Katholische Spitzenvertreterin zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Renata Asal-Steger (59) ist seit Anfang Jahr RKZ-Präsidentin. Die Kämpferin für Veränderung ist auch als Diplomatin gefordert.

Barbara Ludwig

Angefangen hat alles in Freiburg im Breisgau. Dort lebte die Luzernerin mit ihrem deutschen Mann und ihren beiden Söhnen. «Es war schwierig für mich, in Deutschland als Heilpädagogin oder Juristin Fuss zu fassen», erinnert sich Renata Asal-Steger. Sie machte aus der Not eine Tugend und begann, sich in einer Freiburger Pfarrei zu engagieren: Pfarreirat, zweijähriger Theologiekurs, Gottesdienste für Kleinkinder.

Gefragte Frau

Nach acht Jahren Deutschland kehrte sie zurück in die Schweiz – zusammen mit ihrem Mann, einem ständigen Diakon, und den inzwischen schulpflichtigen Buben. Das kirchliche Engagement ging weiter. Später wurde sie Synodalrätin, also Mitglied der landeskirchlichen Exekutive. Sechs Jahre lang war sie Vizepräsidentin der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ). Das ist der gesamtschweizerische Zusammenschluss von kantonalkirchlichen Organisationen. Nun ist sie deren Präsidentin.

«Es braucht auch ein nationales Gefäss der Erneuerung.»

«Man muss die gesamtschweizerische Ebene im Blick haben. Aber auch die Kirche weltweit. Dies gilt gerade auch im Zusammenhang mit der Erneuerung der Kirche», sagt Asal-Steger über ihr neues Amt. Veränderung hält sie für unabdingbar. Die Glaubwürdigkeit der Kirche sei «stark angekratzt», wegen der weltweiten Missbrauchsskandale und der Vertuschung, wie sie sagt. Die engagierte Katholikin will sich in den zwei Jahren an der Spitze der RKZ für eine glaubwürdige Kirche einsetzen. Doch der gesamtschweizerische Prozess der Erneuerung stockt.

«Die Schweizer Bischofskonferenz hat entschieden, den Prozess der Erneuerung auf die diözesane und die lokale Ebene herunterzubrechen. Bei der RKZ sind wir jedoch der Meinung: Es braucht auch ein nationales Gefäss.» Renata Asal-Steger sagt das ruhig und sachlich, polemische Kritik an den Bischöfen ist nicht ihr Ding. Sie setzt auf die Kunst der Diplomatie, wenn es darum geht, zwischen Wunsch und Wirklichkeit Brücken zu schlagen.

Gemeinsam um Lösungen ringen

So sagt sie, dass aus ihrer Sicht SBK und RKZ gemeinsam Verantwortung für die katholische Kirche der Schweiz tragen. «Ich wünsche mir, dass wir miteinander auf dem Weg sind und gemeinsam entscheiden, was auf der schweizerischen Ebene zu tun ist.» Sie spricht aber auch Klartext, wenn sie gesteht, dass sie Deutschland beneide. Dort haben im Rahmen des Synodalen Wegs Bischöfe und Laien die Erneuerung gemeinsam angepackt. In der Schweiz haben die Bischöfe ein gemeinsames Vorgehen bislang ausgebremst. Doch Renata Asal-Steger bleibt zuversichtlich.

Neben Bischofskonferenz und RKZ müssten weitere prägende Kräfte eingebunden sein, erklärt sie. Etwa die Frauenverbände, die kirchliche Jugendarbeit, die Orden, Migrantinnen und Migranten, ebenso die Sprachregionen.

«Gleiche Würde und gleiche Rechte gehören zusammen.»

Ein zentraler Punkt bei der Erneuerung ist für Asal-Steger die Stellung der Frau. «Glaubwürdigkeit kann die Kirche erst zurückgewinnen, wenn auch die Frauen gleichberechtigt sind. Gleiche Würde und gleiche Rechte gehören zusammen. Die Kirche kann sich nicht glaubwürdig für die Menschenwürde einsetzen, wenn sie diese intern den Frauen verweigert.»

Für Reformen der Kirche setzt sich Renata Asal-Steger auch privat ein. Sie war dabei, als am 2. Juli 2016 Pilgerinnen und Pilger des Projekts «Für eine Kirche mit den Frauen» im Petersdom einen Gottesdienst feierten.

Mit Vernetzung zum Ziel

Die RKZ-Präsidentin ist sich bewusst, dass in vielen Fragen der Papst und die Bischöfe das letzte Wort haben. Das entmutigt sie aber nicht. Sie zeigt sich überzeugt, dass die Vernetzung der richtige Weg ist, um bei der Reform der Kirche voranzukommen.

Asal-Steger erinnert an die unterschiedlichen und mittlerweile zahlreichen, oft von Frauen angestossenen Reformbewegungen und das im November gegründete internationale Netzwerk «Catholic Women’s Council» (CWC).

Kaum ein Tag ohne Sitzung

Renata Asal-Steger hat ihren Arbeitsplatz zuhause. Um acht Uhr morgens will sie jeweils am Pult sitzen. Es sei wichtig, einen Rhythmus zu haben. Es kommt aber kaum vor, dass sie den ganzen Tag über zuhause arbeitet. «Werktage ohne Sitzungen sind selten.» Abends ist sie meist unterwegs, um an Anlässen zu repräsentieren. Die Corona-Krise macht alles anders.

Nebst ihren Ämtern bei der RKZ und der Luzerner Landeskirche, wo sie als Synodalratspräsidentin ein 30-Prozent-Pensum hat, übernimmt Renata Asal-Steger verschiedene ehrenamtliche Tätigkeiten. So ist sie auch Präsidentin des Vereins kirchliche Gassenarbeit Luzern – wo ihre soziale Ader zum Zuge kommt. Wie bringt sie das alles unter einen Hut? Das sei kein Problem. «Ich arbeite auch mal am Wochenende. Es macht mir nicht so viel aus.»

«Ich finde schön, dass unsere Jungs noch zuhause sind.»

Die knapp bemessene Freizeit widmet Renata Asal-Steger ihren Freundinnen und Freunden und ihrer Familie. Die erwachsenen Söhne sind 19 und 22 Jahre alt. Der eine besucht die Fachmittelschule, der andere studiert Jus. «Ich finde es schön, dass unsere Jungs noch zuhause sind», sagt Asal-Steger. Es sei jedoch eine Frage der Zeit, bis sie in eine WG ziehen. Bis dahin geht es im Hause Asal-Steger noch zu wie einem Bienenhaus, wie sie sagt. Der eine kommt, der andere geht. Wie in einer WG eben.

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