Pater Anselm Grün wird 75 Jahre alt

Guru nennen ihn manche. Anselm Grün mag das nicht. Den Stolz auf seine 20-Millionen-Auflage kann er dennoch nicht verhehlen. Längst ist der Pater mit dem markanten Rauschebart Deutschlands bekanntester Mönch. Am 14. Januar wird er 75.

Christian Wölfel

Papier stapelt sich auf dem Schreibtisch im Kloster Münsterschwarzach unweit von Nürnberg . Sehr viel Papier, auch auf dem Wandschrank. Mittendrin Pater Anselm Grün. Der Rauschebart vielleicht etwas grauer, das lange Haar etwas wilder und die Stirn etwas höher als früher.

Vor ihm die Post des Tages: Briefe von der Bank mit dem handelsüblichen Fensterumschlag, aber auch handschriftlich adressierte Schreiben. Glückspater, Volksprediger, Guru nennen ihn manche. Er hört das nicht so gern. Am 14. Januar feiert Deutschlands bekanntester Mönch seinen 75. Geburtstag.

In viele Sprachen übersetzt

Grün ist ein Dauerbrenner, weit über das kirchliche Stammpublikum hinaus. Das spiegelt sich nicht nur in seinem Briefkasten wider. Auch die Neuerscheinungen im Eckregal künden davon. Fünf bis acht sind es jedes Jahr, sagt der Pater nicht ohne Stolz. Aus den Papierstapeln fischt er zwei Bände hervor.

Einer ist auf Arabisch, der andere auf Mandarin. 50 seiner derzeit rund 300 lieferbaren Titel sind schon ins Chinesische übersetzt worden. Und auch in etwa 30 weiteren Sprachen kann man ihn lesen. Als Gesamtauflage nennt der Pater 20 Millionen. Er trägt auch den Übernamen: «Die Schreibmaschine Gottes».

Warten auf Treffen mit Franziskus

Am Drucker in seinem Büro ist mit einem Klebestreifen ein Bild des Papstes fixiert. Franziskus hat Grüns Bücher schon verschenkt, als er noch Jorge Mario Bergoglio hiess und Erzbischof in Buenos Aires war. Zuletzt empfahl der Papst Priestern und Diakonen die Schrift «Lebensmitte als geistliche Aufgabe» gegen die Midlife-Crisis. Getroffen habe er Franziskus noch nicht, sagt der Autor. «Ich würde das gern, will mich aber nicht anbiedern.»

Rund 200 mal im Jahr spricht Grün über seine Bücher, über das Leben und seine Krisen, coacht Manager oder hält Kurse im Gästehaus seines Klosters. Zwei bis drei solcher Termine pro Woche seien normal, sagt er. Oft ist er auch in der Schweiz anzutreffen.

Bei Reisen nach Übersee können aber schon mal 45 Veranstaltungen in 14 Tagen zusammenkommen. Schon zu seinem 70. Geburtstag wollte er eigentlich kürzer treten. Den Plan dazu hat er weiterhin.

Die Biographie

Grün stammt aus dem fränkischen Junkershausen, seine Eltern gaben ihm den Namen Wilhelm, in München ist er aufgewachsen, half schon früh im Elektrogeschäft seines Vaters mit, verkaufte Glühbirnen und Taschenlampen – Erfahrungen, die er später auch als Cellerar, also als wirtschaftlicher Leiter des Klosters, nutzen konnte.

Mit 19 Jahren trat er dort ein, jedoch mit einem ganz anderen Ziel: Als Seelsorger wollte er in die Mission – oder Theologie-Professor werden. Stattdessen hängte der Ordensmann nach seiner Promotion in Theologie noch ein Studium der Betriebswirtschaft an.

36 Jahre lang, bis Oktober 2013, war er Chef der Klosterbetriebe. Das Amt brachte ihm manche Kritik und auch Spott ein, bekannte Grün doch 2008 im Scheitelpunkt der Finanzkrise, dass auch er sich an der Börse verspekuliert habe.

Nur wer Verluste mache, könne auch gewinnen, sagt er dazu heute. Lieber erzählt er von der Erfolgsgeschichte des Klosters, ein mittelständisches Unternehmen mit rund 300 Mitarbeitern in 20 Betrieben und einem ordenseigenen Gymnasium mit rund 800 Schülern.

Suchenden helfen

Auch Neid und Kritik gibt es wegen seiner Bücher. Seine Theologie sei zu esoterisch, lautet ein Vorwurf. «Ich hatte noch nie Probleme mit dem Lehramt», wehrt sich der Pater. Zuletzt suchte er in seinen Büchern auch den Dialog mit anderen Menschen, Konfessionen und Religionen. Es entstanden Titel mit Walter Kohl, dem Sohn von Helmut Kohl, mit dem früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, oder dem islamischen Religionsphilosophen und Dichter Ahmad Milad Karimi.

Seine wichtigste Mission sieht der Mönch darin, spirituell Suchenden den Reichtum der christlichen Botschaft zu vermitteln. Und wenn ihn irgendwann keiner mehr hören oder lesen wollte? «Ich hoffe, dass ich das merke und spüre und dann loslassen kann», sagt Grün. (kna)

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