnen Lebens, so der Vizepräsident der Thomas-More-Society, Peter Breen.

Besonders in katholischen Krankenhäusern müssten schwache Menschen im Vordergrund stehen, so der Direktor am «National Catholic Bioethics Center» in Philadelphia, Tadeusz Pacholczyk.

Moralisch abzulehnen

Der Berliner Moraltheologe Andreas Lob-Hüdepohl hat eine Verweigerung von Beatmungsgeräten für Corona-Kranke über 80 Jahren als «absolut verwerflich» bezeichnet.

Lob-Hüdepohl, der auch Mitglied des Deutschen Ethikrates ist, sagte am Freitag im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur, Alter, soziale Herkunft oder andere derartige Kriterien als alleinige Grundlage zu nehmen, sei «moralisch schlichtweg abzulehnen».

Nach jüngsten Bericht erhalten im Elsass betagte Corona-Patienten wegen fehlender Ressourcen keine Beatmung mehr.

Therapieaussichten massgeben

Lob-Hüdepohl verwies auf die Stellungnahme des Ethikrats, der sich bei der sogenannten Triage, also der Patientenauswahl aufgrund fehlender Ressourcen, für klare medizinische Kriterien ausgesprochen hatte. Massgeblich müssten die Therapieaussichten sein.

Lob-Hüdepohl mahnte, bei allen Massnahmen «das Ganze der Gesellschaft im Blick zu behalten – deren Solidarität ja gewissermaßen einem Stresstest unterzogen wird».

Schweizer Richtlinien

Weil intensivmedizinische Massnahmen für alle Beteiligten sehr belastend sein können, hat die Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften zur Unterstützung der Fachpersonen am Mittwoch neue Richtlinien veröffentlicht.

Aktuell würden wegen dem Corona-Virus Intensivstationen vor ausserordentlichen Herausforderungen stehen. Die Gesundheitsfachleute seien besonders schwierigen Situationen ausgesetzt.

Die SAMW will mit den neuen Richtlinien Hilfe zu Triageentscheidungen leisten. So sei von Fall zu Fall zu entscheiden, ob eine Therapiezieänderung erflogen müsse und der Patient palliativ zu betreuen sei. (kna/gs)

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